Hundetrainerin beantwortet Leserfragen Wie kriege ich meinen Nachbarn dazu, seinen Hund zu erziehen?

Düsseldorf · Neben der Katze ist der Hund das liebste Haustier der Deutschen. Aber manchmal wissen Herrchen und Frauchen nicht weiter. Wir haben einer Hundetrainerin die Fragen unserer Leser gestellt.

 Knapp acht Millionen Deutsche sind Hundebesitzer (Symbolbild).

Knapp acht Millionen Deutsche sind Hundebesitzer (Symbolbild).

Foto: Shutterstock.com/ Jess Wealleans

Leserfrage: Ich möchte meinen Hund nicht mehr an anderen Hunden vorbeitricksen, indem ich ihn mit Leckerlis ablenke. Ich weiß mir aber nicht anders zu helfen. Deshalb meine Frage: Geht es überhaupt ohne?

Kirstin Müller Dieses Bild, dass Hunde nur deshalb an Artgenossen vorbeilaufen können, weil sie am Futterbeutel ihres Besitzers förmlich festkleben, sieht man draußen sehr oft. Mit Erziehung hat dies tatsächlich wenig zu tun. Besitzer, die glauben, ihren Hund nur mit Leckerlis kontrollieren zu können, werden zwangsläufig Situationen erleben, in denen sie handlungsunfähig sind. Was das ist, kann ganz unterschiedlich sein: etwa wenn man mal kein Futter griffbereit hat, der Hund satt ist oder beim Spaziergang ein Reiz größer ist als der zwölfte Hundekeks, zum Beispiel ein vorbeilaufender Hase. Die Gabe von Leckerlis ist letztlich nur Symptombekämpfung, der vermeintliche Gehorsam lediglich erkauft, denn der Hund befriedigt damit nur seinen Futtertrieb.

Richtige Erziehung funktioniert anders und nicht immer nur auf freiwilliger Basis, Einschränkungen und Frustration gehören dazu. Leider scheuen sich viele Halter vor Konflikten. Diese sind allerdings alles andere als negativ. Grenzen zu setzen, ist keine Schikane. Ein Hund sucht nach Stabilität und Verbindlichkeit. Eine Bindung zu ihm muss man sich erarbeiten. Der Hund sollte auf den Menschen fokussiert sein, nicht auf die Leckerlis und in jeder Situation gelassen bleiben. Neben der Führung durch den Menschen und verbindlichen Regeln, die es konsequent durchzusetzen gilt, ist es wichtig, mit dem sozialen Wesen Hund zu kommunizieren. Eine körperliche und verbale Bestätigung für ihn ist dabei nicht nur artgerechter, sondern auch wesentlich effektiver als eine Belohnung in Form von Keksen oder Wurststücken.

 Kirstin Müller leitet die Mobile Hundeschule Müller in Wegberg.

Kirstin Müller leitet die Mobile Hundeschule Müller in Wegberg.

Foto: Kirstin Müller

Wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, springt mich mein Hund immer an. Mir ist schon klar, dass er sich freut mich zu sehen, trotzdem frage ich mich, ist das so in Ordnung?

Müller Ein Hund, der einen anspringt, wenn man nach Hause kommt, mag vielen Haltern vielleicht glücklich und besonders freundlich vorkommen, aber das ist ein Irrglaube. Leider verstärken viele Menschen unwissentlich das Verhalten ihres Hundes durch Zuneigung im falschen Moment, weil man sich ja auch freut, ihn wiederzusehen. Dadurch vermittelt man ihm aber nur, dass es vollkommen in Ordnung ist, total aufgeregt zu sein und Menschen anzuspringen. In Wirklichkeit ist der Hund übererregt und rüpelhaft. Langfristig zahlt es sich aus, wenn man ihm beibringt, auch bei der Begrüßung ruhig zu bleiben. Denn ein ausgeglichener und ruhiger Hund ist weitaus glücklicher als einer, der nervös und wild umherspringt.

Unsere Golden-Retriever-Hündin knurrt uns an, wenn sie frisst und man in ihre Nähe kommt. Unsere zweite Hündin ist herzensgut und völlig unproblematisch. Was können wir tun?

Müller Zeigen Hunde ein derartiges Verhalten innerhalb des Rudels, sind die Menschen verständlicherweise verunsichert, angespannt und ängstlich. Nur werden durch solche Emotionen die Probleme noch verstärkt, weil diese dem Hund vermitteln, dass es hier keine starke Leitfigur gibt. Fehlen konsequente Regeln und Grenzen, versucht der Hund auf seine Art und Weise die Kontrolle zu übernehmen. Es ist keine Lösung, den Hund nun beim Fressen hinter verschlossenen Türen zu halten. Es sollte mithilfe eines Hundetrainers unbedingt vor Ort an der Ursache gearbeitet werden, um weitere Vorkommnisse mit noch schlimmeren Folgen zu vermeiden. Es muss Ihnen jederzeit möglich sein, in den Napf Ihres Hundes zu fassen oder ihm beispielsweise auch einen Knochen abnehmen zu können, ohne dass er Unmut äußert.

Wie erziehe ich meinen Nachbarn, damit er seinen Hund richtig erzieht?

Müller Nun ja, vielleicht würde hier ja ein nettes aufklärendes Gespräch unter Nachbarn helfen, in dem man sachlich und unaufgeregt die Dinge anspricht, die einen stören. Als Hundehalter hat man die Pflicht, sich mit seinem Vierbeiner in der Öffentlichkeit rücksichtsvoll zu verhalten. Manche Hundehalter sind sich möglicherweise gar nicht bewusst, dass andere Menschen das Verhalten ihres Hundes als Belästigung empfinden können. Mit einem respektvollen Umgang und Verständnis für seine Mitmenschen lassen sich die meisten Probleme lösen.

Sie haben auch Fragen an die Hundetrainerin? Schreiben Sie sie hier in die Kommentare - und wir beantworten sie in der nächsten Ausgabe!

(ham)
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