Sprechstunde Rheuma oder nicht?

Die Diagnose einer rheumatischen Erkrankung gehört in die Hände von Fachleuten. Laborwerte beispielsweise sind oftmals trügerisch.

Unser Leser Ralf-Andreas H. (42) aus Mönchengladbach fragt: "Seit geraumer Zeit leide ich an einer Steifigkeit der Finger, insbesondere in den Morgenstunden. Nach unauffälligen Laborwerten hat mich mein Hausarzt jetzt zu einem Rheumatologen geschickt. Der Untersuchungstermin ist in sechs Monaten. Muss ich jetzt befürchten, dass das Rheuma bei mir zu bleibenden Schäden führt?"

Stefan Ewerbeck Gelenkschmerzen und -steifigkeit können sehr vielfältige Ursachen haben. Schnell wird die Diagnose Rheuma vermutet, ohne zu berücksichtigen, dass in der Rheumatologie mehr als 200 unterschiedliche Erkrankungen existieren. Ein unauffälliger Laborbefund bedeutet nicht automatisch, dass keine rheumatische Erkrankung vorliegt. Andererseits sind auch auffällige Laborwerte, etwa mit positivem Rheumafaktor oder Antikörpern gegen Zellkerne, nicht gleichzusetzen mit der Diagnose Rheuma.

Auch bildgebende Verfahren sind oft schwierig zu deuten. Röntgenbilder zeigen erst im fortgeschrittenen Stadium Veränderungen einer Gelenkerkrankung, und eine Ultraschallgelenkuntersuchung gehört in die Hand geübter Mediziner. Andere Untersuchungsverfahren lassen den Patienten anhand von bunten Bildern an eine Diagnosesicherheit glauben, die keinesfalls gegeben ist und aus denen alleine auch keine sichere und erfolgversprechende Therapie abgeleitet werden kann. Die Diagnose einer rheumatischen Erkrankung ist schwierig, insbesondere in der Frühphase, also in den ersten drei bis sechs Monaten. Am wichtigsten sind weiterhin das gezielte Gespräch mit dem Patienten und die sorgfältige körperliche Untersuchung. Und auch dabei gilt: Nicht jede Gelenkschwellung ist entzündlich bedingt. Die Erfahrung lehrt: Die meisten sind es nicht! Eine Gelenksteifigkeit kommt regelmäßig auch bei Verschleiß und Arthrosen vor und bedarf keiner gezielten Therapie. Auch entzündlich bedingte Gelenkerkrankungen haben zum Teil einen hohen Anteil an Spontanheilungen, die nicht dauerhaft einer Therapie bedürfen. Wenn aber wirklich der Verdacht besteht, dass eine entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankung vorliegt, beispielsweise bei geschwollenen Fingergrundgelenken, Zehengrundgelenken, Morgensteifigkeit und erhöhten Entzündungswerten, dann besteht eindeutig Handlungsbedarf. Eine ambulante rheumatologische Untersuchung sollte dann innerhalb von zwei bis vier Wochen angestrebt und umgesetzt werden. Hierfür sind von den Rheumatologen entsprechende Frühsprechstunden für Betroffene eingerichtet worden.

(RP)
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