Wenn die Krankenhäuser schließen Weniger Klinikbetten aber mehr Patienten

Wiesbaden · Der Strukturwandel in der deutschen Krankenhaus-Landschaft geht weiter. Die Bettenzahl sinkt, die Auslastung steigt ein bisschen. Die Patienten werden immer schneller entlassen. An den wirtschaftlichen Problemen vieler Kliniken ändert das nichts.

Diese Kliniken sind vor der Insolvenz
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Foto: dpa, Arno Burgi

Die deutschen Krankenhäuser haben ihre Auslastung ein wenig verbessert, sie kämpfen aber weiter mit wirtschaftlichen Problemen. Die Zahl der Betten sinkt seit 20 Jahren, es werden aber mehr Patienten behandelt. Rund 18,6 Millionen waren es 2012, 1,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) in Wiesbaden am Mittwoch berichtete. Die Auslastung stieg leicht auf 77,4 Prozent (2011: 77,3 Prozent). Das Klinikpersonal wurde aufgestockt.

500 weniger Betten als im letzten Jahr

Rund 501 000 Betten standen zur Verfügung, etwa 500 weniger als im Jahr zuvor. Damit setzte sich der Trend der vergangenen zwei Jahrzehnte fort. 1991 gab es in Deutschland noch knapp 666 000 Klinikbetten, 14,6 Millionen Menschen wurden behandelt. Damals blieben die Patienten im Schnitt zwei Wochen, 2012 wurden sie schon nach 7,6 Tagen entlassen.

Auch die Zahl der Kliniken sank im vergangenen Jahr, und zwar auf 2017 (2011: 2045). Die Zahl sage nichts darüber aus, ob der Rückgang durch Schließung oder Fusionen begründet ist, erläuterte eine Destatis-Sprecherin. Und auch zur wirtschaftlichen Lage enthält die Statistik keine Angaben. Nach dem Krankenhaus Rating Report 2013 des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Beratungsunternehmens Accenture droht jeder vierten deutschen Klinik die Insolvenz.

Nähe hilft nicht immer

Für manche ist nach Einschätzung des RWI-Klinikexperten Boris Augurzky die Schließung unausweichlich. Zusammenschlüsse könnten hilfreich sein. "Die entscheidende Frage ist: Wie kann ich die Fixkosten von kleineren Häusern auffangen?", sagte Augurzky der dpa. Befürchtungen, die Versorgung der Bevölkerung auf dem Land könnte in Gefahr sein, hält er für unbegündet. "Die Nähe hilft nicht in jedem Fall" - manchmal könne ein Hubschrauber für den Transport in große, gut ausgestattete Kliniken günstiger sein, als auf dem Land ein Haus mit Operationssaal vorzuhalten. Pauschale Lösungen gebe es aber nicht.

Die Koalition hat in diesem Jahr auf Hilferufe reagiert. Seit Sommer bekommen die Kliniken eine Finanzspritze von 1,1 Milliarden Euro. Damit steigen die Ausgaben der gesetzlichen Krankenkassen für die Kliniken laut Kassen-Spitzenverband allein 2013 auf einen Rekordwert von schätzungsweise 64,7 Milliarden Euro.

Geld ist keine Lösung

Das Geld könne die Probleme zwar lindern, aber nicht endgültig lösen, sagt Klinikexperte Augurzky. "Es ist immerhin besser als nichts." Mittelfristig kommen die Schwierigkeiten nach seiner Überzeugung wieder, wenn nicht strukturell etwas geändert werde. Allerdings ist die Krankenhausplanung Ländersache, und es gibt in den Regionen viel Widerstand gegen Schließungen und Zusammenschlüsse.

Nach wie vor steht laut Statistik fast jedes zweite Krankenhausbett (47,9 Prozent) in einem Haus eines öffentlichen Trägers, berichtete das Bundesamt. Der Anteil der Betten in privater Trägerschaft nehme aber stetig zu und habe im vergangenen Jahr 18 Prozent erreicht, während der Anteil der Betten in freigemeinnützigen Häusern - getragen etwa von Kirchen oder Wohlfahrtsverbänden - auf 34,1 Prozent gesunken sei.

Mehr Beschäftigte

Das Personal wurde aufgestockt: Rund 852 000 sogenannte Vollkräfte - auf Vollzeit umgerechnete Beschäftigte - versorgten die Patienten. Im ärztlichen Dienst wuchs die Zahl der Stellen um 2,7 Prozent auf 143 000, die Zahl der übrigen Mitarbeiter erhöhte sich um 3,3 Prozent. Allein im Pflegedienst gab es ein Plus von 2000 Vollstellen auf 313 000. "Es ist ein gutes Signal für die Patienten und Kliniken, dass das Personal doppelt so schnell gestiegen ist wie die Behandlungen", sagte dazu Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes. Dazu habe die gute Finanzierung durch die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen geführt.

(dpa)
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