Cold Brew Wie kalter Kaffee zum schmackhaften Wachmacher wird

Düsseldorf · Früher kochte man Kaffee und ließ ihn kalt werden. Heute wird das Pulver kalt aufgegossen - und nach 48 Stunden stellen sich die Aromen beim Cold Brew ganz anders dar. Und dann lässt sich Kaffee sogar mit Tonic oder Saft kombinieren.

 Eisgekühlter Kaffee (Symbol).

Eisgekühlter Kaffee (Symbol).

Foto: Chalermsak/ Shutterstock.com

Beim Kaffeekochen gibt es Anhänger unterschiedlicher Schulen: Siebträgermaschine, Kapselautomat, Cafetière, oder doch der gute, alte Filterkaffee? Nur gut, dass es beim Cold Brew Coffee, dem kalt aufgebrühten Kaffee, keine Maschine braucht, sondern nur einen Kühlschrank. Denn gebrüht im eigentlichen Sinne wird bei dem kalten Kaffee gar nichts.

Die Kunden, die bei Olga Sabristova, Kaffee-Sommelier mit eigener Kaffee-Rösterei und Café "Die Kaffee" in Düsseldorf-Pempelfort, ihren ersten Cold Brew trinken, sind erst einmal überrascht. "Das ist schon eine ganz besondere Geschmacksexplosion", erklärt die 40-Jährige, die auch Seminare anbietet. Weil der "kalte Kaffee", der hier zu Lande für Langeweile, Fades und Altbekanntes steht, doch anders und ein wenig fremd schmecke, spricht sie gerne von der "Liebe auf den zweiten Schluck". Spätestens dann überzeugt er aber die Novizen.

Wer den Kaffee selber machen möchte, der braucht vor allen Dingen Zeit - für spontane Kaffeekränzchen ist diese Variante nicht geeignet. Denn zunächst wird frisch gemahlener Kaffee mit kaltem Wasser in einer Kanne aufgegossen. "Und dann stellt man ihn in den Kühlschrank und vergisst ihn dort erst einmal", sagt Sabristova. Nach ein bis zwei Tagen holt man ihn wieder raus. Dann hat sich das Pulver in der Regel am Boden abgesetzt und man kann den Cold Brew vorsichtig abschütten. Oder man gießt ihn noch durch einen Filter. Für die Dosierung rechnet man 20 Gramm Kaffee auf 200 Milliliter Wasser. Auch das Mahlen beeinflusst den Geschmack. "Je feiner die Bohnen gemahlen sind, desto herber wird der Geschmack", erklärt die Kaffee-Sommelière. Sie rät dazu, die Bohnen so zu zerkleinern, dass sie die Textur von braunem Zucker haben - dann sind sie perfekt.

Aber welche Bohnen sind gut geeignet? Denn ohne den richtigen Grundstoff, ein gutes Produkt, wird der Cold Brew misslingen. Tamas Fejer, der in Düsseldorf-Oberkassel mit der "Kaffeeschmiede" eine Rösterei samt Café betreibt und in Seminaren sein Wissen über die Bohnen vermittelt, empfiehlt mittelamerikanische Bohnen aus Guatemala, Nicaragua oder Costa Rica, die sehr ausgewogene Aromen und leicht nussige oder schokoladige Noten haben. Fejer wollte zunächst von dem neuen Trend nichts wissen. "Ich dachte, das ganze Gerede sei bloß Mumpitz", sagt er. Dann probierte er doch und ließ sich vom fruchtigen, fast schon süßlichen Geschmack überzeugen.

Wie der Name schon sagt, kommt die "kalte Brühe" aus den USA. Dort wird sie in den Kaffeebars serviert. Außerdem gibt es sie als Konzentrat auch schon fertig zu kaufen, oft mit Gewürzen wie Vanille oder Karamell aromatisiert, ähnlich den in Europa verbreiteten Sirups. Selbstverständlich bieten auch die großen Ketten wie zum Beispiel Starbucks den kalten Kaffee an. In den USA ist er bundesweit im Programm, in Deutschland wird er zurzeit in vier Hamburger Filialen getestet, um zu sehen, wie er bei den deutschen Kaffeetanten und -onkeln denn ankommt. Eine Auswertung steht noch aus, deshalb ist auch offen, ob weitere Filialen in anderen Städten mitmachen.

Beim Cold Brew schmeckt der Kaffee anders, seine Aromen setzen sich neu zusammen: Durch das sanfte Auslaugen im kalten Wasser verändert sich ihre Zusammenstellung. "Sobald Kaffee erhitzt wird, oxidiert er, verdickt sich, wird bitter, die Kaffeeöle werden ranzig", erklärt Fejer. "Beim Cold Brew hingegen wird der Kaffee sozusagen kastriert." Ihm werden die Röstaromen genommen, die Säuren, aber auch die karamellige Süße werden betont - die ganze Zusammensetzung des Geschmacks verändert sich. "Es wird ein frisches, leichtes Getränk", sagt Olga Sabristova - perfekt für den Sommer.

Den hippen kalten Kaffee kann man auf zwei Arten genießen: heiß und kalt. Für die heiße Variante wird das Cold-Brew-Konzentrat mit sehr heißem Wasser verlängert - sowohl Tamas Fejer als auch Olga Sabristova überzeugt der Geschmack aber nicht. Allein durch die Wärme habe man eine andere Geschmackserwartung, die nicht erfüllt wird. "Und die ganze Sache verliert ihren Sinn", sagt die 40-Jährige. Aber die kalte Variante ist der perfekte Sommerdrink: pur auf Eis, gemixt mit Milch, als Grundlage für den klassischen Eiskaffee. Sabristova serviert sie im Mischungsverhältnis 1:2 auch mit Orangen- oder Kirschsaft. Klingt ungewöhnlich, aber ihren Kunden schmeckt es. Tamas Fejer schichtet den kalten Kaffee sogar mit Tonic Water im Glas. "Hört sich verrückt an, schmeckt aber gut", stellt er fest.

Ob der Cold Brew allerdings wirklich besser bekömmlich ist, steht nicht wissenschaftlich fest. Ihm wird zugeschrieben, dass er milder und deshalb magenfreundlicher sei. Belege dafür fehlen, deshalb muss wohl jeder selbst ausprobieren, wie er ihm bekommt.

Ebenfalls Unklarheit herrscht beim Koffein-Gehalt. "Cold Brew hat mehr Koffein als heiß gebrühter Kaffee", sagt jedoch Olga Sabristova. Besonders, wenn er einem sehr gut schmecke, sei das unbedingt zu berücksichtigen.

(RP)
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