Kochen Senf - Der Scharfmacher

Düsseldorf · Senf ist eines der ältesten Gewürze der Welt. Es stammt aus Asien, wird heute aber in weiten Teilen der Welt angebaut. Es gibt ihn in zwei Sorten: braun und gelb. Die Rheinländer mögen ihn am liebsten scharf.

 Senf ob süß, mild oder scharf gehört zu den beliebtesten Saucen der Deutschen.

Senf ob süß, mild oder scharf gehört zu den beliebtesten Saucen der Deutschen.

Foto: Dani Vincek/ Shutterstock.com

Wie häufig Ruth Breuer ihren Senf dazu gibt, kann sie schwer sagen. In ihrer Monschauer Senfmühle aber entstehen am Tag rund 400 Kilogramm des gelben Gewürzes. In deutschen Haushalten kennt man es meist in den Abstufungen mild, mittelscharf und scharf und als Beiwerk zum Würstchen. In der Senfmühle, die Breuer und ihr Vater betreiben, ist das Angebot an Mostrich deutlich größer. Denn obwohl das Gewürz von Anbau und Herstellung her eher simpel daherkommt, sei es sehr vielfältig, meint Breuer.

Senf ist eine sehr alte Würzpflanze, die ursprünglich aus Westasien stammt. Schon in der Bibel taucht das Gleichnis vom Senfkorn auf, und "auch die Griechen und Römer würzten ihre Speisen schon mit dem scharfen Korn", berichtet Viola Vierk vom Gewürzmuseum in Hamburg: "Man sagt, das erste Rezept für Senf soll aus dem Jahr 50 nach Christus stammen." Heute wird die Pflanze mit den gelben Blüten in Gebieten mit ganz unterschiedlichen klimatischen Gegebenheiten angebaut, etwa in Osteuropa, Schweden, Äthiopien, Japan und den USA. Für den europäischen Markt wird bei der Herstellung vor allem Senf aus Kanada verwendet. Dort soll die Qualität am besten sein, sagt Vierk.

Marcus Freistühler von der Gewürzmühle Engels in Neuss dagegen sagt: "Ich habe noch nie Senf mit schlechter Qualität gesehen." Dies liege daran, dass die Pflanze beim Anbau eher anspruchslos sei. Guter Boden, Wasser, Sonne — schon wachse der Mostrich. Wahrscheinlich genau deswegen sei er ein sehr günstiges Gewürz. "Der Bockshornklee ist das einzige, das derzeit weniger kostet", sagt Freistühler. 6,50 Euro nimmt er in seinem Laden pro Kilogramm Senfkörner.

Im Gegensatz zu anderen Gewürzen wie etwa Pfeffer, bei denen sich Engpässe in schlechten Jahren deutlich auf den Preis auswirken, sei der Senf sehr verlässlich, berichtet der Gewürzexperte. Er erinnert sich nur an eine Ausnahme: Vor knapp zehn Jahren war es in Kanada überdurchschnittlich trocken, die Ernte fiel geringer aus. Der Preis stieg. "Allerdings nur um 50 Cent pro Kilogramm, das war nicht so schlimm", sagt Freistühler und lächelt.

Es gibt zwei Sorten Senf — gelb und braun. "Der braune, auch als schwarz bekannte Senf wird meist in der indischen Küche verwendet", sagt der Neusser. "Der gelbe ist der, den wir in Europa kennen." Für die Schärfe sei aber nicht etwa die Farbe ausschlaggebend, sondern der Grad an ätherischen Ölen. Je mehr Sonnenlicht die Pflanze bekommt, desto würziger ist der Geschmack. Für die Herstellung des Tafelsenfs werden die Körner gemahlen. In Monschau wird das Mehl nach alter Art in einem Maischebottich mit Wasser, Essig, Salz und Zucker vermischt und über Nacht gelagert. Ist das Senfmehl aufgequollen, treiben es zwei große Mühlsteine, in die kreisförmige Rillen eingearbeitet sind, nach draußen, erklärt Breuer. Der Senf ist fertig.

Industriell geht es natürlich schneller: Statt Steinen werden Metallplatten verwendet, und pro Stunde entstehen rund 30 Tonnen Senf. "Man kann ihn auch zu Hause herstellen", sagt Breuer. "Aber dann verliert er schnell die Schärfe." Gehalten werde diese durch das Vermahlen mit dem Stein oder der Platte. Ansonsten kann man in die Senfmaische mit reintun, was man möchte. So gibt es alleine in Monschau Mostrich mit Estragon, Knoblauch, Chili, grünem Pfeffer, Apfel-Meerrettich, Kümmel, Limone, Orange, Tomate, Johannisbeere und Riesling. Auch Senf mit Bier und Whisky gibt es, letzterer ist in Schweden sehr beliebt. Früchte wie Brombeeren machen den Senf rot, Feigen süßlich. "Süßer Senf passt zur Weißwurst und ist deswegen in Bayern sehr beliebt", sagt Freistühler. "Die Rheinländer mögen ihn lieber schärfer, dafür aber feiner."

Aber Mostrich eignet sich nicht nur zum Würstchen, sondern auch zum Würzen beim Kochen und Braten und wegen seiner stark konservierenden Wirkung auch zum Einlegen. Die kleinen Kügelchen, die etwa in Gurkengläsern schwimmen, sind Senfkörner. Auch Fleisch, beispielsweise Sauerbraten, könne man damit haltbar machen.

Eine Senf-Besonderheit verkaufen Miriam Seegers und ihre Mutter Marie-Luise in ihrem Gewürzhaus in der Düsseldorfer Altstadt: ABB-Mostert. Bei dessen Herstellung wird wie beim französischen Dijon-Senf statt Essig unvergorener Wein (Most) beziehungsweise heute eher üblich Branntweinessig verwendet. Die drei Buchstaben ABB stehen für den Namen des Entwicklers Adam Bernhard Bergrath. Seit dem 18. Jahrhundert wird der Düsseldorfer Mostert hergestellt. Seit 2012 ist diese Bezeichnung geschützt. "Düsseldorfer Mostert darf nur der Senf genannt werden, der auch wirklich in Düsseldorf hergestellt wird", berichtet Miriam Seegers. Kunden können ihn bei ihr im Geschäft entweder in ausgespülte Marmeladengläser pumpen lassen oder fertig abgepackt im traditionellen Steinguttopf bekommen.

Auch eine heilende Wirkung wird dem Senf zugesprochen. Beispielsweise soll er die Durchblutung fördern und wurde deswegen früher in Fußbäder gegeben. Allerdings sollte man damit sehr vorsichtig sein, warnt der Neusser Freistühler. "Wenn man zu viel Senfmehl nimmt oder die Füße zu lange drin lässt, kann es die Haut angreifen und sogar zu Verbrennungen führen."

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