Ratgeber Wildschweine sind selten gefährlich

Eigentlich sind Wildschweine sehr friedfertige Tiere und haben Angst vor Menschen. Dennoch ist bei einem Zusammentreffen Vorsicht geboten.

Ein gemütlicher Waldspaziergang. Plötzlich bricht eine zornige Wildschweinmutter aus dem Gebüsch. Weit und breit kein anderer Mensch: Viele Leute gruseln sich bei dieser Vorstellung. Wer aber auf den Waldwegen bleibt und nicht ins Dickicht kriecht, begegnet nur in den seltensten Fällen einem Wildschwein.

"Man sollte sich daher über den Anblick erst einmal freuen", sagt Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung. "Nur in Extremfällen kann die Begegnung mit einem Wildschwein gefährlich sein." Die Waldbewohner sind sich ihrer Kraft durchaus bewusst. Im Grunde seien sie aber friedliche Tiere und nicht aggressiv: "Sie haben eher Angst vor Menschen."

Kein Wunder: Der Mensch ist der größte Feind für das Wildschwein. Eigentlich sind die Tiere tagaktiv, erst durch die Bedrohung der Jagd haben sie ihre Aktivität in die Dämmerung und Nacht verschoben. Wildschweine verstecken sich vor den Menschen und sind grundsätzlich harmlos. "Das Risiko, von einem Hund gebissen zu werden, ist deutlich höher."

Die weiblichen Wildschweine, sogenannte Bachen, leben mit ihren Frischlingen zusammen in Familienverbänden, den Rotten. "Zwischen acht und 30 Tiere bilden eine Rotte", erklärt Professor Theodor Mantel, Präsident der Bundestierärztekammer (BTK).

Männliche Wildschweine, die Keiler, sind dagegen Einzelgänger. Gefährlich ist es, wenn ein Mensch zwischen die Bache und ihre Frischlinge gerät. "Eine Bache verteidigt ihre Jungtiere auch mit dem Leben", erklärt Marcus Kühling, Geschäftsführer des Deutschen Forstvereins.

Früher bekamen Wildschweine nur im Frühjahr Frischlinge, mittlerweile werfen sie mehrmals im Jahr. Gründe dafür sind vor allem das verbesserte Futterangebot durch die vielen Maisfelder und die milden Winter. Die meisten Jungtiere werden zwischen März und Mai geboren.

"Gefährlich sind auch verletzte Keiler", erläutert Kinser. Wildschweine, die von einem Jäger nur angeschossen wurden oder durch einen Autounfall verletzt sind, verhalten sich besonders aggressiv. Wer auf ein solches Tier trifft, sollte schnellstmöglich die Polizei informieren. "Das sind einzelne, verletzte Tiere und die greifen immer wieder an."

Ob beim Spaziergang, Gassigehen, Mountainbiken oder Joggen - für den Waldbesucher gilt: Die Wege möglichst nicht verlassen. Das diene der eigenen Sicherheit, und das Wild werde nicht unnötig beunruhigt, erklärt Professor. Mantel. "Auf Spazierwegen können Menschen von den Tieren eingeschätzt werden", sagt Marcus Kinser, "und so werden sie nicht als Feind angesehen." "Am meisten gefährdet ist wohl, wer in der Dämmerung oder nachts quer durch den Wald läuft und Pilze sucht", sagt Kühling. Dann rechnen die Wildschweine nicht mit Menschen, und es kommt zu einem Überraschungseffekt. "Die Reaktion ist dann genauso verschieden wie bei Menschen: Die einen schlagen zu, die anderen suchen das Weite."

Im Normalfall huschen Wildschweine nur kurz über den Weg. Wer doch mal in die Nähe von einer Bache und ihren Frischlingen gerät, wird durch das laute Schnauben und Blasen der Bache vorgewarnt. "Wenn man das hört, am besten direkt den Rückzug antreten", rät Kühling. Und zwar in die Richtung, aus der man gekommen ist. Steht doch einmal ein Wildschwein direkt vor einem, gilt es, Ruhe zu bewahren.

"Ein Tier ist immer schwer einzuschätzen", sagt Marcus Kühling. Es bringe nichts, hektisch zurückzulaufen oder sich hinter einem Baum zu verstecken. "Mit einem Stock in der Hand das Wildschwein anzugreifen, ist lebensgefährlich. Denn wenn das Tier aggressiv wird, zieht man mit Sicherheit den Kürzeren."Am besten bewege man sich langsam zurück und behalte das Tier im Blick. Oder noch besser: einen Baum oder Hochsitz suchen und schnell hochklettern.

(RP)
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