Wenn Thrombosen tödliche Folgen haben

Thrombosen beginnen mit kleinen Gerinnseln des Bluts - meistens in den Beinen und im Becken - und können schlimme Folgen nach sich ziehen. Gefürchtet ist die Lungenembolie.

Unser Körper als sensationelles Kreislaufsystem sorgt immer wieder für Überraschungen. Wo alles im Fluss ist (oder im Fluss sein sollte), werden Fundsachen oft an unvermuteter Stelle angespült. So muss die Ursachenforschung für manche Krankheiten tatsächlich kriminalistisch vorgehen: Ist der Fundort wirklich der Tatort?

Die Lungenembolie ist solch eine Störung, bei welcher der Arzt im Rahmen seiner Untersuchung - hat er als alter Fuchs nicht schon beim ersten Augenschein einen konkreten Anfangsverdacht - die Herkunft mehrere Stockwerke tiefer verorten muss. Woher denn kommt der Blutpfropf, der für die Embolie, die Verstopfung eines Gefäßes, verantwortlich ist?

In den meisten Fällen haben sich Teile einer Thrombose in den tiefen Bein- oder den Beckenvenen gelöst, die dann im Körper als unerwünschte Passagiere mit dem Blutstrom durch die Hohlvene ins sogenannte Rechtsherz geschwemmt werden und von dort in die Lungenarterie weiterschwimmen. Handelt es sich um kleine Emboli (Embolus = kleiner Anteil eines Thrombus), werden sie vom Lungengewebe und dessen raffiniertem System der Gegen-Gerinnung (Fibrinolyse) unschädlich gemacht; jeder Körper produziert das Enzym Plasmin, das Thromben auflösen kann.

Größere Emboli hingegen sind hartnäckig und können die Lungenstrombahn undurchlässig blockieren. Diese typische Lungenembolie zeigt sich durch Atemnot und durch Schmerzen beim Einatmen. Wird sie nicht behandelt, endet sie nicht selten tödlich.

Gerinnsel an den Klappen

Wie aber war es zur Thrombose in den Beinvenen gekommen? Dort hatten sich meist in der Region zweier Venenklappen Gerinnsel gebildet; dort gibt es Strömungswirbel, die Teile des Blutes sozusagen zur Ablagerung an die Venenwand drängen. Werden diese Ablagerungen im Lauf der Zeit dicker, kommt es zu Thromben. Zu diesen fetten Partikeln, die einen verdeckten, aber gefährlichen Widerstand ausüben, kommt es oft nach einer größeren Operation, wenn Patienten bettlägerig oder immobil sind. Rauchende Frauen, die die Pille nehmen, schleppen ebenfalls ein erhöhtes Risiko für eine Thrombose mit sich. Nicht selten liegt auch eine vererbbare erhöhte Gerinnungsneigung des Blutes vor. Oder das Blut ist generell zu dickflüssig, weil die Menschen nicht genug getrunken haben. Manchmal ist auch die eingeschränkte Arbeitsleistung der Muskelpumpe im Bein die Mutter allen Übels: So kann langes Sitzen vor allem bei abgeknickter Körperhaltung die Entstehung einer Thrombose begünstigen.

Die Warnzeichen im Bein Die tiefe Beinvenenthrombose ist dabei ein meist eindrückliches und unverkennbares Phänomen. Immer gilt als Devise: Wo eine Verengung des Gefäßes oder gar ein Verschluss herrscht, da besteht auch eine Stauung. Je nach dem Grad dieser Stauung kann die Vene ihre Funktion des Rücktransports des Blutes aus dem Gewebe nicht mehr erfüllen, sie versagt als Lastenträger, es kommt zur Flüssigkeitsansammlung im Gewebe und damit zur Schwellung. Das Bein nimmt an Umfang zu, die Haut beginnt zu glänzen und wird bläulich und warm. In manchen Fällen treten vor dem Schienbein die sogenannten Warnvenen auf, die einen Umgehungskreislauf signalisieren. den der Körper selbst gebildet hat. Später zeigen sich bei vollem Beschwerdebild der Thrombose stechende Schmerzen vor allem in Wade und Kniekehle.

Immer wieder wird die Vorbeugung gegen Thrombosen kontrovers diskutiert. Die Stärke einer Gerinnungshemmung nach einer Operation muss sehr genau erwogen werden. Aber auch die legendären Stützstrümpfe sind nicht unumstritten. Es gibt Studien, die ihren Effekt gänzlich widerlegen, andere bekräftigen ihn. Viel wichtiger ist, dass die Muskelpumpe im Bein wieder zu arbeiten lernt. Das beginnt - etwa bei der langen Flugreise - durch rhythmische Bewegungen der Beine, vor allem der Unterschenkel. Das geht auch in der Economy-Class.

Wichtig ist, dass die Mechanismen einer Thrombose ins allgemeine Bewusstsein gelangen. Diese Aufgabe übernahm jetzt der "Welt-Thrombose-Tag", an dem sich auch die Deutsche Gesellschaft für Angiologie beteiligte. In der Tat, nur wer bei Warnzeichen auch an eine Thrombose denkt und zum Arzt geht, wird sich die Komplikationen vom Leib halten können.

Verschlusssache nicht nur in Venen

Häufig wird die Thrombose im Bein ausschließlich dem venösen System zugeordnet. Das ist aber falsch. Sie kann sich auch in Arterien bilden, etwa bei der sogenannten peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), der "Schaufenster-Krankheit". Woher kommt der verniedlichende Spitzname? Die Betroffenen können keine langen Strecken gehen und müssen Pausen einlegen. Sie können zu ihrem Leiden eben auch durch thrombotische Komplikation kommen.

Meistens leiden pAVK-Patienten an Arteriosklerose, einer Erkrankung der Gefäße. Über die Gefäßablagerungen, die sogenannte Plaque, wächst mit der Zeit eine neue Gefäßinnenhaut. Wenn sie einreißt, tritt die typische Gerinnungskaskade in einer Wunde ein - ein Thrombus bildet sich, der aus Thrombozyten (Blutplättchen) und Fibrin (dem aktivierten Klebstoff der Gerinnung) besteht. Solche Thromben können das Gefäß ebenso verschließen wie Blutgerinnsel, die durch eine Herzrhythmusstörung wie Vorhofflimmern in die Hauptschlagader und im weiteren Verlauf in die Beinarterie ausgespült werden.

Die Embolie schadet dem Herz

Medizinische Erfahrung zeigt, dass bei einer tiefen Beinvenenthrombose die Lungenembolie nicht weit ist. Deshalb sollte man den Symptomen verstärkte Aufmerksamkeit schenken. Warum aber ist die Lungenembolie so gefährlich?

Je nach Größe des Embolus kann der Widerstand im Lungengefäß, gegen den das Herz anpumpen muss, so hoch sein, dass sich eine sogenannte akute Rechtsherzbelastung ergibt (das akute Cor pulmonale). Das Rechtsherz ist nur begrenzt in der Lage, diese Druckverhältnisse auszugleichen und sich für den Pumpvorgang noch weiter zusammenzuziehen. Die rechte Hauptkammer vergrößert sich und wird zunehmend funktionsunfähig. Das kann zum kardiogenen Schock und zum Kreisverlaufversagen mit Todesfolge führen. Denn wenn die Lungenstrombahn blockiert ist, kommt in der Folge auch nur wenig Blut im Linksherz an, welches das Blut in den Körperkreislauf pumpt.

Damit sind wir wieder auf Anfang. Ist der Kreislauf erst einmal gestört, sind die Folgen im System allenthalben zu spüren. Deshalb gilt zwingend: Wehret den Anfängen!

(RP)
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