Sprechstunde Stefan Ewerbeck Wenn Rheuma in die Mundhöhle vordringt

Morbus Behçet ist eine häufig übersehene Krankheit, die verschiedene Symptome vereint.

Unsere Leserin Yildiz M. (38) aus Duisburg schreibt: "Seit geraumer Zeit leide ich an hartnäckigen, schmerzhaften Geschwüren im Mund und an den Lippen, die schlecht abheilen. Mein Bruder hat ganz ähnliche Symptome, hat aber auch seit einem Jahr immer wieder Gelenkbeschwerden. Ist das möglicherweise ansteckend? Sind meine Kinder gefährdet?"

Stefan Ewerbeck Schlecht abheilende Aphten (im Mund, aber auch im Genitalbereich) insbesondere bei Menschen, die aus dem Mittelmeerraum stammen (Türkei, Syrien, Israel, Arabien), lenken den Rheumatologen zu einem seltenen Krankheitsbild, das wahrscheinlich bereits um 400 v. Chr. von Hippokrates beschrieben wurde. Als eigenständiges Krankheitsbild mit typischen Symptomen wurde es jedoch erst 1937 von dem türkischen Hautarzt Hulusi Behçet beschrieben, nach dem diese Krankheit auch benannt wurde (Morbus Behçet). Das Krankheitsbild befällt überwiegend junge Erwachsene, Männer häufiger als Frauen. Die Häufigkeit in der Türkei liegt bei etwa 100 auf 150 000 Einwohner, bei Deutschen bei einer auf 100 000 Einwohner - mit großer Dunkelziffer, da das Krankheitsbild oft nicht erkannt wird. Die häufigsten Symptome sind die Aphten sowie Hautpusteln, die an eine Akne erinnern und die häufig nach mechanischen Reizen entstehen. Das nutzt man zur Diagnosestellung (sogenannter Pathergie-Test). An der Haut können Gefäßentzündungen entstehen, die sich in einer Gewebeprobe nachweisen lassen. Aber auch das innere Gefäßsystem kann betroffen sein, es können sich Gefäß-Aussackungen, sogenannte Aneurysmata, bilden; in seltenen Fällen kann es auch zu Thrombosen und Schlaganfällen kommen. 50 Prozent der Patienten leiden an Gelenkentzündungen der unteren Extremitäten (Sprunggelenke und Knie). 70 Prozent haben zudem eine Augenbeteiligung in Form einer ausgeprägten Regenbogenhautentzündung. Die Ursache dieses bunten "Krankheitsbildes" ist unklar. Die Genetik spielt bei dieser Krankheit sicherlich eine wichtige Rolle (50 Prozent der Patienten sind HLA-B-51 positiv), möglicherweise aber auch Infektions- oder Umwelteinflüsse. Eine Behandlung ist gut möglich und richtet sich nach der Schwere des Krankheitsbildes. Leichte Verläufe werden nur symptomatisch behandelt, schwere Verläufe (beispielsweise mit Augenbeteiligung) auch mit immunsuppressiven Medikamenten wie etwa Azathioprin, Cyclosporin, aber auch mit Interferon-Alpha und TNF-Blockern (Biologica). Mit den von Ihnen geschilderten Symptomen sollten Sie sich zur weiteren Diagnostik einem Rheumatologen vorstellen.

Stefan Ewerbeck ist Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin und Rheumatologie am Rheinischen

Rheuma-Zentrum in Meerbusch-Lank.

(RP)
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