Unions-Pläne Kassen sollen Therapie für Pädophile bezahlen

Berlin · Fast nie offenbaren Pädophile ihre Diagnose der Krankenkasse. Nur dann aber wird eine Behandlung bezahlt. Das will die Union nun ändern.

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Foto: AP

Die Bundestagsfraktion der Union will die Krankenkassen verpflichten, anonyme Therapien für Pädophile zu finanzieren. Pro Jahr würden fünf bis acht Millionen Euro für etwa 20 Anlaufstellen benötigt, heißt es in einem Positionspapier der Arbeitsgruppe Gesundheit. Die privaten Versicherungen sollten sich mit einem freiwilligen Beitrag beteiligen.

Ein großes Problem bei der Behandlung pädophiler Sexualstörungen sei "die damit einhergehende Stigmatisierung", auch wenn der Betroffene seine Neigung "bisher gar nicht ausgelebt" habe, heißt es in dem Papier. Deshalb würden Therapieangebote fast nur anonym in Anspruch genommen. Folglich brauche es "mehr und verlässlicher finanzierte Angebote". Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), sagte der "Bild"-Zeitung: "Ziel ist, dass Betroffene erst gar nicht zu Tätern werden und lernen, ihre Impulse zu kontrollieren." Das sei der beste Schutz für Kinder.

Mit ihrem Vorschlag kommt die Union einer Forderung des Präventionsnetzwerks "Kein Täter werden" nach, das von der Berliner Charité aus koordiniert wird. Der Arzt und Therapeut Hannes Gieseler sagte, die Wahrung der Anonymität sei die zentrale Frage: "Das Problem liegt in der Stigmatisierung." Nur wenige Patienten würden die Diagnose Pädophilie der Krankenkasse gegenüber offenbaren - nur dann aber wird eine Therapie bezahlt.

Hinzu kommt aus Sicht der Spezialisten an der Charité, dass den meisten Medizinern und Psychotherapeuten die entsprechende sexualmedizinische und -therapeutische Qualifikation fehle und die Bereitschaft, diese Therapie überhaupt zu übernehmen, erklärte der Sprecher von "Kein Täter werden", Jens Wagner. Bei der DAK etwa, einer der größten Krankenkassen in Deutschland, ist nicht bekannt, ob überhaupt Therapien aufgrund der Diagnose Pädophilie finanziert werden. Wahrscheinlicher sei, dass Betroffene, wenn überhaupt, bei niedergelassenen Psychotherapeuten wegen anderer Störungen in Behandlung seien, sagte ein Sprecher.

Anonyme Gruppen- und Einzeltherapien werden aus Fördergeldern der Länder und des Bundes finanziert. Der Bund bezahlt im Wesentlichen das Programm an der Charité, die Länder mit durchschnittlich 100 000 Euro im Jahr die übrigen Anlaufstellen. Das reiche in der Regel gerade für zwei halbe therapeutische Mitarbeiterstellen, erklärte Wagner. Das sei zu wenig.

Am Sexualwissenschaftlichen Institut der Charité sind nach Angaben des Präventionsnetzwerks seit 2005 insgesamt 894 Erstgespräche geführt worden, wovon 440 in konkrete Therapieangebote mündeten.

(epd)
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