Quitte Harte Schale, dufter Kern

Düsseldorf · Quitten betören mit ihrem Duft, aber geben sich ein wenig unnahbar: Denn roh sind sie nicht zu genießen, und wer sie zerlegt, der wünscht sich mitunter ein Beil für die Küche. Wie Sie dem gelben Racker Herr werden können.

Quitte: Die richtige Zubereitung
Foto: M. Unal Ozmen/ Shutterstock.com

Wenn die Quitten in der Saftkelterei van Nahmen in Hamminkeln angeliefert werden, dann sitzt Peter van Nahmen in seinem Büro in einer Duftwolke. Nur wenige Meter liegen zwischen dem Hof und seinem Schreibtisch, und der betörende Geruch der Quitten schafft die Distanz locker. "Ihr Duft hat eine ganz besondere Vielschichtigkeit", sagt der Geschäftsführer. Quitten riechen für ihn nach Apfel, Zitrone, gereiftem Riesling - würzig und zugleich frisch. Früher, so erzählt van Nahmen, legten die Bauersfrauen Wert darauf, dass auf der Streuobstwiese des Hofes auch ein Quittenbaum stand. Sie legten die Früchte in den Kleiderschrank oder auf den Kaminsims, wo sie ihr Aroma verströmten. "Das war sozusagen das Parfüm, als es Douglas noch nicht gab."

Heute haben viele einen Quittenbaum im Garten und wissen wenig mit der Ernte anzufangen. Und so bekommt derjenige, der Interesse daran signalisiert, mitunter viele gut gemeinte Spenden. Aus Quitten lassen sich Saft, Gelee und Marmelade zubereiten. Oder man dünstet Spalten in Wein und serviert sie zu Wild . Das Obst erlebt ein kleines kulinarisches Comeback. Die Kelterei allerdings hat den Nektar (85 Prozent Fruchtanteil) von Konstantinopler Apfelquitte und Portugieser Birnenquitte schon seit mehreren Jahren im Programm. Der Küchenchef des Bundespräsidenten bereitet aus ihm zum Beispiel ein Gelee zu und benetzt damit Fleisch.

Damit spart er sich manche Mühsal, denn ihren Saft gibt die Quitte nicht so einfach her. Die Schale und das Fruchtfleisch sind hart, holzig und roh nicht zu genießen. Also muss man den Quitten mit roher Gewalt zu Leibe rücken. Manche versuchen sich mit stabilen Messern und wünschen sich spätestens nach zwei, drei Früchten ein kleines Beil. Andere zerlegen sie mit Hilfe einer Brotschneidemaschine. Egal, wie man es versucht - leicht macht es einem dieses Früchtchen nicht. Glücklich ist derjenige, der einen Schredder besitzt, wie die Saftkelterei. In Hamminkeln häckselt die Maschine das Obst in zwei bis drei Millimeter kleine Stücke, 100 Kilo ergeben etwa 80 Liter Saft. Wichtig: Vor dem Verarbeiten muss der ölige Flaum entfernt werden, er schmeckt bitter. Die Kerne schneidet man beim Entsaften hingegen nicht weg, sie geben Farbe und Aroma.

Wer Quitten gezielt sucht, der findet sie zu dieser Jahreszeit in türkischen Supermärkten in Hülle und Fülle. Denn in der Küche genießen die Früchte eine besondere Wertschätzung, sagt Orhan Tançgil, der unter dem Motto "Koch dich türkisch" Interesse an typischen Rezepten wecken will und in Düsseldorf auch Kochkurse anbietet. "In der Türkei - und nur dort - gibt es auch eine Sorte, die man roh auslöffeln kann", sagt Tançgil.

Für die typischen Süßspeisen müssen die normalen Früchte allerdings auch gekocht werden. Für Ayva-Tatlisi zum Beispiel - Quitten in Sirup - (Rezept siehe unten) werden sie im eigenen Saft mit Zucker langsam gekocht. "Je langsamer, desto aromatischer wird der Sirup." Andere mögen dabei vielleicht die Geduld verlieren - nicht ein türkischer Koch. "Wir sind das gewöhnt, dass Gerichte lange dauern", stellt Tançgil fest. Die türkische Küche sei Slowfood im besten Sinne. Ein ebenfalls beliebtes Gericht ist Hosaf, eine Kaltschale aus Quitten, die mit Nüssen, Trauben und Rosinen angereichert wird. "Sie wird am Tisch zu deftigen Gerichten gereicht", erklärt Tançgil. Und auch Peter van Nahmen genießt die Quitte am liebsten kalt als vitaminreiche Saftschorle.

(RP)
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