Kochen So gelingt selbstgemachter Glühwein

Glühwein ist oft der Sündenbock für den berüchtigten Weihnachtsmarkt-Kater. Dabei ist er selbst gemacht der perfekte Winter-Drink - genau wie andere heiße Cocktails.

Glühwein selber machen: Die besten Rezepte
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Er riecht ungemein verführerisch nach Kardamom, Zimt, Nelken und Vanille - doch nach der entscheidenden Tasse zu viel auf dem Weihnachtsmarkt rutscht der sonst so wohlschmeckende Glühwein auf der Beliebtheitsskala schnell in den Keller. Kein Wunder, denn die Mischung aus Zucker und Alkohol hat es oft ganz schön in sich. Dabei muss der Genuss dieses traditionsreichen Heißgetränks nicht mit einem Brummschädel enden - ganz im Gegenteil. Wer sich den Spaß macht und Glühwein selbst zubereitet, weiß genau, mit welchen Produkten gearbeitet wurde, und vermeidet ungewollte Nebenwirkungen. "Industrielle Produktion kann minderwertige Weine und andere Inhaltsstoffe enthalten, die im Zweifelsfall am nächsten Tag zu dem berühmten Kater führen", erklärt Jennifer Reisch, Sommelière und Restaurantleiterin des "HUGENpöttchen" in Essen.

Glühwein in seiner jetzigen Form - also als Heißgetränk und in Flaschen im Supermarkt zu kaufen - gibt es noch gar nicht so lange. Vor etwa 60 Jahren soll das Getränk in der Weinkellerei Kunzmann in Dasing bei Augsburg zum ersten Mal abgefüllt worden sein. Als Beweis für diese Pionierarbeit dient ein Bußgeldbescheid des Marktamtes der Stadt Augsburg wegen des Verstoßes gegen das Weingesetz. Das verbot damals, Zucker mit Wein zu vermischen. Den Siegeszug des Glühweins auf den Christkindlmärkten konnte dies jedoch nicht verhindern. Das Rezept indes basiert auf einem antiken römischen Würzwein, demzufolge Honig mit etwas Wein eingekocht und mit Pfeffer, Lorbeerblättern, Safran, gerösteten Dattelkernen und Datteln verfeinert wurde. Zum Schluss einen ordentlichen Schuss Wein drauf - fertig war der kalte Vorgänger des heutigen Glühweins.

Aber nun zum Selbstgemachten. Der hat gegenüber Gekauftem nicht nur den Vorteil, dass man Wein und Zuckergehalt selbst bestimmen kann, er bietet auch viel Raum für Kreativität. "Es gibt auch immer mehr Winzer-Glühwein, der sehr gut ist. Aber beim Selbstgemachten kann man seinen eigenen Geschmack verfolgen. Vielleicht probiert man es ja auch mal mit Piment und Wacholder", sagt Reisch. Gerade Allergiker könnten so auf Nummer sicher gehen, erklärt die Sommelière. Wichtig sei, dass man den Glühwein nicht kocht, sondern nur erhitzt, um die Aromen nicht abzutöten und den Alkohol nicht verdampfen zu lassen (ab 78 Grad Celsius). "Ich empfehle, die Gewürze zunächst vorsichtig zu dosieren und lieber später noch einmal nachzuwürzen, um die Aromen des Weines nicht zu überdecken", sagt Reisch.

Zu den klassischen Glühwein-Gewürzen gehören Nelken, Zimt, Orange, Vanille, Sternanis und Kardamom. Doch auch der Wein spielt eine wichtige Rolle. Der muss nicht immer teuer sein, sagt Reisch. "Es gibt gut gemachte Weine auch für den kleinen Geldbeutel. An sich sollten es eher fruchtbetonte Weine sein, da die Frucht beim Erhitzen noch mehr herauskommt." Bei weißem Glühwein passe sehr gut auch ein gereifterer fruchtsüßer Wein, somit muss man weniger Zucker hinzufügen.

Auch wenn der Selbstgemachte noch so köstlich ist, sollte man die heißen Alternativen wie Grog, Punsch, Jagertee, Kakao mit Schuss und Cidre nicht ignorieren. Experimentierfreude ist auch hier angesagt. Ein berühmter Spruch zu Grog lautet: "Rum muss, Zucker darf, Wasser kann (alles verderben)." Auf Helgoland etwa schwört man auf Eigelb als weitere Zutat - beide Varianten, klassisch und Eiergrog, sind eher etwas für Hartgesottene. Der Punsch stammt ursprünglich aus Indien. Pañc ist Hindi und bedeutet fünf, demnach gibt es fünf Zutaten: Arrak (Zuckerrohrschnaps), Zucker, Zitrone, Tee oder Wasser, Gewürzmischung. Englische Seefahrer brachten das Getränk im 17. Jahrhundert nach Europa - heute gibt es unzählige Variationen. Die Bekannteste ist die Feuerzangenbowle. Dabei wird trockener Rotwein mit verschiedenen Gewürzen (all diejenigen, die auch in den Glühwein gehören) erhitzt. Manchmal kommen Orangensaft, Kirschlikör oder Schwarztee hinzu. Anschließend wird ein Zuckerhut auf eine Zange gelegt und über dem Gefäß platziert. Auf den Zuckerhut träufelt man braunen Rum und zündet diesen an. Der Zucker schmilzt, karamellisiert und tropft in den Wein - Nachgießen erlaubt.

Das Baby unter den Winter-Getränken ist der Glüh-Cidre, also heißer Apfelwein. Dazu einfach etwas Zucker in heißem Wasser auflösen, je nach Geschmack Zimtstange, Ingwer, Zitrone oder Orange dazu, kurz aufkochen lassen, Apfelwein hinzugeben und ziehen lassen - aber nicht kochen, da sonst der Alkohol verfliegt. Danach das Ganze durch ein Sieb laufen lassen und heiß genießen.

Und jetzt: Ab an den Herd und Prost!

(RP)
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