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Umstrittenes Herbizid Wie schädlich ist Glyphosat?

Düsseldorf · Der chemische Wirkstoff wird in der Landwirtschaft seit Jahrzehnten als Unkrautvernichter eingesetzt, dabei halten ihn Naturschützer für gefährlich. Nun will die EU entscheiden, ob das umstrittene Herbizid seine Zulassung verliert.

Glyphosat ist auf den Äckern in Deutschland im Dauereinsatz.

Glyphosat ist auf den Äckern in Deutschland im Dauereinsatz.

Foto: Fotokostic/ Shutterstock.com

Alle reden derzeit wieder von Pestiziden, diesen Montag waren sie sogar Thema in der ARD-Krimi-Reihe "Tatort". Aktueller Treibsatz der Diskussionen ist das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, dessen EU-Zulassung am 30. Juni abläuft. Nach dem Willen des EU-Parlaments soll sie um weitere sieben Jahre verlängert werden, noch diese Woche will man darüber abstimmen. Die Bundesregierung hat sich noch nicht auf eine gemeinsame Haltung in dieser Frage einigen können.

Naturschützern zufolge wäre das sehr zum Schaden von Mensch und Umwelt, während ein Fachgremium der Weltgesundheitsorganisation WHO dem Herbizid kürzlich bescheinigte, "kein gesundheitliches Risiko für den Menschen" darzustellen.

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Wir geben einen Überblick zu einem chemischen Unkrautvernichter, der längst schon zum Symbol für einen Grundsatzstreit über die Zukunft der Landwirtschaft geworden ist.

Ein chemischer Wirkstoff, der in Pflanzenschutzmitteln zur Unkrautbekämpfung eingesetzt wird. Er verhindert die Produktion von Aminosäuren, so dass die Pflanze schließlich abstirbt. Nutzpflanzen allerdings werden mittels Gentechnik resistent gegen das Herbizid gemacht, und die Aminosäureproduktion bei Mensch und Tier wird von ihm ohnehin nicht beeinflusst.

Das Mittel wurde erstmal 1950 in der Schweiz synthetisiert. Seit den 1970ern wird es massiv in der Landwirtschaft eingesetzt. In erster Linie kommt es vor der Aussaat zum Einsatz, um die Äcker von Unkraut zu befreien.

Es wird von Monsanto und anderen globalen Firmen unter verschiedenen Namen vermarktet und ist das am häufigsten verkaufte Herbizid überhaupt. In Deutschland wird es auf rund 40 Prozent aller Ackerflächen verteilt, in einer Menge von knapp 6000 Tonnen pro Jahr. Der Einsatzschwerpunkt liegt im Norden und Osten Deutschlands, was man übrigens auch an den hohen Glyphosat-Werten sieht, die man im Bier aus diesen Regionen gefunden hat.

Im Labor führte es - in sehr hoher Dosierung - bei Mäusen zum Krebs. Entsprechend könnte es, wie die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) im März 2015 feststellte, auch beim Menschen krebserregend sein. Das WHO-Gremium "Joint Meeting on Pesticide Residues" (JMPR) bezweifelt allerdings, dass wir die dazu notwendigen Mengen im Alltag jemals aufnehmen könnten. Es bestünde daher "kein Risiko für den Verbraucher". Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilt diese Einschätzung.

Die wirtschaftlichen Folgen eines Glyphosat-Verbots wären erheblich, viele Landwirte müssten im Kampf gegen Unkräuter viel mehr Zeit und Arbeit aufbringen als bisher. Auch die Gentechnik, die die Nutzpflanzen resistent gegenüber Glyphosat macht, und damit das zurzeit zur Verhandlung stehende Freihandelsabkommen TTIP mit den USA würden einen Dämpfer bekommen. Es gibt jedoch keine Hinweise und erst recht keine Belege für entsprechende Abhängigkeiten von Gesundheitsinstitutionen wie dem BfR oder der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Glyphosat wird weniger aus dem Boden gewaschen und bakteriell schneller abgebaut als andere Herbizide, es ist daher als umweltverträglicher einzuschätzen. Nichtsdestoweniger sterben rund um die behandelten Äcker auch diverse Wildpflanzen, was sich negativ auf die Artenvielfalt - auch bei Tieren - auswirkt.

"Glyphosat ist wie andere synthetische Pflanzenschutzmittel im Ökolandbau verboten", erklärt Martin Ittershagen vom Umweltbundesamt. Allerdings können geringe Mengen des Unkrautvernichters von behandelten Äckern auf Öko-Flächen hinüberwehen. Problematische Werte wurden in Bio-Produkten bislang aber noch nicht beobachtet.

"Für konventionelle Landwirte gibt es derzeit keine chemische Alternative", betont Toxikologe Christoph Schäfers vom Fraunhofer-Institut für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Schmallenberg. Glyphosat sei vielmehr schon die umweltfreundlichere Alternative zu anderen Herbiziden. Somit bleiben nur nicht-chemische Strategien als Ausweg. Doch mechanische Unkrautbekämpfung, wie etwa das klassische Umpflügen der Äcker und das breitflächige Trockenlegen des Getreides, sind teurer als Glyphosat. Den Umstieg würde am Ende auch der Kunde im Geldbeutel spüren.

(RP)
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