Übergewichtige Haustiere Ach, du dicke Katze

Düsseldorf · Immer mehr Hunde und Katzen sind stark übergewichtig - und Herrchen und Frauchen merken es nicht einmal. Für die Tiere kann die Fettleibigkeit lebensgefährlich sein.

 "Pummelinchen" wurde im vergangenen September bei Schermbeck gefunden. Damals wog sie fast sieben Kilo (Archivbild).

"Pummelinchen" wurde im vergangenen September bei Schermbeck gefunden. Damals wog sie fast sieben Kilo (Archivbild).

Foto: Straßenkatzen Wesel und Hamminkeln e.V./Facebook

Es wird gekläfft, gebalgt, gesprungen und gerannt. Wenn Hunde miteinander spielen, kann es drunter und drüber gehen. Doch immer öfter kann man beobachten, dass sich einige Vierbeiner abseits von ihren tollenden Artgenossen aufhalten und lieber bei Herrchen oder Frauchen bleiben. Und das nicht etwa wegen ihres Alters, sondern wegen ihrer Körperfülle. Denn unter den vierbeinigen Haustieren in Deutschland grassiert das Übergewicht.

Nicht nur die Menschen, auch ihre tierischen Hausgenossen werden immer dicker. In einer Studie der Ludwig-Maximilians-Universität in München erwiesen sich 52 Prozent der Hunde und Katzen als übergewichtig. Das sind bis zu 30 Prozent mehr als vor 50 Jahren. Noch dramatischer ist die Entwicklung in den USA. Dort hat sich, wie Kirk Breuninger vom Banfield Pet Hospital in Vancouver ermittelt hat, "die Zahl der übergewichtigen Hunde und Katzen in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt". 59 Prozent der US-Katzen haben zu viel Speck auf den Rippen, bei den Hunden liegt die Quote mit 54 nur unwesentlich darunter.

Mögen die Speckpolster bei dem einen oder anderen Exemplar auch niedlich aussehen, medizinisch sind sie ein Desaster. "Bei übergewichtigen Katzen beobachten wir sehr oft Diabetes", warnt Breuninger, "und bei Hunden finden wir auch viele andere Erkrankungen, wie etwa Arthritis und Überfunktionen der Schilddrüse." Bis zu zwei Jahre Lebenszeit kann das Übergewicht kosten. Was bei einem Tier - das sonst zwischen 15 und 20 Jahre alt wird - enorm viel ist. Es ist ungefähr so, als wenn einem Menschen acht Jahre seines Lebens genommen werden.

Gründe genug, die Körpermaße von Hund und Katze im Auge zu haben. Sofern man bei ihnen, von oben betrachtet, keine Taille mehr sehen und ihre Rippen kaum noch ertasten kann, sollten die Alarmglocken schrillen. Dieses Signal sollte zum Tierarzt führen, der über die geeigneten Instrumente und Messtabellen verfügt, um das Gewicht medizinisch einzuordnen.

Das Problem: Die meisten Besitzer ignorieren die Gewichtsprobleme ihrer Haustiere. An der Ludwig-Maximilians-Universität befragte man über 1000 Tierhalter nach der Körperfülle ihrer Zöglinge, von denen die Wissenschaftler gut jeden zweiten als übergewichtig eingestuft hatten. "Trotzdem wurde von keinem Hundehalter und nur von zwei Katzenbesitzern das Übergewicht erkannt", betont Studienleiterin Nicola Becker. Die Liebe zum Tier macht blind.

Wie überhaupt ein Problem darin besteht, dass Herrchen und Frauchen ihre vierbeinigen Lieblinge verwöhnen wollen, denn das geschieht meistens übers Fressen. So dürfen Katzen damit rechnen, dass ihr Napf immer voller Futter ist. Wenn etwa Frauchen zur Arbeit aus dem Haus geht, füllt sie oft noch einmal die Schale bis zum Rand voll mit Katzenfutter. Und dabei wird in der Regel auf viel Abwechslung im Speiseplan geachtet. Das Pikante daran: Die Katze weiß das überhaupt nicht zu schätzen, weil sie als Fleischfresser nur einen schwachen Geschmackssinn hat.

Besser man gibt dem Stubentiger wirklich die Kalorien, die er braucht, nämlich rund 60 Kcal pro Kilogramm Körpergewicht. Was bei einem fünf Kilo schweren Tier auf 300 Kcal ausläuft - was voraussetzt, dass man die Kalorienwerte des Essens kennt. Wenn die Katze aus dem Haus darf und aktiv ist, kann man die Dosis auf 70 bis 80 Kcal erhöhen. Wobei man sich diese Erhöhung wieder erledigt, wenn das Tier kastriert ist, denn das geht auf den Stoffwechsel und Bewegungsradius.

Für den Hund existieren ähnliche Formeln. Allerdings kommt da erschwerend hinzu, das bei ihm Futterbelohnungen, also die "Leckerlis", zur Erziehung gehören: Gehorcht er brav den Befehlen seiner Halter, bekommt er oft etwas zu fressen. Woran prinzipiell nichts auszusetzen ist, insofern es den pädagogischen Erfolg erhöht. Doch wer am Tag viele Leckerlis verteilt hat, sollte dies bei der Hauptmahlzeit abziehen. Breuninger rät außerdem, die Leckerlis noch einmal zu zerteilen: "Denn der Hund empfindet sie auch noch als Belohnung, wenn sie kleiner sind."

Die Art des Hauptfutters spielt hingegen beim Übergewicht der Tiere keine Rolle. Becker und ihr Team hatten unter ihren Probanden sowohl Tierhalter, die Industriefutter verwendeten, als auch besonders fürsorgliche Besitzer, die ihre Lieblinge bekochten oder mit frischem Fleisch oder Fisch verköstigten. "Dies führte zu keinen Unterschieden im Ernährungszustand der Tiere", betont Becker. In Bezug auf die Ernährung des Menschen ist immer wieder zu hören, dass die moderne Fertigkost ihn immer dicker macht - für seine Haustiere scheint das jedoch nicht zu gelten. Sie bietet außerdem den Vorteil, dass auf ihren Verpackungen die Kalorienwerte angegeben sind.

Haustiere mit Übergewicht: Fünf Tipps für den schlanken Vierbeiner
6 Bilder

Haustiere mit Übergewicht: Fünf Tipps für den schlanken Vierbeiner

6 Bilder
Foto: Sergio Bertoni/shutterstock.com

Was aber Mensch, Hund und Katze in der Entstehung von Übergewicht eint: der Bewegungsmangel. Immer mehr Katzen verlassen nicht mehr das Haus, was in der Vogelwelt für Entspannung sorgt, aber den Stubentiger lethargisch werden lässt. Ein Kompromiss wäre, ihn rauszulassen und ein buntes Halsband anzulegen, was die Vögel nachgewiesenermaßen mehr warnt als ein kleines Glöckchen.

Beim Hund gibt es hingegen keinen Kompromiss: Als Nachfahre der als Langläufer bekannten Wölfe muss er täglich für einige Kilometer raus ins Freie. Außerdem stärken gemeinsamen Ausflüge die Bindung zwischen Mensch und Hund. Und das ganz ohne Leckerli.

Nicht jedes Diätfutter ist hilfreich

Hilfe Einige Tierkliniken und Tierärzte bieten bereits Sprechstunden zur Fettleibigkeit von Hunden und Katzen an.

Diät Eine "schmerzfreiere" Alternative im Kampf gegen tierisches Übergewicht ist Diätfutter. Sein Ziel: Das Tier bei reduzierter Kalorienzufuhr trotzdem satt zu machen. Das klappt bei Hunden naturgemäß viel besser, weil sie auch größere Ballaststoffmengen in ihrer Nahrung dulden.

Wirkung Die Zeitschrift "Ökotest" überprüfte im Jahr 2011 zwölf Light- und Diätfuttermischungen für Hunde. Nur die Hälfte von ihnen hielt, was sie versprochen hatten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort