Prävention - Gesünder älter werden Die Politik verbummelt notwendige Konzepte

Bereits im Jahr 2020 werden die 50- bis 64-Jährigen die stärkste Gruppe innerhalb der Erwerbstätigen in Deutschland stellen. "Das ist eine große Herausforderung, aber keine unlösbare Aufgabe", sagt Dr. Stephan Becher vom Rückversicherer SCOR in Köln.

Notwendige Voraussetzung für die erfolgreiche Bewältigung dieser Aufgabe ist nach seiner Auffassung allerdings ein Umdenken in der Gesellschaft. "Es wird darauf ankommen, ältere Beschäftigte mit ihren Fähigkeiten möglichst lange im Arbeitsprozess zu halten. Dafür müssen von Seiten aller Unternehmen sämtliche Voraussetzungen geschaffen werden, die Gesundheit der Arbeitnehmer lange zu erhalten.

Die Beschäftigten wiederum sind aufgefordert, einen gesunden Lebensstil zu pflegen." Vor allem mangelt es laut Becher an neuen politischen Konzepten. So fordert er die Einführung eines flexiblen Renteneintrittsalters. Insbesondere mehr persönliche Entscheidungsfreiheit und individuelle Gestaltungsräume seien hier nötig. "Für den deutschen Standort ist es überlebenswichtig, ältere Arbeitnehmer mit ihren Qualifikationen bei guter Gesundheit im Arbeitsleben zu halten", erklärt Becher.

Besser sei es — beispielsweise Hochqualifizierten oder Selbständigen — mehr Wahlfreiheit für ein längeres Arbeitsleben einzuräumen. Diese Gruppe, die zirka die Hälfte des Steueraufkommens trage, wäre nach Bechers Einschätzung durchaus bereit, länger zu arbeiten. Vor allem dann, wenn Sozialpolitiker für sie ab einem bestimmten Alter nicht zwangsweise Steuern und Sozialabgaben einfordern würden.

"Das hat die Politik noch nicht begriffen", kritisiert er. "Dabei sind die heute 70-Jährigen biologisch so alt wie es die 60-Jährigen im Jahr 1970 waren." Mit dem demografischen Wandel nimmt gleichzeitig das Lebensalter der Deutschen immer weiter zu. Für Mädchen, die jetzt geboren werden, prognostizieren Experten eine durchschnittliche Lebenserwartung von 92,7 Jahren.

Jeder vierte weibliche Säugling könnte sogar über 100 Jahre alt werden. Bliebe es beim heutigen Renteneintrittsalter, würden 25 Jahre oder länger Rentenbeiträge ausgezahlt werden müssen. Heute liegt die durchschnittliche Bezugszeit bei 19 Jahren, 1957 waren es nur neun Jahre. Allein diese Zahlen zeigen schon, dass Gesundheit und damit Arbeitsfähigkeit im Alter eine wesentliche Rolle spielen werden, um das Sozialversicherungssystem vor dem Kollaps zu bewahren.

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