Regelungen beachten Hecken und Zäune - wenn Nachbarn streiten

Bochum (rpo). Wer frischgebackener Hausherr ist, möchte natürlich auch seinen Garten so gestalten und einzäunen, wie es ihm gefällt. Doch dadurch sind Konflikte mit den Nachbarn vorprogrammiert. Denn kaum ein Thema sorgt für soviel Zoff wie der Standort von Hecken oder Zäunen.

Über die Frage, wie hoch welcher Busch in welchem Abstand zum Nachbarn wuchern darf, entbrennen immer wieder Auseinandersetzungen. Dabei scheint es auf den ersten Blick ganz einfach: Grundsätzlich sollten Nachbarn sich einigen, ob und wie sie ihre Grundstücke einfrieden wollen. Ist das nicht möglich, gibt es zahlreiche rechtliche Vorgaben, an die sie sich halten können.

"Das Bürgerliche Gesetzbuch, das Nachbarschaftsrecht der Länder und die Bauvorschriften der Kommunen regeln die Einfriedungen", sagt Bettina Schmidt, Rechtsanwältin aus Frankfurt. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) legt zunächst fest, dass Grundstücksgrenzen im "Abmarkungsverfahren" präzise festgelegt werden. Die Kosten dafür tragen die beteiligten Grundstücksbesitzer.

Das trifft auch auf den Unterhalt der Einfriedungen zu: "Stehen ein Zaun oder eine Hecke genau auf der Grenze, gehören sie beiden Nachbarn und sind von beiden zu bezahlen und zu pflegen", erläutert Erhard Väth, Vorsitzender des Bundes der Schiedsmänner und Schiedsfrauen (BDS) mit Sitz in Bochum.

Ein kleiner, aber wichtiger Unterschied dazu liegt vor, wenn sich eine Einfriedung nicht auf, sondern an der Grenze befindet. "Dann ist derjenige zum Unterhalt verpflichtet, auf dessen Grund sie steht", sagt Väth. Das sei etwa der Fall, wenn nur einer der Nachbarn einen Zaun aufstellen will. Pflicht sind Einfriedungen nicht, Eigner von Grundstücken können darauf verzichten - vorausgesetzt "sie sind sich einig", betont Stefan Obermeier, Rechtsanwalt aus München. Auch Eigentümergemeinschaften könnten nur gemeinsam entscheiden.

Je höher, desto größer der Abstand

Das Nachbarschaftsrecht der Länder legt etwa Grenzabstände für Pflanzen fest. Die Faustregel lautet: "Je höher die Hecke wachsen soll, desto größer muss ihr Abstand zur Grenze sein", sagt Anwältin Schmidt. Sonst nehmen die Pflanzen dem Nachbarn unter Umständen Licht und Sonne weg, und neuer Ärger droht.

Die Vorschriften unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. In Thüringen und Sachsen-Anhalt etwa ist für Hecken bis zu einer Höhe von 1,20 Meter ein Abstand von 50 Zentimetern erforderlich, in Hessen und Niedersachsen sind es nur 25 Zentimeter. Innerhalb von fünf Jahren können Nachbarn das Beseitigen einer Hecke verlangen, falls die Entfernungen nicht eingehalten werden. Auf der Grenze stehende Hecken sollten aber nicht einseitig weggerissen werden: "Fühlt sich der andere geschädigt, kann er Ersatz verlangen", warnt Schmidt.

Streitpunkt Pergola

Gemeinsame Zäune aus künstlichem Material wiederum dürfen nicht einseitig begrünt werden - selbst dann nicht, wenn Efeu oder Wilder Wein zusätzlichen Sichtschutz bieten. "Beim Carport oder einer Pergola geht der Streit oft um den Bewuchs", weiß Schiedsmann Erhard Väth. Wer Ärger wegen einer Bepflanzung vorbeugen will, kann Rat bei einen Gartenbaufachbetrieb einholen.

Generell ist auch Sichtschutz mit Bastmatten, Holzwänden oder Windschutzplanen nach Worten der Experten ein "hochsensibles Thema", weil es die Intimsphäre berührt. Hier ist ebenfalls Absprache wichtig: "Ohne Einverständnis des Nachbarn geht es nicht", sagt Anwältin Schmidt. Einen missliebigen Sichtschutz wegzureißen, ist Sachbeschädigung und damit strafbar.

Höhe als Problem

Üblicherweise darf ein Sichtschutz nur 1,20 Meter hoch sein, sagt Erhard Väth. Kommunen können in ihren Bebauungsplänen aber anderes festschreiben: Die Stadt Bad Vilbel (Hessen) zum Beispiel erlaubt in einem Neubaugebiet Terrassenabgrenzungen bis zu zwei Metern Höhe. "1,20 Meter hat für Diskussionen gesorgt. Darauf haben wir reagiert", sagt Claus Biermann, zuständig für die entsprechenden Bebauungspläne.

Diese örtlichen Pläne sind laut Stefan Obermeier bei Einfriedungen "das größte Hindernis". Mit ihnen regeln die Gemeinden zum Teil alles von der Farbe des Hausdachs über die Art zu pflanzender Grenzgehölze bis zu Höhe und Material eines Zauns. Zweck sei es, ein einheitliches Erscheinungsbild des Ortes zu erreichen. Bayerische Landgemeinden schrieben etwa Jägerzaun vor. Fachleute sprechen von Ortsüblichkeit.

Kommunale Satzungen helfen

Wie detailliert solche Regelungen ausfallen können, zeigt das Beispiel Bad Vilbel. Dort sind Latten, Holz und Metall als Material für den Zaun zulässig. "Maschendraht muss hinterpflanzt sein, gemauerte und betonierte Sockel sind unzulässig", sagt Biermann. Zur Orientierung in Sachen Ortsüblichkeit rät Schmidt Grundstückseignern, einen Blick in andere Gärten und dann in die kommunalen Satzungen zu werfen. Ist weder dort etwas festgelegt noch Ortsüblichkeit erkennbar, greift unter Umständen das Nachbarschafsrecht der Länder.

Die Ortsüblichkeit kann nach Erfahrungen der Schiedsleute auch in Streitigkeiten nach Besitzerwechseln die Richtung weisen: "Reißt der neue Eigentümer den alten Jägerzaun ab und ersetzt ihn durch Maschendraht, fängt ihn unter Umständen die Ortsüblichkeit ein", sagt Erhard Väth. Über immerhin eines lässt sich dabei aber kaum streiten: über den Geschmack. "Ob der Jägerzaun von braun auf lila umgestrichen wird? Das ist wie die Gartenzwerg-Problematik - ästhetische Eindrücke sind normalerweise nicht geschützt."

(gms)
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