Plagegeister Mücken Jeder Juck ist anders
Düsseldorf · Durch das schwül-warme Klima können sich die stechenden Plagegeister derzeit besonders gut vermehren – Deutschland droht ein Mücken-Sommer. Schutz gibt es wenig.
Dieser Tage kratzen sich auffällig viele Menschen an den Armen und Beinen oder im Gesicht. Dazu hört man die Betroffenen oft leise fluchen, schließlich jucken die roten Punkte am Körper ungemein. Mücken schwärmen derzeit in großer Zahl aus und stechen zu. Die starken Regenfälle der vergangenen Wochen und das schwül-warme Klima haben dafür gesorgt, dass sich die Insekten stark vermehrt haben.
Entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Mücken hat das Wetter besonders in den Monaten April und Mai. "Zu diesem Zeitpunkt sind die Insekten jedes Jahr sehr aktiv und legen viele Eier", sagt Egbert Tannich, Parasitologe am Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin. "Dann herrschen Außentemperaturen von 15 bis 20 Grad. Es wird langsam wärmer, und es kommt häufiger zu lang anhaltendem Regen – ideale Bedingungen."
Manche Menschen werden besonders gern angeflogen
Mücken entwickeln sich vorzugsweise in ruhenden Gewässern, also Teichen oder Sümpfen, aber auch in größeren Wasserpfützen. "Dort legen sie ihre Eier ab", sagt Tannich. "Im Wasser schlüpfen dann die Larven." Auf trockenen Wiesen könnten Mückeneier teils jahrelang liegen, ohne dass Larven schlüpfen. "Wenn die Wiese jedoch durch Regenfälle geflutet wird, entsteht ein zusätzlicher Lebensraum für die Insekten", sagt Tannich. "Dadurch schlüpfen dann entsprechend mehr Larven." Somit bieten auch die Gebiete, die vom Unwetter stark betroffen waren – vorzugsweise Süddeutschland, aber auch NRW – optimale Voraussetzungen für eine deutlich erhöhte Mückenentwicklung.
Häufig schlüpfen die Insekten dann gleichzeitig und haben vor allem eins: großen Hunger. Besonders die Weibchen brauchen das Blut, das Eiweißstoffe enthält, um Eier legen zu können. Dabei sind sie nicht immer wählerisch. Zwar gibt es Menschen, die aufgrund ihres spezifischen Geruchs von den Mücken nach wie vor besonders gerne angeflogen werden, in Phasen, in denen jedoch viele hungrige Mücken unterwegs sind, nehmen sie alles, was sie kriegen können. Das heißt: Es werden auch Menschen erwischt, die sonst vielleicht nie oder kaum einen Stich abbekommen und sich jetzt wundern, was los ist.
3500 Mückenarten weltweit
Viele Stiche seien mit starken Schwellungen und Juckreiz verbunden. Das erklärt der Düsseldorfer Parasitologe Heinz Mehlhorn so: "Eine Mücke, die lange gehungert hat, hat den ganzen Speichel noch im Rüssel und pumpt ihn ins Blut des Opfers." Der Speichel sei kompliziert zusammengesetzt und dabei so perfekt gebaut, dass er unter anderem dafür sorgt, dass der Stich nicht sofort bemerkt wird. "Der Erste, der gestochen wird, bekommt die Hauptmasse ab", sagt Mehlhorn – die Einstichstelle werde sehr dick, "bei weiteren Stichen derselben Mücke schwächt sich die Wirkung ab." Wie allergisch ein Betroffener reagiert, hänge aber von dessen Immunlage ab.
Insgesamt 3500 Mückenarten haben Wissenschaftler weltweit ausgemacht. In Deutschland sind inzwischen 50 Arten gefunden worden. Es gibt derzeit drei große unangenehm auffallende Mückenfamilien, sagt Björn Rulik, Mückenexperte des zoologischen Forschungsmuseums König in Bonn. Neben den Wiesenschnaken würden derzeit auch die Kriebelmücken (vor allem in kalten Fließgewässern) und die Gnitzen (Bartmücken) schlüpfen. "Die Gnitzen sind nur zwei Millimeter groß und passen durch die herkömmlichen Moskitonetze hindurch. Sie schlüpfen derzeit zu Tausenden", sagt Rulik.
Außerdem würden diese synchron schlüpfen, so wirke es fast wie ein Schwarm, der die Betroffenen sticht. Tun können die Geplagten wenig, sagt der Mückenexperte und empfiehlt, auf keinen Fall zu kratzen. "Dann kommen Bakterien in die Wunde, das kann zu großen Beulen führen." Auch abweisende Mittel, sogenannte Reppelents (aus der Apotheke) würden nur zum Teil helfen. "Wenn man schwitzt, sind sie von der Haut schnell wieder weg", sagt Rulik. Am besten sei es daher, lange Kleidung zu tragen.