Sprechstunde Verlust des Geruchssinns

Viele Menschen leiden unter einem eingeschränkten Riechvermögen. Es kann unterschiedliche Gründe haben.

Unsere Leserin Heidi M. (64) aus Viersen fragt: "Ich habe das Gefühl, nicht mehr so gut riechen und schmecken zu können wie früher. Woran kann das liegen?"

Bernhard Robbers Studien belegen, dass etwa drei bis fünf Prozent der Bevölkerung unter einem Riechverlust (Anosmie) leiden. Weitere 20 Prozent der Menschen besitzen ein eingeschränktes Riechvermögen. Am häufigsten sind die über 65-Jährigen betroffen. Bei gesunden Menschen erneuert sich das Riechgewebe in der Nase alle 30 Tage. Im Laufe des Lebens lässt diese Regenerationsfähigkeit nach. Da Riechminderung ein schleichender Prozess ist, wird er bei älteren Menschen oftmals nicht wahrgenommen.

Das Riechen setzt sich aus drei Systemen zusammen. Das olfaktorische System (Riechorgan) vermittelt mit 350 Riechrezeptoren tausende Gerüche über die Riechschleimhaut im oberen Drittel in der Nase zum Gehirn. Das gustatorische System betrifft die Zunge und vermittelt die Geschmäcke süß, salzig, bitter und sauer. Über das dritte System, den Trigeminusnerv, werden etwa die Schärfe beim Senf oder das Prickeln der Kohlensäure empfunden.

Da beim Verzehr von Speisen und Getränken gleichzeitig Gerüche über den Nasen-Rachenraum zum Riechorgan gelangen, wird der Verlust des Geruchssinns von vielen Patienten fälschlicherweise als Verlust des Geschmackssinns empfunden.

Häufige Ursachen für Riechstörungen sind grippale Infekte, wobei Viren über die Riechschleimhaut ins Gehirn gelangen und die Riechzellen zerstören. Schädel-Hirntraumen, chronische Nasen- und Nasennebenhöhlenerkrankungen sowie Tumoren können ebenfalls direkt oder indirekt die Riechzellen schädigen oder blockieren. Auch neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson können das zentrale Riechorgan betreffen.

Um die Ursachen zu eruieren, werden standardisierte Testverfahren angewendet. So werden Riechtests mit Duftstiften durchgeführt, um die Dimensionen der Geruchswahrnehmung zu untersuchen. Eine weiterführende bildgebende Untersuchung und die neurologische Abklärung schließen sich der Diagnostik häufig an.

Wie rasch sich eine Störung erholt, ist von der Ursache abhängig. Bei Patienten mit hohem Rest-Riechvermögen, bei Jugendlichen sowie bei Nichtrauchern zeigen sich günstige Verläufe.

Operativ kann die Beseitigung von chronischen Nasenschleimhautveränderungen (Polypen) sowie die Gabe von Kortison die Blockade des Riechorgans beseitigen. Ein neuer Therapieansatz beruht darauf, dass durch das tägliche Riechtraining mit Duftölen die Regeneration der Zellen stimuliert werden kann.

(RP)
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