Typenfrage So ticken Hundemenschen — und so Katzenfans

Düsseldorf · Hundefans sind temperamentvoll, Katzenmenschen dagegen introvertiert - sind das nur Klischees, oder verrät die Haustier-Vorliebe tatsächlich etwas über unseren Charakter? Wissenschaftler haben verblüffende Antworten gefunden.

 Opa und Enkelin mit Hund und Katze (Symbolbild)

Opa und Enkelin mit Hund und Katze (Symbolbild)

Foto: Shutterstock/Maya Kruchankova

Was für ein großartiges Gefühl, nach Hause zu kommen und vom Hund begrüßt zu werden: Schwanzwedeln, Hand anschlabbern, das volle Bester-Freund-des-Menschen-Programm. Schön! Oder nicht?

Katzenmenschen können mit so viel Überschwang eher weniger anfangen. Sie finden es deutlich schöner, in Ruhe die Wohnung zu betreten und ihren Stubentiger eingerollt irgendwo auf der Fensterbank zu erblicken. Der blinzelt allenfalls müde zu ihnen herüber, um sich später auf dem Sofa eine Streicheleinheit abzuholen.

Katzen sind hierzulande das beliebteste Haustier. Beinahe 13 Millionen von ihnen lebten laut dem Industrieverband Heimtierbedarf 2015 in deutschen Haushalten. Auf Rang zwei der Beliebtheitsliste folgen Hunde, die acht Millionen mal als Haustier vertreten waren.

Wer Hunde mag, mag meist Katzen eher weniger. Es ist eine Frage der Vorliebe. Aber auch eine der Emotionen. "Nur wenige entscheiden sich für beides", sagt der US-amerikanische Verhaltensbiologe Dennis Turner. Mit gutem Grund: Beide Tierarten könnten in ihrer Beziehung zum Menschen kaum unterschiedlicher sein.

Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal

Katzen gelten als Einzelgänger. Vorausgesetzt man lässt sie, bestimmen sie selbst, wann sie kommen und gehen, wann sie fressen und bei wem sie einziehen oder womöglich auch wieder verschwinden. "Hunde haben Herrchen, Katzen haben Personal", soll der Schriftsteller und Satiriker Kurt Tucholsky einst gesagt haben. Den Wiener Verhaltensforscher Kurt Kotrschal wundert das nicht. Er hat über viele Jahrzehnte das Verhalten von Wölfen und Hunden studiert und sagt: "Ein Hund ist ein soziales Wesen. Er tickt ähnlich wie wir."

Einzelgänger versus Vierbeiner mit Sozialanschluss — dahinter sieht auch die Forschung mehr als nur eine Vorliebe. Haben Sie schon mal versucht, sich bei einem Hundehalter über das allmorgendliche Gebelle zu beklagen oder bei einem Katzenfan über die Hinterlassenschaften in Ihrem Garten? Falls Sie nicht schon eigene Erfahrungen mit unbedacht hervorgebrachten Äußerungen sammeln durften, hier der gut gemeinte Rat: Tun Sie es mit Fingerspitzengefühl!

Warum Kritik am Tier schnell persönlich genommen wird

Denn Ihre Äußerung ist mehr als eine Sachinformation. Sie wird in den meisten Fällen ein emotionales Echo hervorrufen und als Angriff auf die eigene Person verstanden werden. Das legt die Vermutung nahe, dass Susi und Strolch oder Felix und Katinka mehr sind als irgendein Haustier. Sie haben mit ihren Menschen selbst zu tun.

In den letzten Jahren haben Verhaltensbiologen und Psychologen genau das herausgefunden. Allen Untersuchungen voran steht eine Befragung von mehr als 4500 Probanden. Psychologe Samuel Gosling von der University of Texas in Austin befragte dazu im Jahr 2010 selbsternannte Hunde- und Katzenfans nach ihren eigenen Eigenschaften. Hundemenschen bezeichneten sich dabei als extrovertierter, geselliger, verständnisvoller, zuverlässiger und hilfsbereiter.

So unterschiedlich ticken Katzenfans und Hundetypen

Katzenbegeisterte sahen sich hingegen als fantasievoller, experimentierfreudiger, aber auch unsicherer und ängstlicher an. Sie hinterfragten eher Normen und Werte kritisch, während die Hundemenschen angaben, Dinge eher im Voraus zu planen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch eine Untersuchung der California State University aus dem Jahr 2014.

Eine Umfrage der University of Wisconsin ermittelte, dass Hundetypen temperamentvoller, energiegeladener und kontaktfreudiger seien als Katzentypen. Katzenfans seien hingegen introvertiert, empfindsamer und unvoreingenommener. Die Katzenfraktion ist nonkonformistischer, Hundeanhänger neigen hingegen eher dazu, Regeln zu befolgen.

Dem gegenüber stehen die Eigenschaften der Tiere, die der US-amerikanische Verhaltensbiologe Dennis Turner so beschreibt: "Hunde gelten als treue, gehorsame und beschützende Tiere." Katzen hingegen als irrational, eigensinnig, reaktionsschnell und erotisch. Er ist sich sicher, dass es Überschneidungen zwischen den Eigenschaften der Tiere und eigenen Eigenschaften gibt.

Warum die Eigenschaften der Tiere so gut zu denen ihrer Besitzer passen, erklärt Psychologin und Studienleiterin Denise Guastello von der University of Wisconsin auf dem Wissenschaftsportal livescience.com so: "Es ergibt Sinn, dass ein Hundetyp temperamentvoller ist, denn er will mehr Zeit im Freien verbringen, andere Hundehalter treffen und sich mit ihnen austauschen." Introvertierte und empfindsame Menschen blieben hingegen lieber zu Hause und lesen ein Buch. Das passe der Katze allemal, denn sie wolle nicht Gassi gehen.

Empathie ist auch bei Hunden und Katzen kein Fremdwort

Menschen wählen meist ihr Haustier nach den eigenen Freizeitvorlieben und ihrer Persönlichkeit aus, sagt Dennis Turner. Ein zweiter Faktor, der eine Rolle spielen kann: mit welchem Tier man als Kind zusammengelebt hat. Auch das zeigen Studien. Eines der jüngsten Ergebnisse aus Turners mehr als 30-jähriger Forschung: Katzen, die sich in der Nähe des Menschen befinden, sind in der Lage, dessen Stimmung aufzunehmen und darauf zu reagieren. "Ist man niedergeschlagen, streift die Katze einem mehr um die Beine und mauzt", sagt der Verhaltensforscher.

Auch Hunde können sich in den Menschen hineinversetzen und sein Verhalten interpretieren. Das fanden Wiener Wissenschaftler in einer aktuellen Untersuchung heraus. Bei ihrem Experiment ging es allerdings nicht um das Einschätzen von Emotionen, sondern um wortlose Hinweise, die ihnen bei der Futtersuche weiterhalfen. Dennoch ist sich Verhaltensforscher Kotrschal sicher: Hunde wissen, wie wir drauf sind. Sie können Mimik und Gestik lesen und darauf reagieren.

So gut sogar, dass die Gefährten mit der feinen Nase ein perfektes Spiegelbild ihres Halters seien. "In noch unveröffentlichten Studien haben wir herausgefunden, dass Hunde zu 80 Prozent so sind wie ihr Halter", sagt Kortschal. Ein verlängertes Ego also. Besonders Männern, denen häufig emotionaler Analphabetismus unterstellt werde, könne das tierische Spiegelbild helfen, eigene Emotionen zu schärfen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, wenn er also einen Muskelprotz mit einem kleinen Fiffi spazierengehen sieht.

(wat)
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