Spirituosen Whisky - das flüssige Gold

Gute Whiskys sind Kunstwerke. Sie bieten uns eine Welt, die mit ihrer Aromenvielfalt entdeckt werden will. Kenner lassen sich Zeit, erspüren den Duft, genießen. Und sie verzichten auf Eiswürfel.

Zehn interessante Fakten über Whisky
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Foto: foodriver/flickr/CC BY-SA 2.0

Wenn in diesen Wochen die Sonnenstrahlen durch die sich langsam verfärbende Natur wandern, wenn die gelb bis rötlichen Blätter der Wälder warme Herbst- und Holztöne anlegen, fühlt man sich an einen guten Whisky erinnert. Es kommt einem vor, als ob die Natur sich selbst einen Drink genehmigt hätte und uns nun mit den opulenten Farben des Whiskys verzaubert. Und wenn die Farbenpracht nach kurzer Zeit verschwindet, wenn Nebel, lausiges Wetter und Kälte uns schaudern lassen, dann erinnert die Farbe des Scotchs an angenehme Stunden. Dann wärmt Whisky, und er zwingt uns zur Ruhe - hoffentlich.

Der Whisky kann aus Schottland stammen oder, was viel seltener ist, aus Düsseldorfs Altstadt. "Baas" ist ein Single Malt, den die Altbierbrauerei Uerige destilliert. Er ist milde, hat einen ausgewogenen Charakter und reift 36 Monate in amerikanischen Eichenfässern. Da er nur begrenzt verfügbar ist, gilt er wohl als der rarste Whisky weltweit. "Slyrs" ist ebenfalls ein sehr gepflegter deutscher Single Malt. Er stammt vom Schliersee in Bayern. Robert Fleischmann brachte in seiner Destille "Blaue Maus" 1983 den ersten fränkischen Malt auf den Markt. Er war damit der wohl erste Whiskyhersteller in Deutschland. Und dann wäre da noch "Preussischer Whisky". Er schmeckt erdig, ist kraftvoll und stammt aus der Uckermark.

Whisky ist weit mehr als ein schnöder Drink. Seine Freunde wissen das. Sie kippen ihn auch nicht, erspüren immer wieder seinen Duft, wärmen das Glas in der Hand und lassen ihn im Mund wandern, beatmen ihn durch die Nase und verzichten auf Eiswürfel. Alles andere wäre Frevel, denn gute Whiskys sind Kunstwerke. Sie bieten uns eine Welt, die mit ihrer Aromenvielfalt entdeckt werden will. Rund 800 Geschmackselemente haben Forscher inzwischen isolieren können. Wie sie sich zueinander verhalten und beeinträchtigen ist aber noch nicht eindeutig geklärt. Ist er scharf im Geschmack, ist er ausgewogen, hat er einen kompakten Rauchton oder kommt der Heideduft der Highlands durch?

Manche Whiskys sind 30, 40 oder 50 Jahre alt, einige noch älter. Sie sind selten und teuer. Vor Jahren schon musste man für die Rarität eines 50-jährigen Glenfiddich mehr als 7000 Euro hinblättern. Doch hohes Alter heißt nicht automatisch besser. Während dieser Jahrzehnte des Wartens und Reifens ruhten sie bewacht und behütet in den Lagerhäusern ihrer Destillerien. Ab und an machte der Malt Master seine Aufwartung, prüfte Farbe, Duft und Geschmack, und irgendwann holt er sie in die Gegenwart. Dann hatte das Fass den Höhepunkt des Ausbaues erreicht, dann konnte der Inhalt auf Flaschen gezogen werden - eine echte Rarität.

Whisky und Wein haben Gemeinsamkeiten. Beide wollen sorgsam behandelt werden. Beide verfügen über eine ungeheure Vielfältigkeit. Beide verführen zum Fremdgehen: Man soll halt nicht immer seine Lieblingssorte trinken, sondern geschmacklich experimentieren. Nur so werden Zunge und Gaumen trainiert. Das führt zur Kennerschaft und zum Wissen, welche Whiskys wann die beste innere Wärme spenden oder welcher am Wochenende zur blauen Stunde der Geeignete ist. Das alles setzt das Genießenkönnen voraus. Wer das nicht kann, der sollte, auch wenn er sonst ein netter Zeitgenosse sein mag, leise die Tür von außen zumachen.

Whisky wird auf der ganzen Welt destilliert. Der Begriff Whisky ist nicht geschützt. Geschützt ist aber die Bezeichnung Scotch. Wer ihn im Glas schwenkt, weiß, dass das edle Getränk aus den Highlands, den Lowlands, Campbeltown oder von den Inseln und da vor allem von Islay (hart, rauchig, man schmeckt das Meer) stammt.

Mehr als 105 Destillerien sind heute noch in Betrieb. Rund 40 Prozent des weltweiten Whiskys werden in Schottland hergestellt. Auch das Image des "schottischen Landweines" hat sich gewandelt. Es ist nicht mehr der Altherrentrank, bei dem man sich auf eine verklärte Lebensrückschau mit stierem Blick ins knisternde Kaminfeuer einlässt. Das entsprach auch nur selten der Wirklichkeit.

In Deutschland sind es heute die Leistungsträger der Gesellschaft zwischen Mitte 30 und Mitte 40, die die Hauptkäufergruppe bilden. Und immer mehr Frauen schätzen inzwischen das edle Getränk. Angefangen hatte dieser Trend wohl im 19. Jahrhundert. Oscar Wilde konstatierte: "Die Emanzipation der Frau ist nicht mehr aufzuhalten, seitdem die Damen dazu übergegangen sind, den Whisky nicht mehr heimlich zu trinken."

Man unterscheidet einen Blend von einem Malt (setzt sich aus verschiedenen Malts zusammen) und seinem noch exklusiveren Bruder dem Single Malt. Der ist ein unverschnittener Whisky aus 100 Prozent Gerste aus einer einzigen Destillerie, aber aus verschiedenen Fässern. Von einem Blend spricht man, wenn verschiedene Whiskys zu einem Markenprodukt gemischt werden. Es ist ein Getränk aus Malzwhisky (reine Gerste) und Grain Whisky (verschiedene Getreidesorten). Etwa 90 Prozent aller Scotchs sind Blends.

Wie viel verschiedene Malts heute den Markt fluten, ist kaum auszumachen. Es gibt Varianten nach Alter, Jahrgängen, Holzarten der Fässer und Spezialabfüllungen. Für den Malt Whisky ist 1963 ein Schlüsseldatum. Glenfiddich wurde zum Pionier und brachte den Warnungen der Branche zum Trotz den ersten Single Malt auf den Markt. Bis dahin war er nur Bestandteil von Blends. Glenmorangie und Macallan zogen Mitte der 70er Jahre nach. Heute ist der Siegeszug des Single Malts nicht mehr zu stoppen.

Nun kommt die nasskalte Jahreszeit und mir ihr die Erkältungen. Die Schotten geben augenzwinkernd gern ihr Gegenmittel weiter. Man lege sich ins Bett, hänge zuvor an den linken Bettpfosten einen Hut und genehmige sich Whisky, bis man am anderen Pfosten ebenfalls einen Hut sieht. Schade, dass es heute kaum noch Betten mit Pfosten gibt.

(RP)
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