Brennessel, Spitzwegerich, Löwenzahn Diese Wildkräuter eigenen sich für Salat

Düsseldorf · Wildkräutern eilt ihr Ruf als Unkraut voraus. Dabei hat das wilde Grünzeug nicht nur geschmacklich viel zu bieten. Besonders gut schmeckt es in Smoothies und Salaten.

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Foto: RP/Schnettler

Vor Brennnesseln wird man schon in jungen Jahren gewarnt: "Nicht anfassen, die brennen auf der Haut." Wer sich auf Wald- und Wiesenspaziergängen trotzdem an das Gewächs heranwagte und seine Finger danach ausstreckte, lernte seine Lektion auf die harte Tour. Dass die Brennnessel Zutat für einen köstlichen Smoothie sein kann, sie wie Spinat eine prima Beilage abgibt und nach dem Krieg ständig auf den Tellern der Großeltern landete, das ist eine Lektion, die erst nach und nach wieder gelernt werden muss.

Unkraut möchte niemand im Garten haben — und auf dem Teller schon gar nicht. Unkraut ist aber wildes Kraut, das nur einen schlechten Ruf hat — weil es wild wuchert, im Supermarkt nicht in der Gemüseabteilung zu finden ist und nicht wie andere Pflanzen geschmacklich optimiert wurde. Wildkräuter enthalten all die Bitterstoffe, die anderen Salaten oder Gemüsearten längst ausgetrieben wurden. Leider, sagt die zertifizierte Kräuterpädagogin Mica Frangenberg. Denn die Bitterstoffe sorgen für eine gute Verdauung. Daher gelten Wildkräuter seit jeher als Heilpflanzen. "Es sind Pflanzen, die die Menschen immer schon ernährt haben. Da steckt viel altes Wissen hinter", sagt Frangenberg, die in Köln die Wildkräuterei betreibt. Dort möchte sie Neugierige mit ihrem Wissen und ihrer Leidenschaft für die stiefmütterlich behandelten Kräuter anstecken.

Bioprodukte und nachhaltige Lebensmittel gewinnen immer mehr an Fahrt. Bei Wildkräutern hingegen will sich kein Trend einstellen. Für Mica Frangenberg kaum nachvollziehbar: "Mehr bio als frisch aus der Natur geht doch gar nicht", sagt sie. Sie findet ihre Lieblingswildkräuter wie Brennnessel, Beifuß, Giersch, Wegerich, Gänseblümchen und Löwenzahn direkt an der Quelle: am Boden — auf Wiesen und Feldern. "Am besten sucht man nach Wildkräutern auf Spielplätzen mit großen Rasenflächen, in Krankenhausparks und auf Friedhöfen." Was zunächst befremdlich klingt, hat durchaus seinen Sinn. Denn diese Orte liegen meist nicht direkt an der Straße und dort verrichten auch Hunde nicht ihr Geschäft. "Wir Menschen in der Großstadt müssen kreativ sein. In ländlichen Regionen hat man weniger Probleme damit, Wildkräuter zu finden", sagt die Kräuterpädagogin.

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Foto: dpa-tmn/Robert Günther

Die Suche nach den Vitaminbomben sollte ordentlich geplant werden, denn einige von ihnen haben giftige Doppelgänger. "Man sollte sich die Kräuter, die man sucht, vorher einmal zeigen lassen. Wer schon einmal an ihnen gerochen, sie gesehen und probiert hat, der verwechselt sie nicht mehr", sagt Frangenberg. An diesem Wochenende führt sie wieder viele Besucher durch ihre Wildkräuterei. Und die sollten Appetit mitbringen. "Die meisten Wildkräuter haben so einen fremdartig neuen Geschmack, dass man diesen einfach nicht mit dem Geschmack anderer Lebensmittel vergleichen kann." Spitzwegerich etwa ist ein wahrer Wandlungskünstler. Den kennen viele als Inhaltsstoff von Hustensäften oder Halsbonbons. Gekocht jedoch schmeckt er wie ein Champignon.

Wer sich — am besten in Begleitung eines ordentlichen Pflanzenbestimmungsbuches — auf die Suche nach Wildkräutern begibt, sollte sich zunächst auf drei bis fünf ihm bekannte Arten beschränken. Damit lässt sich schon eine abwechslungsreiche Mahlzeit zubereiten. Auch wenn man im heimischen Garten fündig geworden ist, sollte man die Kräuter abwaschen, sagt Kräuter-Expertin Helga Westerhuis. "Nur die Blüten nicht, sonst gehen die Inhaltsstoffe verloren", sagt sie. Wer etwa Kräuterlimo für Kinder zubereitet, kann die Kräuter vorher abkochen.

Die Menge macht's

Vor selbstgepflückten Pflanzen ekeln braucht sich aber niemand, sagt Westerhuis. "Wenn wir im Supermarkt einkaufen gehen, sind wir den Lebensmitteln dort viel weniger skeptisch gegenüber als den Pflanzen, die wir selbst aus der Natur pflücken", meint sie. Wichtig für Wildkräuter-Anfänger: die Menge macht's! "Das gilt besonders für die Smoothie-Fraktion", sagt Frangenberg. "Die muss aufpassen, dass sie sich am Anfang nicht übernimmt." Denn die Kräuter sind nicht nur reich an Vitamin C und Mineralstoffen. Sie sind auch verdauungsfördernd, entwässernd und blutneubildend. "Das ist wie ein Frühjahrsputz für den Körper", erklärt Westerhuis. Giersch etwa, der wie eine Mischung aus Petersilie, Staudensellerie und Möhre schmeckt, könne man ohne Probleme in großen Mengen verzehren. Vor allem die verdauungsfördernden Kräuter sind wegen ihrer Bitterstoffe so effektiv. "Aus unseren Lebensmitteln sind diese fast vollkommen herausgezüchtet worden. Bittere Lebensmittel lassen sich nicht so gut verkaufen, dabei sind sie wichtig für unsere Ernährung", sagt Mica Frangenberg.

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Foto: shutterstock/ pilipphoto

Nach der erfolgreichen Suche geht es an die Zubereitung. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Mit den Wildkräutern kann man Kräuterbutter, Soßen, Gemüsepfannen und Suppen verfeinern. Wildgemüse wie die Brennnessel werden ganz einfach wie Spinat gekocht und serviert. Die Kräuterexpertinnen haben aber auch ihre ganz speziellen Lieblingsrezepte. "Holunderlimonade kommt super gut bei Kinder an — und mit Sekt auch bei Erwachsenen", weiß Helga Westerhuis. Dazu nimmt sie einen Liter klaren Apfelsaft, gibt fünf Dolden (das ist die Pflanze ohne Stiel) Holunderblüten — die auch zu den Wildkräutern zählen — hinzu. Oben drauf kommt eine in Scheiben geschnittene Biozitrone und etwas Minze. Über Nacht zieht das Ganze durch die Säure im Saft im Kühlschrank gut durch. Der Auszug wird am nächsten Tag mit Wasser oder Sekt im Verhältnis eins zu eins aufgefüllt. Auch Smoothies sind leicht gemacht: Einfach nach Lust und Laube Obst (zum Beispiel zwei süße Äpfel) und Gemüse (eine halbe Avocado, eine Hand voll Spinat und eine Hand voll Wildkräuter wie Löwenzahn, Spitzwegerich, Klee, Sauerampfer und Gänseblümchen) mit einem halben Liter Wasser im Mixer verarbeiten — schon hat man einen grünen Smoothie.

Für die Grillsaison empfiehlt Westerhuis einen Schafgarbenquark, der auf Fleisch, Brot und im Salat für Schwung sorgt: Einfach Quark mit frischer Zitrone, Salz, Pfeffer, etwas Öl und einer Hand voll junger Blätter mit der Schafgarbe vermengen — fertig ist der Dipp. Wem es so gut schmeckt, dass er Nachschub braucht, der muss nicht in den Supermarkt fahren, sondern sollte sich einfach mal im Garten umsehen.

(jeku)
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