Paarpsychologie Kein Traumprinz? — So klappt die Beziehung trotzdem

Düsseldorf · Wenn die erste rosarote Liebe verflogen ist, zeigen sich die Ecken und Kanten des Partners. Damit ein Leben lang klar kommen? – Nein, danke. Wie Liebe aber auch gelingen kann, wenn der Partner nicht perfekt ist, lesen Sie hier.

Tipps gegen Stress in der Beziehung
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Foto: Shutterstock/Bernd Leitner Fotodesign

Wenn die erste rosarote Liebe verflogen ist, zeigen sich die Ecken und Kanten des Partners. Damit ein Leben lang klar kommen? — Nein, danke. Wie Liebe aber auch gelingen kann, wenn der Partner nicht perfekt ist, lesen Sie hier.

Mehr als zwei Drittel der Deutschen glauben laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach an die große Liebe. Laut Paartherapeuten allerdings hängen sie damit einer Illusion nach: Den Traumprinzen gibt es nicht. Denn unabhängig davon, wie verheißend sich eine Beziehung zu Beginn auch darstellen mag: "Es gibt in allen Partnerschaften etwas, woran sich der andere stößt", sagt der Hamburger Psycho- und Paartherapeut, Friedhelm Schwiderski.

Das sind die häufigsten Klagen über das andere Geschlecht

Das, was Paartherapeuten an Klagen über Männer und Frauen hören, gleicht sich auffällig: Männer helfen zu wenig im Haushalt, reden nie über sich und sind zu wenig zärtlich, sagen die meisten Frauen. Frauen hingegen nerven Männer zu viel, indem sie immer reden wollen. Wenn er die Spülmaschine repariert, schenke sie ihm dafür zu wenig Anerkennung. Und Sex könnte es ruhig mal ein bisschen öfter geben. "Darüber klagen die Männer", sagt Paartherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger. Gleichzeitig sei fast jeder von Krügers Klienten überzeugt, dass es mit der Liebe problemlos funktionieren könnte, wenn der Partner nur nicht so kompliziert wäre.

Die gute Nachricht: Auch wenn der Partner nicht perfekt ist, ist das kein Hinderungsgrund für eine gut funktionierende und liebevolle Beziehung. Wie das gelingen kann, erklären die beiden Paartherapeuten:

  1. Versuchen Sie nicht, Ihren Partner zu ändern
  2. "Es ist der unbequemere Weg, aber der effektivste, an sich selbst zu arbeiten", sagt Schwiderski. Denn auf das eigene Verhalten hat man den größeren Einfluss. Natürlich wäre es wünschenswert, dass sich beide Partner stets in allen Dingen aufeinander zu bewegen und nicht nur einer. "Aber beginnen Sie damit, sich zu fragen, was Sie falsch machen", sagt Schwiderski.
  3. Beispiel: Er wirft ihr vor: "Immer geht alles nach deiner Nase. Ich bin es leid, mich ständig bevormunden zu lassen und die Wochenenden so zu verbringen, wie du es planst." Übliche Gegenreaktion ihrerseits: "Wie bitte? Von dir geht keinerlei Initiative aus. Wenn ich nichts planen würde, säßen wir das ganze Wochenende immer nur zu Hause."
  4. Der Lösungsvorschlag von Paartherapeut Schwiderski: Sie könnte sagen: "Es stimmt. Ich habe immer viele Ideen und Vorschläge, die ich gerne umsetzen würde. Du hast weniger gemacht. Für die nächsten freien Wochenenden kannst du ja mal etwas überlegen." Indem sich die Partnerin selbst zurücknimmt, zeigt sie ihre Flexibilität und gibt ihm außerdem den Raum für Entscheidungen.
  5. Wichtig dabei nach Auffassung Schwiderskis: Sie sollte ihm genug Zeit lassen und nicht in die übliche Hektik verfallen, nur weil Sie denke, die Entscheidung müsse jetzt fallen. Dadurch, dass sich die Partnerin von der gewohnten Position weg bewegt und in eine entspannte Haltung geht, ändert sich die Dynamik in der Beziehung. Statt Vorwürfe an ihn zu adressieren, sich zu ändern und endlich mal aktiver zu werden, schafft man dadurch eine neue Situation.
  6. Der andere hat Zeit, selbst aktiv zu werden und weiß, dass es jetzt an ihm ist. Wichtig allerdings: Sie sollte bloß nicht in Warteposition gehen und gelangweilt und provokativ ihre Wartezeit mit wippendem Bein und ständigen Blick auf die Uhr verbringen. "Geben Sie dem anderen eine klare Botschaft, wie etwa: Auch, wenn ich jetzt etwas anderes mache, habe ich nicht das Interesse an einer gemeinsamen Aktion verloren. Sag mir Bescheid, wenn du soweit bist."
  7. Gehen Sie mit Anerkennung verschwenderischer um
  8. "In den meisten Partnerschaften gibt es ein massives Anerkennungsdefizit", sagt Wolfgang Krüger. Das heiße nicht gleich, dass sich die Paare trennen. Doch viele spüren neben den Phasen in denen man sich übereinander freut, auch Phasen, in denen man vom anderen enttäuscht ist und die durchwachsen sind. Wie kann man das ändern?
  9. Behalten Sie einen Blick dafür, was dem anderen gut gelingt. Bleiben Sie nicht an der Oberfläche, sondern bemühen Sie sich Kleinigkeiten und nette Gesten des anderen mit ein wenig Dankbarkeit zu kommentieren. "Denn wir alle sehnen uns nach Lob und Anerkennung", sagt Krüger. So fühlt sich der andere trotz aller persönlichen Ecken und Kanten wahrgenommen und wertgeschätzt. Das trägt nicht nur zu einer guten Stimmung bei, sondern sorgt auch dafür, dass der Partner solches Verhalten wiederholt oder sogar ausbaut. In der Psychologie bezeichnet man das als Prinzip der positiven Verstärkung.
  10. Treffen Sie Absprachen, aber bieten Sie etwas dafür
  11. "60 Prozent der Frauen machen die Hausarbeit ganz alleine", sagt Krüger. Entsprechend häufig dreht sich der Beziehungsstreit genau um dieses Thema. Statt blindwütig aufeinander herumzuhacken, wäre es besser, konkrete Vorschläge zu machen. Bitten Sie ihn zum Beispiel die Reinigung des Bades zu übernehmen. Attraktiver wird diese Zusatzaufgabe, wenn Sie ihm im Gegenzug anbieten, auch etwas für ihn zu tun. "Fragen Sie danach, was Sie verändern könnten, damit es ihm besser geht", rät Krüger. Das signalisiere Interesse am anderen und bringe die verloren geglaubte Harmonie ein Stück weit zurück.
  12. Werden Sie entspannter
  13. Aufgaben abzugeben heißt, auch dann entspannt zu bleiben, wenn sie in anderer Art oder Reihenfolge erledigt werden, als Sie selbst es getan hätten. "Wischen Sie bloß nicht hinterher, wenn er gerade mit dem Bad fertig ist", sagt Paartherapeut Schwiderski. "Und bleiben Sie bitte entspannt, wenn er es anders macht als Sie."
  14. Machen Sie Ihren Partner nicht für Ihr Leben verantwortlich
  15. Es ist viel leichter, die Fehler bei anderen statt bei sich selbst zu suchen. Nachteil: Wer dem anderen die Schuld dafür gibt, dass das eigene Leben unglücklich ist, bringt sich selbst in die Rolle des Unterlegenen, obwohl er selbst dafür verantwortlich ist.
  16. Der Tipp der Experten: Warten Sie nicht darauf, dass sich ihr Partner verändert, sondern nehmen Sie Ihr Leben selbst in die Hand. Verändern Sie etwas, das Sie selbst vor sich herschieben. Fangen Sie an Sport zu treiben, verreisen Sie für ein paar Tage mit dem besten Freund oder nehmen Sie ein Projekt in Angriff, das Ihnen schon lange durch den Kopf spukt. Das wird auch Schwung in die Beziehung bringen. Denn Sie zeigen damit Ihre Unabhängigkeit und Flexibilität. Das macht Sie ganz nebenbei auch für den Partner attraktiver.

Der größte Fehler, der Beziehungen zum Scheitern bringt, ist nach Auffassung der Paartherapeuten den Partner immer wieder in der falschen Situation mit Vorwürfen zu konfrontieren. "Wer hingegen aktiv und selbstbestimmt die eigenen Fehler in Angriff nimmt, der erreicht deutlich mehr. 90 Prozent der Beziehungen lassen sich so retten", sagt Paarexperte Krüger.

(wat)
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