Wieder trauert Berlin um einen Eisbären Sechs Jahre nach Knut stirbt Eisbär-Baby Fritz

Berlin · Das kleine süße Pelztier mit den schwarzen Knopfaugen hatte in Berlin das Zeug zum neuen tierischen Star. Die Menschen liebten das kleine Raubtier. Doch die Geschichte von Eisbär Fritz endete jäh.

Wieder trauert Berlin um einen Eisbären: Sechs Jahre nach Knut stirbt Eisbär-Baby Fritz
Foto: dpa, dna wie hpl

Noch etwas ungelenk tapste das kleine Fellbündel um seine Mutter herum, machte sich durch spitze Quieklaute bemerkbar und schaute mit schwarzen Knopfaugen neugierig in die Kamera. Seit vier Monaten verzückte Eisbärenbaby Fritz die Berliner - obwohl sie ihn bisher nur von Fotos und Videoaufnahmen kannten. Eine Chance, das plüschige Mini-Raubtier im Freigehege des Tierparks zu beobachten, bekommen sie nun nicht mehr. Der kleine Fritz ist tot, er starb nach einer plötzlich aufgetretenen, momentan noch rätselhaften Lebererkrankung.

Dabei hatte alles so schön angefangen. Stolz verkündete der Berliner Tierpark - das Ost-Pendant zum deutlich bekannteren Zoo im Westen der Hauptstadt - am 3. November seine erste Eisbärengeburt seit 22 Jahren. Nachdem einer der Zwillinge bald darauf gestorben war, entwickelte sich der zweiten kleine Eisbär prächtig, umhegt und gepflegt von Mutter Tonja, einer siebenjährigen gebürtigen Moskauerin.

Wuchs da, zehn Jahre nach dem bis dato beispiellosen Hype um Eisbär Knut im Berliner Zoo, ein neuer tierischer Star heran? Per Kamera ließ der Tierpark die Öffentlichkeit früh teilhaben an dem jungen Bärenleben hinter den Kulissen. Schnell elektrisierten die Bilder von dem süßen weißen Bündel, das zuletzt immerhin schon 14,5 Kilo auf die Waage brachte, viele Menschen. Die Bestimmung seines Geschlechts Mitte Januar wurde ebenso zum Medienereignis wie die Suche nach einem Namen. Mehr als 10.000 Vorschläge gingen im Tierpark ein, selbst aus Japan oder Neuseeland. Eine Jury entschied sich schließlich für die wohl deutscheste aller Varianten: Fritz.

"Die Jungtiersterblichkeit bei Eisbären liegt bei 50 Prozent"

Allerdings machte Zoo- und Tierparkdirektor Andreas Knieriem auch von Anfang an deutlich: "Wir wollen keinen zweiten Knut." Zudem wies er auf die Risiken für den Kleinen hin: "Die Jungtiersterblichkeit bei Eisbären liegt bei 50 Prozent."

Die Warnung kam nicht von ungefähr, wie sich am Montag und Dienstag zeigte. Knieriem: "Das ist ein schwarzer Tag für den Tierpark und seine Besucher. Ich bin fassungslos, sehr traurig und deprimiert." Besonders schlimm sei, dass Fritz quasi innerhalb von zwölf Stunden aus unbekannten Gründen schwer erkrankt sei. "Wir haben derzeit keine Erkenntnisse, was dort genau passiert ist."

Nun hat die tragisch-faszinierende Geschichte "Berlin und seine Eisbären" also ein neues Kapitel. Das von Fritz ist kürzer als das von Knut. Der kam im Dezember 2006 zur Welt, auch in seinem Fall starb ein Geschwisterchen. Seine Mutter nahm ihn nicht an, Pfleger Thomas Dörflein zog das Fellknäuel mit der Flasche auf.

Die Menschen liebten Knut

Die einsetzende Begeisterung erwies sich als Goldgrube für den Zoo, elf Millionen Menschen kamen zum "Knutgucken", die Werbemaschinerie mit Fan-Artikeln lief auf Hochtouren. Knut lernt Tauchen, Knut in den Flegeljahren, Knuts erste Freundin - nichts blieb dem Publikum verborgen. Sein Pfleger erlebte vieles davon nicht mehr mit, er starb 2008 mit Mitte 40 an einem Herzinfarkt. Im März 2011 trieb dann Knut tot im Wassergraben: Gehirnentzündung. Heute steht er ausgestopft im Naturkundemuseum.

Um die 30 Eisbären leben derzeit in deutschen Zoos. Darunter ist im Münchner Tierpark ein noch namenloses Weibchen, das kurz nach Fritz zur Welt kam. Tierschützer lehnen die Haltung und Zucht von Eisbären in Zoologischen Gärten ab, weil dies bei den normalerweise nach viel Bewegung strebenden Tieren artgerecht nicht möglich sei. Die Organisation Peta warf den Verantwortlichen nach dem Tod von Fritz denn auch vor, Eisbärenbabys rein aus Marketing- und Profitgründen zu züchten und auf einen neuen "Knut-Effekt" zu setzen. Knieriem wies das als "Quatsch" zurück.

Zoologen sehen gerade die jungen Eisbären in Tierparks, die viel Publikum anziehen, als Botschafter für die in freier Wildbahn bedrohte Art. Wie lange Eisbären dort noch vorkommen, ist offen. Die Bestände der Raubtiere, die in arktischen Gefilden etwa in Alaska, Kanada oder Grönland leben, sind auf schätzungsweise 20.000 bis 25.000 geschrumpft. Vor allem der Klimawandel setzt ihnen zu.

(felt/dpa)
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