Die Todesgefahr aus dem Essen Risiken für Ungeborene durch verseuchte Lebensmittel

München/Bonn · Wenn Supermärkte Käse wegen Listerien zurückrufen, dann droht für manche Menschen Todesgefahr. Schwangere und Babys zählen dazu. Lesen Sie hier, wo diese und andere Erreger sich verstecken und was Schwangere beachten sollten.

Was Schwangere nicht essen sollten
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Foto: Shutterstock/Oleynikova Anna

Die Gefahr steckt in Rohmilchzubereitungen, Fleisch, Obst und auch Gemüse. Auf und in ihnen verbergen sich Listerien und Toxoplasmen, also Bakterien und Parasiten, die schwerwiegende Folgen für Schwangere und deren Babys haben können.

Ordentlich übereinandergeschichtet laden Rohmilchkäse und Camembert im Supermarktregal zum Zugreifen ein. Was im Normalfall Feinschmeckern das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt, kann für immungeschwächte Menschen, Schwangere und sogar Ungeborene zur tödlichen Gefahr werden. Listerien kommen überall in der Natur vor. Risikoreich werden sie durch den Kontakt mit verseuchten Lebensmitteln oder verunreinigten pflanzlichen Produkten.

Todesgefahren von außen

Kritisch sind vor allem rohe Tierprodukte wie nicht abgekochte Milch, Rohmilchkäse und Fleisch oder Fisch. Unsicher ist jedoch auch die Verwendung von vorgeschnittenem Salat oder ungewaschenem Obst und Gemüse. Anstecken kann man sich außerdem über verunreinigte Erde, weshalb Experten während der Schwangerschaft von der Gartenarbeit ohne Handschuh abraten. Das Baby infiziert sich entweder im Mutterleib über die Plazenta oder bei der Geburt.

Die stäbchenförmigen Listerien-Bakterien können grippeähnliche Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit oder Durchfall auslösen, der in seltenen Fällen tödlich endet. Auch für noch Ungeborene können die Krankheitserreger schwerwiegende Folgen haben. In wichtigen Organen wie Leber, Milz, Nebennieren oder Lunge und Magen können Knötchen, die sogenannten Granulome entstehen.

Diese Komplikationen drohen dem Baby

Außerdem drohen Kreislauf- und Atemstörungen. Befallen die Bakterien das Gehirn, können sie dort zu einer Gehirn- oder Gehirnhautentzündung sowie Krämpfen, Fehl- oder Totgeburten führen. Bekannt ist auch, das Risiko, eine Blutvergiftung auszulösen, die häufig tödlich endet. Babys, die die heimtückische Infektion überleben tragen oft eine bleibende geistige Behinderung davon. Bei gesunden Menschen verlaufen Infektionen in der Regel harmlos.

Listeriosen sind die meldepflichtige Infektionskrankheit mit der höchsten Sterblichkeit. Im Jahr 2012 dokumentierte das Robert-Koch-Institut rund 430 Infektionsfälle. In 27 Fällen waren Schwangere betroffen. Sieben Schwangerschaften endeten jäh mit einer Frühgeburt, in zwei Fällen kamen die Babys tot zur Welt. Bei 16 der insgesamt 23 lebend geborenen Kinder wurden mit schwersten gesundheitlichen Problemen geboren, in deren Folge die Babys starben.

Parasiten in Teewurst und Co.

Ähnlich risikoreich sind Toxoplasmen, die sich in rohem Fleisch verstecken, aber auch an Obst und Gemüse kleben. Aus dem gleichen Grund sollten werdende Mütter von Lebensmitteln wie Mett, Teewurst, englisch gebratene Steaks oder Hackepeter die Finger lassen.

Vorsicht sollten zudem Katzenbesitzer walten lassen, denn im Darm ihrer Stubentiger entwickeln sich diese Parasiten. Experten schätzen die Zahl der so infizierten Tiere auf rund 70 Prozent. Eine Toxoplasmose kann bei Kindern im Mutterleib schwere Schäden, wie zum Beispiel Seh-, Hör- oder Hirnschäden, hervorrufen. Der Erreger geht über den Mutterkuchen und die Nabelschnur in den kindlichen Kreislauf über und infiziert das Ungeborene. Das Robert-Koch-Institut (RKI) registriert in Deutschland pro Jahr insgesamt etwa 50 Fälle mit Komplikationen durch Toxoplasmosen und Listeriosen in der Schwangerschaft bei jährlich rund 700 000 Geburten, wobei das RKI für Toxoplasmosen eine hohen Dunkelziffer annimmt. Schätzungen gehen von rund 200 solcher Infektionen im Jahr aus.

Gefahr aus dem Katzenklo

Von der Katze zum Menschen gelangen die Parasiten nach dem Ausscheiden infizierten Kots. Sie werden dann durch die Luft gewirbelt und eingeatmet, warnt die Stiftung Kindergesundheit. Übertragen werden kann er jedoch auch über rohes Fleisch. Auch Schweine, Rinder und Schafe kommen als Überträger in Frage. Wer sicher gehen will, dass sein Steak Parasitenfrei ist, sollte es stark erhitzen und durchbraten. Ein kurzer Abstecher in die Mikrowelle reicht dazu nicht aus. Sicher ist auch nicht das Einfrieren, weil sich bereits gefrierresistente Stämme des Erregers gebildet haben. Die Stiftung Kindergesundheit rät darum dazu, Fleisch mindestens für acht Stunden bei minus 20 Grad Celsius einzufrieren, um ein Abtöten der Toxoplasmen zu erreichen.

Eine Infektion bleibt bei Erwachsenen meist vollkommen unbemerkt, was die Sache so tückisch macht. Beim Ungeborenen jedoch führt sie zu schwersten Komplikationen. Rund 80 Prozent der Kinder, die im Mutterleib infiziert werden, erleiden Störungen in ihrer geistigen oder motorischen Entwicklung. Möglich sind zudem epileptische Anfälle, in der Hälfte der Fälle kommt es zu Sehbehinderungen und in zehn Prozent der Fälle zu Schwerhörigkeit. Darüber hinaus kann das Baby schon im Bauch seiner Mutter eine Hirnentzündung bekommen. Tritt die Infektion während des ersten Drittels der Schwangerschaft auf, ist meistens eine Frühgeburt die Folge.

Das können Sie tun, um sich zu schützen

Wer auf Nummer sicher gehen will, der kann über einen Bluttest Gewissheit erlangen. Im Serum nämlich lassen sich Antikörper auf die Toxoplasmen nachweisen, die darauf schließen lassen, ob die Mutter sich bereits irgendwann in ihrem Leben infiziert hat und Antikörper gebildet hat, oder nicht. Kommt es in der Schwangerschaft zur Infektion kann man das Kind bereits im Mutterleib medikamentös behandeln.

Weitgehend lassen sich Infektionen mit Listerien und Toxolplasmen ausschließen, wenn Schwangere auf bestimmte Lebensmittel vollständig verzichten. Dazu zählen Rohmlichprodukte wie Käse, rohes Fleisch, Geflügel oder Fisch sowie ungewaschenes Obst und Gemüse. Zudem empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Schwangeren einen hygienischen Umgang. Dazu gehört, vor der Speisenzubereitung und nach dem Kontakt mit rohen Lebensmitteln die Hände zu waschen, Gemüse und Obst gründlich zu waschen und dieselben Küchenutensilien nicht ohne Zwischenreinigung für rohe und gekochte Speisen zu verwenden. Neben allen Einschränkungen aber gibt es einen positiven Nebeneffekt: Den Reinigungsdienst fürs Katzenklo sollte in der Zeit der Schwangerschaft der Liebste übernehmen.

(wat)
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