RP-Forum "Gesünder älter werden" Eine Aufgabe für jeden Einzelnen und die Gesellschaft

Unternehmen und Krankenkassen sind ebenso gefordert, sich um Fragen der Prävention zu kümmern wie jeder Einzelne. Das machten die Präventionsexperten beim RP-Forum "Gesünder älter werden" deutlich.

RP-Forum "Gesünder älter werden": Eine Aufgabe für jeden Einzelnen und die Gesellschaft
Foto: Alois Müller

Im Prinzip ist es eine persönliche und eine gesellschaftliche Aufgabe, sich um Prävention zu kümmern. Menschen erhalten sich ihre Gesundheit, die Wirtschaft spart immense Summen, wenn Krankheiten vermieden werden. In dem Zusammenhang spielt auch die betriebliche Gesundheitsförderung eine nicht unerhebliche Rolle.

"Sie bietet Unternehmen die Chance, den demografischen Wandel zu meistern", sagt Lars-H. Wassenaar, Geschäftsführer der PrevaMed GmbH, einer Tochtergesellschaft der Assmann-Stiftung für Prävention. Immer weniger Fachkräfte müssen immer länger im Arbeitsleben gehalten werden. Das geht nur, wenn sie gesund sind. Aus einem weiteren Grund hält Wassenaar Angebote der Gesundheitsförderung für vorteilhaft: Je weniger junge Menschen es gibt, desto mehr stehen die Unternehmen im Wettbewerb um die Nachwuchskräfte.

Mit Gesundheits-Angeboten gewinnen die Betriebe an Attraktivität in diesem Wettbewerb. "Die Mitarbeiter-Gesundheit muss Teil der Unternehmenskultur werden", fordert Wassenaar. Er hofft, dass ein neuerlicher Anlauf auf eine gesetzliche Regelung der Prävention erfolgreicher verläuft als frühere Versuche.

Eine große Herausforderung stellt der demografische Wandel auch für die Versicherungswirtschaft dar. "Mit dem Koalitionsvertrag bekommt das Thema Ältere Erwerbstätige eine große Bedeutung", sagt Dr. Stephan Becher, medizinischer Direktor bei SCOR Global Life, Köln.

De facto liege das durchschnittliche Renteneintrittsalter in Deutschland bei 61 Jahren. Die weitere Entwicklung werde aber die Sozialsysteme überlasten. "Die individuelle und die betriebliche Prävention muss daher ausgebaut werden. Jeder ist gefordert, das Seine dazu beizutragen", betont Becher. Die Menschen können mit gesundem Essen, Bewegung und einer guten work-life-balance ihre Gesundheit fördern. Wichtig sei zudem die Zufriedenheit am Arbeitsplatz.

Die gesetzlichen Krankenkassen würden sich durchaus gerne engagieren, aber ihnen seien oft die Hände gebunden, sagt Ulrich Adler, Leiter regionales Vertragswesen in der Landesvertretung NRW der Techniker Krankenkasse. Er betont, dass Prävention eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Bei einem Präventionsgesetz befürchtet er indes, dass es zu einem bürokratischen Moloch führen könnte. "Gesünder älter werden muss jeder lernen, hier müsste man früh ansetzen." Die Krankenkasse unterstützt hier Schulen.

"Wir begleiten mehr als 250 Schulen und haben gute Erfolge dabei", sagt Adler. Kurse, die die Kasse ihren Mitgliedern anbietet, würden vor allem von denjenigen genutzt, die sich ohnehin für Prävention interessieren. "Wir müssen hier neue Wege gehen, das Thema zeitgemäß gestalten und soziale Medien nutzen", sagt Adler.

"Prävention muss personalisierter werden", sagt David Krüsemann, Arzt und ebenfalls Geschäftsführer der PrevaMed GmbH. Der Nutzen hänge vom individuellen Risikoprofil ab und könne von Patient zu Patient sehr unterschiedlich sein. Die Herausforderung bestehe deshalb darin, aus einer Vielzahl von Optionen die für jeden Patienten besten Maßnahmen auf Basis seiner individuellen Daten zu bestimmen.

Dies umfasse nicht nur die Patientendaten aus Arztpraxis und Krankenhaus, sondern zukünftig auch die genetischen Informationen eines Patienten. Eine zunehmende Anzahl von Menschen erfasse aber auch selbst umfangreiche Daten über den eigenen Lebensstil. Mittels Schrittzähler oder Smartphone-App wird so beispielsweise die körperliche Aktivität dokumentiert, digitale Waagen senden drahtlos das eigene Körpergewicht zur Online- Datenbank.

Für die Zusammenführung und Analyse dieser Daten seien komplexe Software-Anwendungen notwendig. Krüsemann, bei der PrevaMed für die Entwicklung derartiger Lösungen verantwortlich, sieht neben technischen und medizinischen Herausforderungen besonders auch die Aufgabe, Fragen des Datenschutzes zu klären.

Nicht zuletzt müsse aber auch die Politik die notwendigen Voraussetzungen schaffen, beispielsweise durch die Vergütung von Medizinern für die Erbringung derartiger Leistungen. "Gesünder älter werden ist angesichts der demografischen Entwicklung keine Option, sondern ein Muss", betont Eberhard Sautter, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der HanseMerkur Versicherungsgruppe.

Wohlstandskrankheiten hätten massiv zugenommen, "aber viele wären vermeidbar, wenn die Menschen sich gesundheitsbewusster verhielten". Sautter erwähnt hier Ernährung, Bewegung oder auch medizinische Vorsorge. Private Versicherer stehen für eine "generationengerechte Finanzierung", erläutert Sautter: "Die Alterungsrückstellung sorgt dafür, dass die nachfolgende Generation nicht belastet wird."

Salopp gesprochen heißt das: "Jeder kommt für seine Lebensbeiträge selbst auf." Mit der Tarifgestaltung können die Versicherer Prävention unterstützen, zum Beispiel durch Rabatte, wenn die Versicherten Gesundheitschecks machen lassen. Manche Vorsorgeuntersuchungen können auch kostenlos in Anspruch genommen werden.

"Das betriebliche Gesundheitsmanagement wird wachsen, weil die Arbeitgeber um die Arbeitnehmer im Wettbewerb stehen", meint auch Sautter. Sein Unternehmen wolle hier Vorbild sein; die Gesellschaft bietet einen Betriebskindergarten an und achtet im Catering auf gesunde Kost. Sautter sieht aber auch den Staat in der Pflicht.

"Beim Rauchen hat das ja geklappt. Vergleichbare Maßnahmen sind auch in anderen Bereichen denkbar." Eine große Belastung für das Gesundheitssystem stellt auch die Osteoporose dar, erklärt Dr. C. Holger H. Gerlach, Geschäftsführender Gesellschafter von Praxis Central, Essen.

Gerlach weiß, dass 6,3 Millionen Menschen ab 50 von der Krankheit betroffen sind, davon 5,2 Millionen Frauen. Die Osteoporose belastet das Gesundheitssystem mit 4,5 Milliarden Euro im Jahr.

Zur Prävention empfiehlt Gerlach einen gesunden Lebensstil, Bewegung, Untergewicht vermeiden, wenig Alkohol, aufs Rauchen verzichten sowie Calcium und Vitamin D. Ein Unding sei es, dass die Knochendichte- Messung von den Patienten selbst bezahlt werden müsse.

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