Fragen und Antworten Richtig vererben - Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil

Kaum etwas sorgt in Familien für mehr Streit als das Erben. Dabei gibt es klare Regeln. Denn auch ohne Testament gibt es für das Erbe Regeln.

Fragen und Antworten: Richtig vererben - Gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil
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Etwa dafür, wer überhaupt infrage kommt und wie hoch sein Anteil am Nachlass ist. Die Stichworte heißen gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil. Das Wichtigste in Fragen und Antworten:

Was heißt gesetzliche Erbfolge?

Sie heißt so, weil sie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert ist. Die gesetzliche Erbfolge greift, wenn jemand kein Testament gemacht hat. Für diesen Fall regelt das BGB, wer Anspruch auf das Erbe hat und wie der Nachlass aufgeteilt wird. Darüber hinaus steht in Paragraf 1922, dass mehrere gesetzliche Erben eine Erbengemeinschaft bilden und dass die Erben neben dem Vermögen auch die Schulden des Verstorbenen übernehmen müssen.

Wer profitiert von der gesetzlichen Erbfolge?

Die nächsten Angehörigen. Das BGB gibt die Reihenfolge der Erben vor (Paragraf 1930 BGB): Zuerst sind Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Kinder dran - egal, ob ehelich, unehelich, adoptiert oder gerade unterwegs. Enkel gehören wie Kinder zu den Erben erster Ordnung. Enkel kommen beim Verteilen des Vermögens erst an die Reihe, wenn ihre Eltern vor der Oma das Zeitliche gesegnet haben.

Eltern eines Erblassers sind Erben zweiter Ordnung. Sie stehen hinter den Abkömmlingen, wie das Gesetz Kinder und Enkel nennt, zurück und dürfen nur auf den Nachlass hoffen, wenn ihr Kind keinen eigenen Nachwuchs hat. Bei kinderlosen Paaren erben die Eltern gemeinsam mit dem überlebenden Ehemann oder der Ehefrau. "Abkömmlinge verdrängen bis auf den Partner alle anderen", sagt die Anwältin Susanne Reinhardt aus Wiesbaden.

Bei Paaren ohne Trauschein geht der überlebende Partner nach der gesetzlichen Erbfolge leer aus. "Lebensgefährten gelten als Nicht-Angehörige", erläutert Reinhardt. Wer will, dass sein Lebensgefährte miterbt, muss ihn im Testament bedenken.

Wie teilt sich das Vermögen auf die gesetzlichen Erben auf?

Der Anteil am Nachlass hängt beim Ehe- und Lebenspartner vom Güterstand ab und davon, ob Kinder da sind. Holger Siebert von der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde (DGE) macht am Beispiel einer Familie mit zwei Kindern und einem Nachlass im Wert von 100.00 Euro deutlich, wie gerechnet wird: In der Zugewinngemeinschaft steht dem Partner nach der gesetzlichen Erbfolge ein Viertel des Nachlasses zu.

Ein weiteres Viertel bekommt er für die Zugewinngemeinschaft hinzu. Macht zusammen also 50.000 Euro. Den Kindern steht gemeinsam die andere Hälfte des Nachlasses zu. Sie müssen untereinander teilen. Jeder erhält 25.000 Euro. Bei drei oder mehr Kindern wird die Erb-Hälfte unter den Geschwistern aufgeteilt - bei dreien bekäme jeder ein Drittel der 50.000 Euro.

Bei Gütertrennung erben der Partner und die beiden Kinder jeweils zu gleichen Teilen. Im Beispiel würde jeder ein Drittel des Vermögens erhalten, von drei Kindern an aufwärts bekommt der Elternteil ein Viertel. Im seltenen Fall der Gütergemeinschaft geht nur ein Viertel des Erbes an den Partner. Drei Viertel gehen an die beiden Kinder, die teilen müssen.

Ohne Kinder erbt der Ehepartner in der Zugewinngemeinschaft drei Viertel des Nachlasses, bei Gütertrennung mindestens die Hälfte und bei Gütergemeinschaft die Hälfte.

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil kommt bei einem Testament ins Spiel. Und zwar dann, wenn dessen Schreiber jemanden nicht bedacht und ihn damit praktisch enterbt hat, der laut gesetzlicher Erbfolge etwas vom Kuchen hätte abbekommen müssen. Oder wenn er denjenigen mit weniger abgespeist hat als gesetzlich vorgesehen.

Wem steht der Pflichtteil zu und wie wird er geltend gemacht?

Pflichtteilsberechtigt sind nur der Ehepartner, die Abkömmlinge und die Eltern. Die Eltern aber nur, wenn keine Abkömmlinge da sind, sagt Klaus Michael Groll vom Deutschen Forum für Erbrecht. Keinen Pflichtteil erhalten Stief- und Schwiegerkinder sowie Geschwister.

Berechtigte erfahren meist über das Nachlassgericht, dass sie zum Kreis der potenziellen Erben gehören. Anschließend haben die Berechtigten drei Jahre Zeit, ihren Anspruch auf den Pflichtteil aus dem Nachlass von Ehefrau, Eltern oder Oma geltend zu machen.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Er entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Einem enterbten Ehepartner und zwei Kindern in einer Zugewinngemeinschaft stünde also ein Viertel des Erbes als Pflichtteil zu. Das ist bei einem Vermögen von 100.000 Euro ein Betrag von 25.000 Euro. Diese Summe müssten die alleinerbenden Kinder an die Mutter oder den Vater ausbezahlen.

Kann der Pflichtteil vollständig entzogen werden?

Im Prinzip ja, aber die Hürden sind sehr hoch und im BGB beschrieben (Paragraf 2333 bis 2335). Dem Erblasser, seinem Partner oder seinem Kind muss schon jemand nach dem Leben trachten, damit ihm der Pflichtteil entzogen werden kann, nennt Andreas Frieser vom Deutschen Anwaltverein einen der wenigen Gründe. Ein anderer ist das böswillige Verletzen der Unterhaltspflicht.

(dpa)
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