Sicherheitsgründe vorgeschoben? Handy-Verbot im Krankenhaus wankt

Düsseldorf (RP). Weil sie angeblich hochempfindliche medizinische Geräte stören könnten, sind Mobiltelefone in den meisten Krankenhäusern auszuschalten. Die meisten Patienten und Besucher nehmen das bislang widerspruchslos hin. Doch die Bastion wankt.

"Das Handyverbot ist nicht mehr zeitgemäß und zudem unnötig", sagt Rainer Brase, Sprecher der Geschäftsführung des Klinikums Region Hannover. Eine Beeinträchtigung medizinischer Geräte sei so gut wie auszuschließen. Mitarbeiter nutzten schließlich schon länger ihre Handys, ohne dass die medizinische Versorgung jemals gefährdet worden sei. Folge: In diesen Tagen sollen die Verbotsschilder in den zwölf Häusern des Klinikums entfernt werden.

Aus den gleichen Gründen fiel bereits Ende Februar das Handyverbot in den Unikliniken Frankfurt. Nur in den Operationsräumen und Intensivstationen sind Handys noch untersagt. Das St. Elisabeth-Hospital Meerbusch-Lank verzichtet sogar schon seit August auf die Maßregelung von Patienten und Besuchern. "Wer die Handymanie einschränken und Ruhezonen wahren will, sollte das dann auch so begründen und keine Sicherheitsbedenken vorschieben", sagt Dr. Stefan Ewerbeck, Chefarzt der Inneren Medizin in Meerbusch.

Sicherheitsabstand erforderlich

Die Kritiker sind sich einig: Wenn ein Sicherheitsabstand von einem Meter zu medizinischen Apparaturen gewahrt werde, bedeute ein eingeschaltetes Mobiltelefon keine Gefahr. Fehlfunktionen der Technik seien nahezu ausgeschlossen. Studien bestätigen das. Bei 300 Stichproben mit zwei Handys, in denen alltägliche Situationen im Krankenhaus nachgestellt wurden, fanden Forscher der Mayo-Klinik im amerikanischen Rochester keinen einzigen Nachweis, dass ein Mobiltelefon die Geräte auf der Intensivstation oder in anderen Bereichen beeinträchtigt hätte. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam vor acht Jahren eine Studie des Instituts für Medizintechnik der Universität Gießen.

Ob jetzt immer mehr Kliniken das Handyverbot aufheben, bleibt offen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft jedenfalls hält an ihrer Empfehlung eines generellen Handyverbots fest. Zwar treffe jede Klinik ihre eigene Entscheidung, "die große Mehrheit setzt die Empfehlung aber weiterhin um", versichert deren Pressesprecher.

Tatsächlich ließen sich die Krankenhäuser vorwiegend von massiven wirtschaftlichen Interessen leiten und hätten ungeniert den Geldbeutel ihrer Patienten im Visier, monieren dagegen Verbraucherschützer. Viele Kliniken finanzierten mit den Einnahmen gar ihre gesamte Telefonanlage. Fakt ist: Oft müssen Patienten eigens Telefonkarten kaufen und eine Grundgebühr zahlen, auch wenn sie noch gar nicht telefoniert haben. Immer mehr Kliniken verwenden zudem eine 0180-er Nummer, die oft teurer ist als eine normale Verbindung.

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