Private Renten und Job-Wechsel Firmen müssen Verluste zahlen

Düsseldorf (RP). Jahrelang fürs Alter vorgesorgt - und die Ersparnisse sind plötzlich fast nichts mehr wert. So kann es Arbeitnehmern gehen, die eine betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung abgeschlossen haben und den Arbeitsplatz verlieren.

Das darf aber nicht sein, entschied kürzlich das Landesarbeitsgericht München in einem bundesweit bedeutsamen Urteil (Az.: 4 Sa 1152/06). Der frühere Arbeitgeber könne für die Verluste in Haftung genommen werden.

Der Fall: Eine Automobilverkäuferin hatte mit 27 eine betriebliche Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung abgeschlossen. Ihr Gehalt wurde deshalb monatlich um 178 Euro gekürzt. Das Geld floss drei Jahre lang in eine Versorgungskasse, die der Arbeitgeber ausgewählt hatte, insgesamt 6230 Euro. Dann schied die Angestellte aus dem Betrieb aus. Als sie den Vertrag kündigen wollte, bot die Kasse ganze 639 Euro an.

Zillmerung: Verantwortlich für diesen Wertverlust ist die so genannte Zillmerung. Danach gehen die ersten Beiträge zunächst zum großen Teil für die Abschlusskosten und die Provision an den Vermittler drauf. Erst nach vielen Einzahlungsjahren bekommen die Versicherten so viel heraus wie sie eingezahlt haben. Das bemängelten die Münchener Richter in ihrem Urteil vom 15. März 2007. Arbeitnehmer müssten bei dieser - nur von ihnen selbst finanzierten - Form der Altersvorsorge auch bei einer Kündigung zumindest eine "wertgleiche Anwartschaft" erhalten. Das fordere das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). Gezillmerte Verträge seien deshalb nicht zulässig. Wenn sie doch vereinbart seien, müsse der Arbeitgeber für den Schaden aufkommen. Der Autoverkäuferin müsse ihr Ex-Arbeitgeber deshalb 5591 Euro nachzahlen.

Konsequenzen: Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig. Wegen der "grundsätzlichen Bedeutung" hat das Landesarbeitsgericht München eine Revision beim Bundesarbeitsgericht zugelassen. "Die Chancen, dass die obersten Arbeitsrichter die Sache ähnlich sehen, sind aber gut", meint der Brühler Rechtsanwalt Michael Felser.

Rat: Bei einem Job-Wechsel oder einer Kündigung sollen die Beschäftigten aktiv werden. Nach Paragraf 4a BetrAVG haben sie einen Rechtsanspruch darauf, dann umgehend die Höhe ihrer bisher erworbenen Vorsorge-Anwartschaft zu erfahren. Ist die niedriger als die eingezahlte Summe, können sie vom Münchner Urteil durch eventuelle Nachzahlungen profitieren. Sie müssen dann aber schnell handeln. Denn die Ansprüche an ihren ehemaligen Arbeitgeber können sie nur innerhalb tariflicher oder arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen geltend machen. Diese dauern aber zum Teil nur wenige Monate.

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