Kochen Pulled Pork - Schwein zum Zupfen

Düsseldorf · Butterweiches Pulled Pork verdrängt allmählich die Gourmet-Burger. Das zwölf Stunden lang gegarte Schweinefleisch überzeugt mit rauchigem Aroma.

Pulled Pork - Rezepte, Kochanleitung, Grillen
Foto: Olga Miltsova/ Shutterstock.com

Zeit ist das, was ein Liebhaber des amerikanischen Barbecue am meisten braucht - zumindest, wenn er das Fleisch selbst zubereiten will. Und Hunger hat auf Pulled Pork, also gezupftes Schwein. Denn bis das Fleisch so weich wird, dass man es mit einer Gabel in feine Fasern zerzupfen kann, dauert es eine ganze Weile. Rund zwölf Stunden Garzeit veranschlagt der Kölner Spitzenkoch Sebastian Franke für ein großes Stück Schweinenacken im Schnitt, es können durchaus aber auch mal 20 Stunden werden.

Franke, der in Köln einmal gastronomischer Newcomer des Jahres gewesen ist, betreibt seit rund einem Jahr den Edelimbiss "Pigbull Barbecue" an der Aachener Straße in Köln und hat es zum Pulled-Pork-Experten gebracht. Aber wieso wechselt man von der Sterneküche zu vermeintlich profaner Grillkost? "Als ich vor drei Jahren zum ersten Mal Pulled Pork probiert habe, da war ich sofort begeistert", erzählt der 33-Jährige. "Daraus ist dann die Idee entstanden, einen eigenen Barbecue-Imbiss aufzumachen."

Mittlerweile ist Pulled Pork hierzulande aber kein kulinarischer Geheimtipp mehr, sondern buchstäblich in aller Munde. Die Art der Fleischzubereitung ist Bestandteil der amerikanischen Barbecue-Tradition, die seit einigen Jahren auch in Deutschland verbreitet ist. Nachdem es auf einigen Street-Food-Festivals angeboten wurde, habe sich Pulled Pork laut Franke explosionsartig verbreitet. Mittlerweile bieten sogar Fast-Food-Ketten und Pizzahersteller Produkte mit gezupftem Schweinefleisch an. "Trotzdem stehen bei uns jeden Tag Kunden im Laden, die noch nie etwas von Pulled Pork gehört haben", sagt Franke.

Diesen Menschen muss unbedingt geholfen werden. Zur Grundausstattung eines künftigen Fleischzupfers gehören ein Kugelgrill oder ein sogenannter Smoker. Denn Ziel ist es, den Schweinenacken oder die Schweineschulter möglichst lange bei einer konstanten Temperatur zu garen und zu räuchern. Während das im Smoker einfacher ist, weil er verschiedene Kammern besitzt, bedarf es in einem Grill etwas Trickserei. "Man schichtet dazu aus Briketts zwei bis drei nicht ganz vollständige Ringe entlang des Grillrandes - den sogenannten Minion-Ring", sagt Franke. Einmal angezündet, glüht die Kohle dann sehr langsam.

Dass das gleich beim ersten Mal funktioniere, will der Koch nicht versprechen. Das sei Trainingssache. Um dem Fleisch ein besonders rauchiges Aroma mitzugeben, empfiehlt es sich, vorher in Wasser eingelegte Holzchips dazuzulegen. Kohlen alleine reichen dafür nicht aus. "Hickory-, Mesquite- oder Apfelholz eignet sich sehr gut", sagt Franke. "Man schmeckt nachher aber nicht den Apfel heraus, sondern bekommt eben eine generell rauchigere Geschmacksnote."

Konstante Temperatur lange lange halten

Sehr wichtig beim Garprozess ist es aber vor allem, eine möglichst konstante Temperatur von 110 bis 120 Grad zu halten. Das lässt sich zum einen über eine Temperaturanzeige am Grill oder Smoker kontrollieren, zum anderen über ein Bratthermometer im Fleisch. "Es gibt auch eigens dafür entwickelte Apps", erklärt Franke. "Dann steckt ein Fühler im Fleisch und meldet die Temperatur an das Handy." Ein Trick, um im Grill eine möglichst konstante Wärmeentwicklung zu garantieren, besteht darin, eine Aluschale Wasser neben die Kohle zu stellen.

Da Wasser bei 100 Grad verdampft, bildet sich im Grill eine Wasserdampfglocke, die die Temperatur sozusagen auf die gewünschte Gradzahl reguliert. Fertig ist das Fleisch, wenn der Kern eine Temperatur von 94 Grad erreicht hat. Das dauert in der Regel zwölf bis 15 Stunden, der Garverlust beträgt etwa 30 Prozent.

Als Fleischstücke empfehlen sich beim Schwein Schulter und Nacken. Wichtig ist, dass das Fleisch marmoriert ist, also von Sehnen und Fett durchzogen. Erst sollte es zwölf Stunden in einer Marinade aus Trockengewürzen lagern und schon eine Zeit lang, bevor es auf den Grill kommt, aus dem Kühlschrank genommen werden - so kann es Raumtemperatur annehmen. Bei dem langen Garprozess sollte man als Anfänger aber nicht nervös werden, wenn die Kerntemperatur des Fleisches streckenweise nicht steigt.

"Das sind die sogenannten Plateauphasen", erklärt Franke. In dieser Zeit passiere zwar direkt nichts im Fleisch, aber die Fettmoleküle würden zu Collagen umgewandelt, Sehnen und Fasern zersetzten sich. "Dadurch wird es erst so zart und saftig, wie man es von Pulled Pork gewohnt ist."

Nach einem sehr langen Tag oder einer durchwachten Nacht hält man dann ein perfekt gegartes Stück Schwein in der Hand. Franke rät, das Fleisch in Alufolie zu packen und in einer Kühlbox, in die man zuvor zwei mit heißem Wasser gefüllte Flaschen gestellt hat, ruhen zu lassen. Nach 30 Minuten ist das Pulled Pork dann so weit: Es darf gezupft werden. "Wir machen das bei uns im Imbiss mit großen Stahlkrallen, es geht aber natürlich auch mit einer Gabel", sagt Franke. So butterweich und feinfaserig sei das Fleisch in der Regel, dass auch mit bloßen Fingern gezupft werden könne.

Serviert wird entweder im Hamburger-Brötchen je nach Gusto oder einfach auf dem Teller. Als Beilage eignet sich beispielsweise amerikanischer Coleslaw, aber das ist Geschmackssache. Genau wie die passende Barbecue-Sauce. Franke: "Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt."

Genausowenig wie dem Siegeszug des Pulled Pork. Für den Koch löst die Barbecue-Variante gerade den noch vorherrschenden Hamburger-Trend ab. Und der nächste Hype aus Amerika steht ebenfalls schon vor der Tür: Beef Brisket, ebenfalls lange gegarte Rinderbrust. Allerdings geschnitten, nicht gezupft.

(RP)
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