Kochen Geschichten über den kulinarischen Familienschatz

Düsseldorf · 1967 begann die Oma eine Rezeptsammlung. Über Jahrzehnte wurde sie gepflegt und fortgeführt. Unsere Redakteurin Martina Stöcker erzählt die Geschichte des Kochbuchs ihrer Familie - und stellt traditionelle Rezepte daraus vor.

So gelingen Husarenbusserl
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So gelingen Husarenbusserl

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Foto: Krebs, Andreas

Liebe geht durch den Magen: 1967 bekam meine Mutter von ihrer Schwiegermutter ein Buch geschenkt, in das sie per Hand die Rezepte für Husarenbusserln, Krachkuchen und Igel eingetragen hatte. In vielen Jahrzehnten wurde die Sammlung ergänzt - ein Kochbuch als Familiengeschichte.

Vielleicht war es die Sorge um das leibliche Wohlergehen des Sohnes, vielleicht aber auch das Symbol dafür, dass meine Oma ihrer Schwiegertochter ein Stück Familiengeschichte übergab: "Weihnachten 1967, Mutti" steht auf der ersten Seite des Kochbuchs, das meine Mutter von ihr zu ihrem zweiten Weihnachten als Ehefrau geschenkt bekam. Unter dem Punkt "Bäckereien, Torten, Cremes" hatte meine Oma schon die Rezepte für die wichtigsten Weihnachtsplätzchen und Kuchen geschrieben. So wie den Igel, ein Rezept von 1905, den es auch heute noch zum Geburtstag gibt: Aus Biskuitstreifen und einer Schokoladen-Buttercreme wird ein Igel gebastelt, aus Mandelstiften entstehen die Stacheln.

Viele Rezepte in diesem Buch sind ein Stück Familiengeschichte, die Weihnachtsplätzchen zum Beispiel stehen bei jedem Adventskaffee auf dem Tisch — egal, bei wem man sich in diesem Jahr trifft. Andere Rezepte wurden in all den Jahren gesammelt, ausprobiert und bewertet. Als meine Schwester und ich auszogen, bekam jede von uns auch ein Kochbuch: die Klassiker der Oma als Fotokopie eingeheftet, neuere Rezepte von meiner Mutter ebenfalls per Hand eingetragen. Später kamen dann Ausschnitte aus Zeitschriften dazu — ganz so wie im Original-Buch von 1967.

So gelingt ein "Süßer Igel"
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Foto: Andreas Krebs

Heute gibt es Apps, die Rezepte sammeln und verwalten, aber irgendwie wirkt diese Art der Speicherung kühl neben diesem zerfledderten, x-mal in die Hand genommenen Buch. Einige Seiten haben allerdings arg gelitten: Sie sind bekleckst mit Kaffee, Fettflecken oder Eischnee-Schlieren. Auf anderen Seiten haben wir Kinder mit Filzstiften gekritzelt. Bei den alten Rezepten hat meine Mutter die Zeiten und Temperatur für moderne Backöfen ergänzt. Bei der Oma lautete die Anweisung immer nur "hellgelb backen", Schnickschnack wie Heißluft kannte sie nicht.

Bei anderen Gerichten steht, von wem meine Mutter sie bekommen hat oder bei wem sie ein Gericht zum ersten Mal gegessen hat. So stammt das Waffel-Rezept von Frau Schmitz, der ersten Vermieterin meiner Eltern. Die französische Austauschschülerin meiner Schwester hat ein Rezept für Schokoladenkuchen hinterlassen, eine Kalorienbombe aus einem Dutzend Eier und einem Pfund Schokolade. Der Kirsch-Mandel-Kuchen heißt nur "Rita-Kuchen", weil die Frau meines Onkels ihn in die Familie gebracht hat. Das Spritzgebäck geht laut Eintrag auf eine Tante Ritschi zurück. Wer das ist, weiß ich nicht, aber das könnte ich bei Gelegenheit sicher noch rausfinden.

Aufruf

Was ist Ihr Rezepteschatz? Wie sammeln Sie Rezepte? Elektronisch, in einem Buch oder als lose Zettelsammlung? Schreiben Sie uns und fotografieren Sie Ihr persönliches Kochbuch! Eine Auswahl der Einsendungen wollen wir in der Zeitung veröffentlichen.

Schicken Sie uns eine Mail mit Ihren Kontaktdaten an: report@rheinische-post.de

(mso)
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