Heilende Parasiten Wurmtherapie hilft bei chronischen Darmentzündungen

Washington (RPO). Hoffnung für chronisch Darmkranke: Forscher haben entdeckt, warum das gezielte Ansiedeln von Würmern im Darm chronische Darmentzündungen lindern kann: Die Parasiten erhöhen die Schleimproduktion und regen die Bildung von Eiweißen an, die die entzündeten Schleimhäute abheilen lassen.

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Foto: AP

Das schließen die Wissenschaftler aus Untersuchungen an einem Patienten mit der chronischen Darmentzündung Colitis ulcerosa. Sie hatten dazu Gewebeproben vor und nach der erfolgreichen Behandlung mit dem Peitschenwurm Trichuris trichiura verglichen. Bereits zuvor war der positive Effekt einer Wurmtherapie in Tierversuchen und kleineren klinischen Studien belegt worden - der Wirkmechanismus dahinter war allerdings bisher unklar. Das Team um P'ng Loke von der New York University präsentiert seine Ergebnisse im Fachmagazin "Science Translational Medicine" (Bd. 2, Artikel 60ra88).

Der Verdacht, dass Wurminfektionen einen Einfluss auf die Darmgesundheit haben könnten, drängt sich den Forschern zufolge schon bei einem Blick auf die weltweite Verbreitung der Colitis ulcerosa auf: In Nordamerika und Europa ist die Darmentzündung häufig, die Zahl der Wurminfektionen dagegen gering. In vielen Ländern Asiens, Afrikas oder auch Südamerikas ist es dagegen genau umgekehrt.

Das brachte Wissenschaftler auf die Idee, die Darmparasiten gezielt bei der Behandlung der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung einzusetzen. Mittlerweile hat sich der positive Aspekt dieser Therapie in mehreren Studien bestätigt: Die Wurminfektion kann den Darm offenbar vor Entzündungen schützen und ist demnach nicht nur für die Behandlung von Colitis ulcerosa, sondern auch für die von Morbus Crohn geeignet, einer weiteren chronischen Darmentzündung.

Immunzellen produzieren Interleukin-22

Den Wirkmechanismus hinter dem Erfolg konnten die Forscher nun an einem Colitis-ulcerosa-Patienten zeigen, bei dem sich der Zustand des Darms durch die Wurmtherapie erheblich verbessert hat. Die Analyse von Gewebeproben vor und nach der Therapie zeigte eine veränderte Aktivität bestimmter Immunzellen in den Darmschleimhäuten: Während eines Krankheitsschubes fanden die Forscher mehr Immunzellen, die Interleukin-17 bilden - ein Eiweiß, das Entzündungsprozesse auslöst. Nach der erfolgreichen Wurmkur fanden sich dagegen verstärkt Immunzellen, die Interleukin-22 produzieren, das als entzündungshemmend gilt. Außerdem waren den Forschern zufolge auch bestimmte Gene im von den Würmern besiedelten Gewebe besonders aktiv, die eine Rolle bei der Schleimproduktion spielen.

Die Wurmtherapie sei allerdings noch in der Erprobungsphase, sagen die Wissenschaftler. Bei manchen Menschen führe die Behandlung selbst zu Schäden an der Darmschleimhaut. Momentan werden jedoch Versuche mit speziellen Wurmarten durchgeführt, die natürlicherweise Schweine befallen. Diese Parasiten lösen kaum Nebenwirkungen aus und wirken laut ersten Studienergebnissen dennoch. Mit den neuen Informationen zur Rolle der Interleukine im Rahmen der Erkrankung könnten allerdings auch alternative Therapieformen entwickelt werden, die auf andere Weise in dieses System der Entzündungsbildung eingreifen, sagen die Wissenschaftler.

(DDP/felt)
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