Lungenkrebs Heilbar und doch sterben viele daran

Lungenkrebs tut nicht weh. Bis er entdeckt wird, ist es bei rund zwei Dritteln der Patienten bereits zu spät für eine Heilung. Das ist besonders tragisch, denn frühzeitig erkannt, sind die Überlebenschancen gut.

So stellt sich die Frage: Welche Früherkennungsmaßnahmen könnten das Leben der Patienten retten?

Lungenkrebs ist mittlerweile auf Platz drei der weltweit häufigsten Todesursachen. Männer sind häufiger als Frauen betroffen. Der größte Risikofaktor für Lungenkrebs ist das Rauchen. Aber auch die Zahl derer, die nie geraucht haben und dennoch daran erkranken, steigt in den letzten Jahren kontinuierlich an. Lungenkrebs ist besonders tückisch, weil er zu Beginn der Erkrankung kaum Beschwerden verursacht.

Spürbare Warnsignale wie ständiger Husten, Atemnot, Brustschmerz oder Bluthusten sind bereits Boten eines fortgeschrittenen Karzinoms. Für die Heilung durch eine Operation ist es dann schon zu spät. Rund 30 000 Männer und 13 000 Frauen sterben in Deutschland jedes Jahr an Lungenkrebs. Während beim Brust- oder Prostatakrebs etwa 90 Prozent der Betroffenen fünf oder mehr Jahre überleben, sind dies beim Lungenkrebs nur etwa 15 Prozent.

"Dabei wären wesentlich bessere Heilungsraten möglich, wenn die Tumore entsprechend früher und möglichst vor Beginn von Beschwerden entdeckt werden könnten", erklärt Professor Peter Feindt, Thoraxchirurg und Ärztlicher Direktor am Clemenshospital in Münster. Jeder Fünfte der Hochrisikopatienten könnte gerettet werden.

Das zeigt zweifelsfrei eine Studie des National Cancer Institute (NCI) in Bethesda/USA. Sie konnte belegen, dass die jährliche Vorsorgeuntersuchung mittels Niedrigdosis-Computertomografie eine beträchtliche Senkung der Sterberate um 20 Prozent im Vergleich zur konventionellen Röntgenuntersuchung bewirkt.

Hochrisiko bedeutet "30 pack years" — egal, ob der Raucher zehn Jahre lang drei Packungen am Tag geraucht hat oder 30 Jahre lang eine Packung täglich. Mit einer Vorsorgeuntersuchung für die breite Masse - vergleichbar etwa mit dem Brustkrebsscreening — ist aufgrund der US-Studie dennoch nicht zu rechnen, da auch hier nur spezielle Risikopatienten untersucht wurden.

Außerdem gibt es falsch-positive Befunde bei der Computertomografie, zu ungenau sind Röntgenuntersuchungen. Ein nicht unwesentlicher Anteil von Lungentumoren wird auf Röntgenaufnahmen durch andere Strukturen verdeckt oder ist durch seine geringe Größe nicht zu diagnostizieren. Die Computertomographie als Schnittbildverfahren kann zwar auch winzige Tumore von wenigen Millimetern Größe abbilden.

Aber die große Zahl von zunächst auffälligen Befunden entpuppt sich bei der weiteren Diagnostik als harmlos. Zur Verdeutlichung: Auf einen verhinderten Lungenkrebstoten kamen in der Studie des NCI 108 Personen, bei denen per CT-Diagnose fälschlicherweise ein Krebsverdacht ausgelöst wurde.

"Welcher Raucher Lungenkrebs bekommt und welcher nicht, das wissen wir leider nicht", sagt Feindt. Wenn Früherkennung mittels CTScreening überhaupt Sinn mache, dann für starke und langjährige Raucher mit mindestens "30 pack years". Zudem gibt es bei Rauchern eine höchst unterschiedliche Risikoverteilung: "Das Lungenkrebsrisiko ist bei Betroffenen mit gleichzeitigem Lungenemphysem oder einer bereits eingeschränkten Lungenfunktion deutlich höher anzunehmen.

Es ist unklar, ob solche Hochrisikopatienten von einem allgemeinen Früherkennungsprogramm gleichermaßen profitieren oder für diese Gruppe ein modifiziertes Vorgehen notwendig ist", beschreibt Feindt die Situation. Das wirkungsvollste Präventionsprogramm gegen Lungenkrebs sei "die Gesundheit zu unterstützen, statt Krankheit durch Rauchen zu züchten".

Feindt fordert deshalb eine großangelegte Kampagne der Bundesregierung über die Risiken des Rauchens mit umfangreichen Programmen zur Raucherentwöhnung. Das macht Sinn, weil nach sieben bis zehn Jahren Nikotinverzicht das Lungenkrebs- Risiko deutlich sinkt. Bis es in Zukunft möglicherweise einen Atem-Teststreifen zur Früherkennung von Lungenkrebs gibt, können noch 20 Jahre vergehen, glaubt der Chirurg.

Jetzt könne nur versucht werden, ein gezieltes Lungenkrebs- Früherkennungsprogramm zu etablieren, um die Sterblichkeit bei den bereits Erkrankten zu senken. "Wir sollten den Lungenkrebs aus der Raucherecke rausholen", gibt Feindt noch zu bedenken. Das Lungenkarzinom komme auch immer häufiger bei Nichtrauchern vor. Die Ursachen dafür sind noch unbekannt.

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