Hartz IV-Empfänger Mit Untervermietung den Zwangsumzug verhindern

Berlin/Leipzig (rpo). Schlechte Nachrichten für Empfänger von Arbeitslosengeld II: Einige tausend müssen sich eventuell noch in diesem Jahr eine neue Bleibe suchen. Der Grund: Ihre bisherige Wohnung wird von den Behörden als zu groß oder zu teuer eingestuft. Sie gilt im Amtsdeutsch als "nicht angemessen". Daher übernehmen die Kommunen für Alg II-Bezieher nicht mehr die vollen Kosten für die Unterkunft. Um dem Umzug zu entgehen, gibt es aber beispielsweise die Möglichkeit der Untervermietung.

"Nach den Hartz IV-Gesetzen darf nur angemessener Wohnraum bezahlt werden", erläutert Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund (DMB) in Berlin. Nach dessen Prognosen werden 2006 eine halbe Million Haushalte aufgefordert, ihre Wohnkosten zu senken. Verlässliche Daten fehlen, weil nicht alle Kommunen Zahlen erhoben haben. Stichproben des DMB zufolge wohnen in Leipzig rund 3120 Haushalte zu teuer, in Bochum 2400, in Görlitz 1000.

Die Kommunen und die für Hartz IV-Empfänger zuständigen Arbeitsgemeinschaften entscheiden, welche Miete und Wohnungsgröße angemessen ist. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in einer Broschüre Richtwerte vorgegeben. Demnach stehen einem Single zwischen 45 und 50 Quadratmeter Wohnfläche zu. Zwei Personen 60 Quadratmeter oder zwei Zimmer, drei Personen 75 Quadratmeter oder drei Zimmer. Diese Größen würden "gemeinhin als üblich angesehen", ergänzt Ropertz.

Orientierung am Mietspiegel

Die Berechnung der Miete orientiert sich in der Regel am örtlichen Mietspiegel. So soll der unterschiedlichen Situation auf dem Wohnungsmarkt Rechnung getragen werden. "In Stuttgart sieht der anders aus als in Berlin", sagt Bernhard Theobald vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge in Berlin. Den Mietspiegel handeln Vermieter, Mietervereine und Kommunen aus. Dem DMB zufolge gibt es daneben Modelle, die auf Pauschalen, den im Wohngeldgesetz festgelegten Sätzen oder auf Mieten für Sozialwohnungen beruhen.

Nach Angaben des Eigentümervereins Haus & Grund Leipzig bekommen Alg II-Empfänger in Leipzig maximal 6,17 Euro Warmmiete pro Quadratmeter bezahlt. Die Stadt toleriere jedoch gewisse Abweichungen noch oben. In Offenbach werden nach Auskunft der Stadt Baujahr und Zustand der Wohnung mitberücksichtigt. Auskünfte zu den örtlichen geltenden Regeln geben Kommunen und Arbeitsgemeinschaften. Außerdem informieren sie über Sonderregelungen für Schwangere oder Behinderte.

Übergangsfrist läßt Zeit zum Handeln

Der Erhalt des Wohnkosten-Bescheids hat nicht den sofortigen Auszug aus der Wohnung zur Folge. "Jeder hat in der Regel sechs Monate Zeit, etwas zu ändern. In dieser Frist wird eine zu hohe Miete weiterbezahlt", beruhigt Bernd Bleines, Leiter der auf Hartz IV-Empfänger spezialisierten Caritas-Wohnraumberatung in Offenbach. Der Auszug sei der letzte Schritt. Wer nichts unternimmt, läuft Gefahr, die Differenz zwischen Miete und dem vom Staat übernommenen Anteil aus eigener Tasche zahlen zu müssen. "Am Ende droht wegen Mietschulden die Zwangsräumung", warnt Theobald.

Als ersten Schritt empfehlen Experten, mit dem Vermieter über eine niedrigere Miete zu sprechen. "Wir raten unseren Mitgliedern meist dazu, die Miete auf das zulässige Limit zu senken", sagt Henning Mau von Haus & Grund in Leipzig. Ein Trend, den Wolf-Bodo Friers von Haus & Grund Deutschland, bestätigt: "Bei der derzeitigen Marktsituation - regional mit teilweise erheblichen Leerständen - werden Vermieter Verhandlungen überwiegend aufgeschlossen gegenüberstehen." Denkbar ist auch eine Mietsenkung für die Dauer des Bezugs von Arbeitslosengeld. Sobald der Mieter wieder arbeitet, zahlt er mehr.

Untervermietung oder Unterstützung beim Umzug

Eine weitere Möglichkeit ist, die Wohnung unterzuvermieten. Dieser Weg erfordere üblicherweise das Einverständnis des Vermieters, sagt Bleines. Bei ausreichender Größe der Wohnung habe ein Mieter jedoch ein Anrecht auf Untervermietung. Die Bewohner könnten auch ohne die Hilfe Dritter Ausgaben reduzieren, indem sie Wasser, Strom und Heizenergie möglichst sparsam verbrauchen.

Bei einem Umzug gibt es für Alg II-Empfänger finanzielle Unterstützung. Auf Antrag geben Arbeitsgemeinschaften oder Kommunen eine "Kostenübernahme-Erklärung" ab. Unter Umständen kommen sie sogar für einen Makler auf. "Der Alg II-Träger muss vorher über die neue Wohnung und den Umzug informiert werden", sagt Mieterbund-Sprecher Ropertz. Außerdem sollte vor der Unterschrift unter den Mietvertrag die Zustimmung der Behörde eingeholt werden. "Nur so ist sichergestellt, dass die künftige Miete bei der Berechnung anerkannt wird", heißt es in einem Ratgeber der Main-Arbeit Offenbach, eine Arbeitsgemeinschaft von Stadt und Arbeitsagentur, die für die Langzeitarbeitslosen zuständig ist.

Gegen den Bescheid können Mieter Widerspruch einlegen. Darüber entscheidet das Amt. Der letzte Weg, einen Auszug zu vermeiden, ist der Gang zum Sozialgericht. Nach Auskunft des Bundessozialgerichts in Kassel ist die erste Instanz kostenlos.

(gms)
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