Ab 2013 neue EU-Amtshilferichtlinie Rentner im Visier des Fiskus

Düsseldorf · Die gute Nachricht zuerst: Drei Viertel der Rentner in Deutschland müssen weiterhin keine Steuern zahlen. Noch nicht. Denn durch Rentenanpassungen und die 2005 eingeführte "nachgelagerte Besteuerung" rutschen Jahr für Jahr mehr Rentenempfänger in die Steuerpflicht.

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Foto: dpa, Oliver Berg

Mit jedem neuen Rentnerjahrgang wächst ihre Zahl. Und das Finanzamt ist den Rentnern überall auf der Spur. Wer zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert wird, zappelt bereits im Netz. Aufschieben bringt aber nichts. Schlimmstenfalls kann der Fiskus die Steuerschuld schätzen und Verzugszinsen berechnen.

Renten sind grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Das heißt jedoch nicht, dass jeder Rentner auch Steuern zahlen muss. In der Vergangenheit hatten normale Ruheständler mit dem Finanzamt eigentlich nichts mehr zu schaffen. Von den Altersbezügen aus der gesetzlichen Rentenversicherung war nur der so genannte Ertragsanteil steuerpflichtig, und der lag meistens unterhalb der Steuergrenze.

Seit 2005 hat sich das Rad gedreht. Mit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes werden mindestens 50 Prozent der Rente zur Steuer heran gezogen. Allein im Jahr 2005 rutschten auf diese Weise rund 1,3 Millionen Ruheständler in die Steuerpflicht.

Das Finanzamt erfährt alles Alle Rentenversicherungsträger sind verpflichtet, den Rentenbetrag ihrer Mitglieder in Form einer personenbezogenen Rentenbezugsmitteilung regelmäßig an die "Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen" in Brandenburg an der Havel zu melden, einer weithin noch unbekannten Behörde.

Diese gesetzliche Verpflichtung gilt nicht nur für öffentliche und private Rentenkassen, sondern auch für berufsständische Versorgungswerke und private Lebensversicherer. So ist bei der ZfA in kurzer Zeit eine riesige Datenbank entstanden. Die Behörde in Brandenburg kennt jeden Ruheständler und weiß genau, was er an gesetzlichen und privaten Altersbezügen bekommt. Das Ganze dient vorrangig dem Zweck, den Fiskus mit steuerrelevanten Informationen zu versorgen.

In einer ersten Phase haben die Wohnsitzfinanzämter in den letzten zwei Jahren die Rentner und Pensionäre unter die Lupe genommen, die für die zurückliegenden Jahre bereits eine Einkommensteuererklärung abgegeben haben. Geprüft wurde, ob sie ihre Alterseinkünfte korrekt gemeldet hatten. In der zweiten Stufe nehmen die Finanzämter derzeit Rentner ins Visier, die auf Grundlage der ZfA-Daten steuerpflichtig sind, aber von sich aus noch keine Steuererklärungen abgegeben haben.

Sie können demnächst mit Post vom Finanzamt rechnen. In diesem Fall macht es keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken. Der Fiskus sitzt am längeren Hebel. Nach Ablauf der Abgabefrist darf das Finanzamt bis zu 6 Prozent Zinsen pro Jahr auf die Steuerschuld berechnen.

EU-Staaten müssen Amtshilfe leisten

Der lange Arm des Fiskus reicht bald über die deutschen Grenzen hinaus. Vom 2013 an tritt schrittweise die neue "EU-Amtshilferichtlinie in Steuerangelegenheiten" in Kraft, die den Informationsaustausch innerhalb der EU deutlich ausweitet. Die Mitgliedsstaaten müssen den deutschen Fiskus dann auch darüber unterrichten, welche Einkünfte im Ausland lebende Deutsche dort aus Pensionen und Lebensversicherungen beziehen.

Auch von anderer Stelle wächst der Druck. In Neubrandenburg wurde eigens ein Finanzamt errichtet, das bundesweit dafür zuständig ist, Rentenbezieher zu ermitteln, die ihren Wohnsitz in Länder verlegt haben, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) besteht. Dort besitzt der deutsche Fiskus nämlich für aus Deutschland gezahlte Renten das Besteuerungsrecht.

Die Zeiten, dass sich im Ausland lebende Senioren dem deutschen Fiskus entziehen können, gehen offenbar zu Ende. Im Sinne der Steuergerechtigkeit ist das nicht zu beanstanden. Wie ist es zu der neuen Besteuerung gekommen ist Auslöser war wieder einmal das Bundesverfassungsgericht. In seinem Urteil vom 6. März 2002 hatte das BVG die Unvereinbarkeit der unterschiedlichen Besteuerung der Beamtenpensionen und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung festgestellt. Der Gesetzgeber musste reagieren.

Nach langen Beratungen wurde 2004 das neue "Alterseinkünftegesetz" zur Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterbezügen in Kraft gesetzt. Darin ist der schrittweise Übergang zur nachgelagerten Besteuerung verankert. Das heißt, Beiträge zur Altersvorsorge werden seitdem sukzessive steuerlich entlastet und die darauf beruhenden Renten später nach und nach stärker besteuert. Konkret bedeutet das, dass Beiträge für die Altersversorgung bei der Einkommensteuer in größerem Umfang Steuer mindernd abgezogen werden, während die darauf beruhenden Altersbezüge später der Besteuerung unterliegen. Zu den nachgelagert besteuerten Renten gehören: Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen Renten aus den landwirtschaftlichen Alterskassen Renten aus den berufsständischen Versorgungswerken Renten aus Lebensversicherungen, die nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen worden sind.

Wie Renten jetzt besteuert werden

Alle gesetzlichen Renten und vergleichbare Renten unterliegen seit dem Jahr 2005 zu mindestens 50 Prozent der Besteuerung. Das gilt sowohl für "Bestandsrenten" vor 2005 wie für "Neufälle", die ab 2005 erstmalig eine volle Jahresrente bezogen haben. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zusammenhang der auf Dauer festgeschriebene nicht zu versteuernde Rentenfreibetrag. Seine Höhe richtet sich nach dem Jahr des Rentenbeginns. Die Rentnerjahrgänge 2005 und früher zum Beispiel behalten zeitlebens ihren steuerfreien Festbetrag von 6000 Euro.

Rechenbeispiel: Marianne R. hat 2005 erstmals ihre volle Jahresrente in Höhe von 12.000 Euro brutto bezogen. Hieraus errechnet sich ihr Freibetrag von 6000 Euro. Bis 2011 ist ihre Rente auf 12.496 Euro gestiegen. Bei konstantem Freibetrag von 6000 Euro liegt ihr zu versteuerndes Renteneinkommen nun bei 6.496 Euro. Aufgrund des steuerlichen Grundfreibetrages von 8004 Euro muss Marianne R. 2011 trotzdem keine Steuern zahlen, wenn sie außer ihrer Rente keine weiteren steuerpflichtigen Einkünfte hat. Nach dem Alterseinkünftegesetz steigt der Besteuerungsanteil der Renten ab 2006 kontinuierlich um zwei Prozentpunkte jährlich, so dass zum Beispiel der Rentnerjahrgang 2020 bereits 80 Prozent versteuern muss.

In den Folgejahren verringert sich die Steigerungsrate auf einen Prozentpunkt pro Jahr. 2040, nach Ablauf der Übergangszeit von insgesamt 35 Jahren, ist das Ziel erreicht, Renten und Beamtenpensionen steuerlich gleich zu behandeln. Altersbezüge sind dann einheitlich zu 100 Prozent steuerbar.

Steuerpflichtiger Anteil und Freibetrag

Steuer-Rechner im Internet

Wer nicht auf das Finanzamt warten will und sich bereits vorab schlau machen möchte, ob und in welchem Umfang er auf seine Rente Steuern zahlen muss, kann im Internet auf entsprechende Steuer-Rechner zugreifen.

Empfehlenswert ist das Programm der Zeitschrift "Finanztest" (Stiftung Warentest) unter www.test.de/steuerrechnerrentner.

Quellenhinweise:
Zeitschrift "Finanztest" (10/2012)
Bundesverband der Lohnsteuerhilfevereine e.V.
Deutsche Rentenversicherung
www.deutsche-rentenversicherung.de www.steuerlinks.de

(anch/sap/csi)
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