Werkstattzwang Wenn der Versicherer die Rechnung kürzt

Düsseldorf (RP). Massiv versuchen Autoversicherer, Unfallopfer in günstige Werkstätten zu steuern. Dafür werden Rechnungen mitunter willkürlich gekürzt. Nur wer sich wehrt, erhält den vollen Schadenersatz oder kann die Werkstatt seiner Wahl aufsuchen.

Versicherungen: Freie Wahl oder Werkstattzwang?
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Foto: ddp

"Das Gutachten des Sachverständigen wurde durch die DEVK deutlich gekürzt. Und zwar auf das Niveau von zwei günstigen Werkstätten, die die DEVK meinem Mandanten vorgeschlagen hat", sagt Ulrike Karbach von der Rechtsanwaltskanzlei Hecker, Werner, Himmelreich & Nacken aus Köln. Doch die beiden Wunsch-Werkstätten des Versicherers liegen gar nicht in Köln. Der unschuldig Geschädigte soll für die günstige Reparatur aufs Land fahren - oder Kürzungen seiner Rechnung hinnehmen.

Mit solchen und anderen Forderungen versuchten Autoversicherer, die Reparaturkosten zu senken. "Wenn da eine Fachwerkstatt um die Ecke vorgeschlagen wird, ist dagegen nichts einzuwenden", sagt Verkehrsjuristin Karbach. Doch oft werde ohne nähere Begründung gekürzt. "Das passiert bei fast allen Autoversicherern seit knapp einem Jahr", so die Anwältin. Dabei habe der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: VI ZR 398/ 02) klar gemacht, dass der Kunde ein Recht auf die Reparatur in einer Fachwerkstatt habe und die sogenannten Stundenverrechnungssätze nicht einfach auf durchschnittliches Niveau gekürzt werden dürften. Nach Einschätzung der Juristin sind die Rechnungskürzungen ein Schuss vor den Bug der Geschädigten: "Man prüft damit, ob der Betroffene einen Anwalt oder eine Rechtsschutzversicherung im Hintergrund hat."

Bleibt das Unfallopfer hartnäckig und klagt, wird in aller Regel die volle Entschädigung gezahlt, wie Karbach sagt. Grundsätzlich haben Autofahrer das Recht, Schadenersatz mit Hilfe eines Anwalts durchzusetzen. Diese Kosten muss der Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallgegners bezahlen. Welche Ansprüche Geschädigte haben, listet die Broschüre "Auto und Versicherung" des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft auf:

- Bei Personenschäden muss der gegnerische Versicherer alle Heilungskosten zahlen, auch wenn die vorab erst einmal von der Krankenkasse übernommen werden. Bis zur Eingliederung in den Beruf muss der Versicherer auch in diesen Fällen einen Ersatz für Verdienstausfall und zusätzliches Schmerzensgeld zahlen. Verletzten wird neuerdings zusätzlich immer öfter ein so genanntes Reha-Management angeboten: Der Versicherer unterstützt Unfallopfer intensiv, um sie wieder in einen Job einzugliedern. Gleichzeitig übernimmt die Assekuranz teure Spezialbehandlungen und Kuren - auch im Ausland.

- Im Todesfall zahlt der Autoversicherer die Begräbniskosten, Unterhalt für nahe Angehörige sowie Schadenersatz für die entgangene Haushaltführung, wenn die Hausfrau oder der Hausmann getötet wurde.

- Für das Fahrzeug werden Abschlepp- und Reparaturkosten übernommen. Während der Werkstattzeit oder der Wiederbeschaffungszeit darf der Geschädigte einen Mietwagen fahren, oder er kann ein Tagegeld, den Nutzungsausfall, kassieren. Die Höhe hängt vom Automodell ab (siehe Grafik). "Gutachterkosten werden ab einer Schadenhöhe von rund 800 bis 1000 Euro ersetzt", erläutert Anwältin Karbach. Außerdem hat der Geschädigte Anspruch auf Wertminderung, Wiederbeschaffungswert bei einem Totalschaden, An- und Abmeldekosten sowie die Anwaltskosten.

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