Keine Bedürftigkeit Alg II: Auf Krankenversicherung achten

Berlin (rpo). Wenn der Antrag auf das Arbeitslosengeld II abgelehnt worden ist, sollten sich Arbeitslose schnell um ihre Krankenversicherung kümmern. Ansonsten drohe der Rauswurf aus dem Netz der gesetzlichen Krankenkassen, sagt Ulrike Steckkönig von der Stiftung Warentest in Berlin. Und wer einmal rausgefallen ist, so die Expertin weiter, habe es sehr schwer, wieder in das System zurückzukehren.

Schätzungen zufolge laufen Zehntausende Arbeitslose seit Wochen schon Gefahr, ohne Schutz da zu stehen - merken es aber nicht. Wer von seiner Arbeitsagentur als nicht bedürftig eingestuft wurde, ist auch nicht mehr automatisch bei seiner Kranken- und Pflegekasse weiterversichert. Ohne Bezug von Alg II entfällt die gesetzliche Pflichtversicherung. Die Arbeitslosen müssen sich selbst krankenversichern. "Viele wissen das gar nicht, dabei ist das Problem brenzlig", betont Verbraucherschützerin Steckkönig. "Kaum jemand hält es für möglich, dass man in Deutschland aus einer Pflichtversicherung rausfallen kann", weiß auch Heidemarie Krause-Böhm von der Verbraucherzentrale Bayern aus der Praxis.

Singles sollten schnell handeln

Wie viele abgewiesene Alg-II-Bewerber betroffen sind, könne bislang niemand genau sagen, betont Steckkönig. Allein im Januar wurden nach Angaben einer Sprecherin der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit 50.900 Anträge auf Alg II abgelehnt.

Für verheiratete Arbeitslose, deren Ehepartner noch Mitglied in einer gesetzlichen Krankenversicherung sind, gibt es wenigstens einen Ausweg aus der Misere: sie können sich als Familienangehörige beitragsfrei bei der Kasse des Ehegatten mitversichern.

Arbeitslose Singles haben diese Chance nicht. "Für sie heißt es schnellstens handeln", mahnt Krause-Böhm. Die Betroffenen sollten sich rasch mit ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen. Denn es wird von ihnen erwartet, dass sie sich nach der Ablehnung selbst um einen freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungsschutz kümmern. Oder dass sie sich privat absichern. Die abgelehnten Alg II-Bewerber müssen den vollen Beitrag künftig aus eigener Tasche zahlen oder sich dabei vom vermögenden Partner helfen lassen.

Ganz wichtig ist die Einhaltung der Dreimonatsfrist: Nach Eingang des ablehnenden Bescheides der Arbeitsagentur muss eine freiwillige Weiterversicherung zwingend schriftlich bei der Krankenkasse beantragt werden. Wer diese Zeitspanne verpasse, fliege aus der Kasse raus - und stehe damit schneller als er glaubt ohne Versicherungsschutz da, warnt auch Daniela Hubloher von der Verbraucherzentrale Hessen.

Zeit läuft

"Die Zeit läuft für viele", schlägt Steckkönig Alarm. Wer seinen negativen Bescheid schon seit Wochen daheim habe, müsse schnell in die Gänge kommen. Wird die Frist versäumt und ist die Kündigung der Kasse da, ist es zu spät für Rettungsversuche. Gefeuerte Kassenpatienten dürfen auch von keiner anderen gesetzlichen Kasse mehr aufgenommen werden. Sie müssen sich entweder privat absichern oder ganz ohne Schutz leben - es sei denn, der Betroffene wird wieder versicherungspflichtig, wenn er beispielsweise eine Stelle gefunden hat.

Wer es noch rechtzeitig schafft, sich um eine freiwillige gesetzliche Krankenversicherung zu kümmern, sollte folgendes wissen: Der Beitrag orientiert sich bei freiwilligen Mitgliedern an der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das Partnereinkommen wird angerechnet. Unter Umständen fallen dann recht hohe Beiträge an. Selbst wenn jemand von seinen Ersparnissen lebt und kein laufendes Einkommen hat, geht die Kasse von einem Mindestverdienst von 805 Euro im Monat aus, erläutert Stiftung Warentest. Eine Kasse mit einem Beitragssatz von 14 Prozent verlange dann beispielsweise 112,70 Euro im Monat plus 14,89 Euro für die Pflegeversicherung (für Kinderlose).

Steckkönigs Tipp: Liegt das Einkommen eines Betroffenen nur knapp über der Bedürftigkeitsgrenze für Alg II, kann man bei der Arbeitsagentur einen Zuschuss zu den Kassenbeiträgen beantragen. Die maximale Förderung beträgt 125 Euro monatlich für den Krankenschutz und 15 Euro für die Pflegeversicherung.

(ap)
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