Viele fühlen sich überfordert Rentner wehren sich gegen Online-Steuererklärung

Düsseldorf · Die Umstellung der Steuererklärung auf elektronische Verfahren verursacht in NRW mehr Probleme als bisher bekannt. Vielen älteren Menschen mit eingeschränkter Mobilität fällt die Steuererklärung jetzt schwerer, weil das Land die Vordrucke seit Jahresanfang nur noch "in begründeten Ausnahmen" verschickt.

Der Unterschied zwischen Steuertrick und Steuerbetrug
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Foto: dpa, fz

Rudolf-Jürgen Klee ist 74 Jahre alt. Eine Steuererklärung über das Internet ist ihm nicht geheuer. Er fährt auch nicht mehr gerne Auto. Überhaupt haben die Ärzte ihm geraten, unnötige Touren zu vermeiden. Das NRW-Finanzministerium wollte ihn aber genau dazu zwingen: "Ich habe im Finanzamt angerufen und gefragt, wann ich meine Steuererklärungsformulare bekomme", erzählt Klee.

Wie allen Steuerpflichtigen in NRW wurde ihm mitgeteilt, dass der Versand der Formulare nicht mehr vorgesehen ist. "Ich sollte in die Stadtverwaltung gehen und mir die Papiere selbst abholen", so Klee, "die Stadtverwaltung ist aber sieben Kilometer weit weg". Auf sein Bitten, ihm die Papiere mit Rücksicht auf seine Situation trotzdem noch einmal zuzuschicken, stellte die Finanzbeamtin sich zunächst stur. Erst nach mehreren Anrufen bekam Klee die Formulare dann doch zugeschickt. "Das war demütigend", sagt Klee, "ich bin nicht gerne Bittsteller."

Das können betroffene Rentner tun
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Foto: dpa, Federico Gambarini

Der Senior aus Hückeswagen ist kein Einzelfall. Nach Angaben des Bundes der Steuerzahler (BdST) in NRW haben sich schon weit über 100 Bürger darüber beschwert, dass das Land die Formulare für die Steuererklärung nicht mehr verschickt (siehe Titelseite). Die neue Regelung gilt seit Jahresanfang. "In der Regel handelt es sich dabei um Senioren auf dem Land, die im Auto und im Internet nicht mehr so gut zurecht kommen", sagt der BdST-Chef von NRW, Heinz Wirz.

Das Land verweist zwar darauf, dass die Sachbearbeiter die Unterlagen "in begründeten Ausnahmen" trotzdem verschicken dürfen. Aber zugleich sind die Mitarbeiter angewiesen, diesen Sonderfall nach Möglichkeit zu umgehen. Und was ist eine "begründete Ausnahme"? Wie können die Sachbearbeiter überprüfen, ob der Anrufer tatsächlich gehbehindert oder schwer erkrankt ist?

Auch der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft in NRW, Manfred Lehmann, ist mit der neuen Regelung unzufrieden: "Wenn ein Anrufer um postalische Zustellung bittet, sollen die Beamten etwas entscheiden, was sie gar nicht entscheiden können", sagt Lehmann. Damit seien unnötige Konflikte mit den Bürgern programmiert. "Wenn der Beamte sich weigert, wirft der Bürger ihm Willkür vor. Wenn er zu viele Formulare verschickt, verstößt er gegen den Willen des Dienstherren." Lehmann schlägt vor, dass der Versand an ältere und kranke Menschen mit Rentenanspruch generell wieder eingeführt wird. Auch Carsten Ohm vom Sozialverband VdK fordert: "Das Finanzministerium muss eine verbindliche Regel schaffen, die sicherstellt, dass Kranke und Alte einen Rechtsanspruch auf die postalische Zustellung haben."

(RP)
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