Sprechstunde: Walter Frasch Reisedurchfall - nicht nur zur Sommerzeit

Meistens ist die Diarrhö im Urlaub relativ harmlos. Sie tritt auch jenseits warmer Gefilde auf.

Unser Leser Uwe J. (46) aus Niederkrüchten fragt: "Ich war soeben auf einem zweiwöchigen Wanderurlaub. Zwischendurch hatte ich drei Tage Ärger mit Durchfall und Erbrechen. Ich dachte, so etwas gibt es nur im Sommer und in warmen Regionen."

Walter Frasch Tatsächlich können diese Beschwerden einem den schönen Urlaub verleiden: Durchfall, oft noch begleitet von Bauchkrämpfen und manchmal auch Erbrechen. Besonders häufig erwischt es einen dort, wo es schön warm ist, weshalb diese Erkrankung in Mexiko als "Montezumas Rache" , in Ägypten als "Rache des Pharao" bezeichnet wird. Aber solche Fälle gibt es immer wieder auch in kühlen Gefilden.

Die Auslöser werden häufig nicht identifiziert, aber meist handelt es sich doch um bakterielle Infektionen, die oft mit vorangehendem Unwohlsein über acht bis zehn Stunden zu Übelkeit führen. Dann setzen Bauchkrämpfe ein, als Zeichen für den Aufruhr im Darm, der sich entscheiden muss, in welche Richtung er sich von der Last erleichtert. Die Entleerung per Durchfall wird dann fast als Erleichterung empfunden.

Kommt es bereits wenige Stunden nach einer Mahlzeit zu heftigstem Erbrechen, als ob der Magen auf Links gedreht wird, spricht das für eine sogenannte Lebensmittelvergiftung. Dann gab es zum Beispiel von Staphylokokken gebildete Giftstoffe in der Nahrung, die auch durch Hitze bei der Zubereitung nicht beseitigt werden konnten. Man fühlt sich für 24 Stunden kreuzelend, aber meist bessert sich der Zustand wieder rasch, nachdem alle Gifte ausgeschieden sind. Nur selten ist eine Behandlung durch Gabe von Infusionen erforderlich.

Der typische Reisedurchfall verläuft meist nicht ganz so dramatisch, kann über einige Tage anhalten, heilt aber auch wieder spontan. Die wichtigste Empfehlung ist immer noch die Vorbeugung: sich langsam an das ungewohnte Klima anzupassen. Die Tropenregel "Boil it, cook it, peel it or forget it" gilt immer noch: Speisen sollten frisch gegart sein, Früchte geschält und Speiseeis, Eiswürfel und Wasser ungeklärter Herkunft gemieden werden.

Was aber, wenn es einen dennoch erwischt hat? Durchfall ist unangenehm, aber nicht bedrohlich. Entscheidend wichtig ist jedoch der Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes besonders bei häufigen Entleerungen mit fünf oder mehr Stuhlgängen am Tag. Das gelingt am sichersten mit einer standardisierten Elektrolytlösung, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelt wurde und in jeder Apotheke erhältlich ist, um sie in Trinkwasser aufzulösen. Im Notfall kann man sich selbst etwas mixen mit einem gestrichenen Teelöffel Salz und acht Teelöffeln Zucker auf einem Liter Wasser oder Tee. Damit lässt sich der Flüssigkeitsverlust selbst bei Choleraerkrankung meist ausreichend ausgleichen. Wenn man Essen vertragen kann, sollte man weiter leichte Kost zu sich nehmen, um das Allgemeinbefinden zu verbessern.

Was ist mit medikamentösen "Durchfallstoppern" wie Loperamid? Die reduzieren zwar die Häufigkeit der Durchfällen, können aber auch bewirken, dass Bakterien und deren Gifte umso länger im Körper verbleiben. Ich sehe auch immer wieder Patienten, bei denen dadurch zwar der Durchfall gestoppt wird, die Bauchkrämpfe aber verschlechtert werden. Ich empfehle diese Medikamente deshalb nur, wenn man glaubt, einen Toilettengang in den nächsten Stunden unbedingt verhindern zu müssen. Man sollte auch nicht ungezielt Antibiotika einnehmen: In vielen Fällen bringen sie keine Verbesserung, können aber eine gefährliche Resistenzbildung von Bakterien fördern.

Wenn das Allgemeinbefinden bei einer Durchfallerkrankung schlecht ist, wenn Fieber anhält, Bauchkrämpfe zunehmen oder womöglich Blutbeimengungen beobachtet werden, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Dieser muss über eine gezielte Stuhldiagnostik oder auch den Sinn einer antibiotischen Behandlung entscheiden.

Walter Frasch ist Gastroenterologe in Viersen.

(RP)
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