Selbsterfahrung Nichtraucher Sechs Wochen ganz ohne Kippe

Unser Kollege Marcel Romahn ist seit sechs Wochen Nichtraucher. Für ihn begann das neue Jahr mit einer wohltuenden Erkenntnis: Es geht tatsächlich ohne Kippe, aber nicht ohne Strapazen.

 Unser Kollege Marcel Romahn ist inzwischen seit sechs Wochen Nichtraucher.

Unser Kollege Marcel Romahn ist inzwischen seit sechs Wochen Nichtraucher.

Foto: Ronny Hendrichs

Das Wichtigste vorab: Ja, ich bin standhaft geblieben und habe nicht ein einziges Mal zur Zigarette gegriffen. Der Jahreswechsel verlief wie geplant qualmfrei. "Du darfst jetzt nicht schwach werden", sagte ich mir, während einige meiner Freunde das Silvester-Feuerwerk mit der Zigarette in der Hand verfolgten. "Dann waren all diese schwierigen Wochen umsonst" — ein Argument, das stets funktioniert. Es lässt mich durchhalten. Und wenn es wieder schlimmer wird, reicht der Griff zum Smartphone.

Sechs Wochen, also 42 Tage oder noch schöner: 1008 Stunden — so lange darf ich mich jetzt schon Nichtraucher nennen. Die Zahlen auf der Startseite meiner Nichtraucher-App, die ich immer noch mehrmals am Tag checke, werden immer beeindruckender. Inzwischen habe ich 630 Zigaretten nicht geraucht und dadurch 168,96 Euro gespart. Mein Portemonnaie müsste platzen vor Überfluss. Tut es aber nicht. Das Geld, das sonst im Zigarettenautomaten landete — es müssten mindestens 33 Fünf-Euro-Scheine sein — bleibt verschollen.

Doch an das Geld denke ich eigentlich gar nicht. Viel wichtiger ist die Einsicht, dass die Entscheidung, das Rauchen aufzugeben, richtig war, ebenso wie der Zeitpunkt. Hätte ich erst am Silvesterabend aufgehört, hätte ich genauso auf dem Balkon gestanden, wie zwei Freunde von mir, die ebenfalls Nichtraucher werden wollen. Ich hätte dann ebenfalls meine letzten Kippen zelebriert, das Feuerwerk wohl nur zur Hälfte genossen, wohl wissend, dass morgen der furchtbare Nichtraucher-Tag Eins anbricht — nein, danke!

Software-Update verkürzt das Leben

Besonders stolz bin ich auf die immer länger werdende Liste meiner Erfolge als Nichtraucher, die mir die App regelmäßig präsentiert: Giftiges Kohlenmonoxid hat meinen Körper längst verlassen, das Herzinfarkt-Risiko ist deutlich geringer, Atmung sowie Geruchs- und Geschmackssinn verbessern sich kontinuierlich. Letzeres kann ich sogar schon bestätigen. Beim Joggen kann ich über die volle Distanz unbeschwert atmen. Das Essen, vor allem Würziges, schmeckt intensiver und riechen kann ich auch besser — vor allem andere Raucher.

In der Kategorie "dazugewonnene Lebenstage" stand der Zähler allerdings lange auf null. 350 nicht gerauchte Zigaretten hat es gebraucht, bis auch diese Anzeige endlich die ersehnte, und eigentlich auch wichtigste Meldung von sich gab: "Sie haben einen Lebenstag gewonnen". Was auch immer die App dazu bewegt hatte, mein Ableben um einen Tag zu verschieben, ich war stolz und einverstanden.

Begeistert von der Unterstützung durch die vielen kleinen erfolgs-Vermeldungen jeden Tag, freute ich mich natürlich entsprechend, als die App angkündigte, sie wolle ein Update durchführen. Toll, dachte ich. Vielleicht gibt es neue Funktionen, etwa Live-Röntgenbilder von der Lunge, ähnlich wie das Regenradar in der Wetter-App. Umso schockierter war ich, als ich nach abgeschlossenem Download feststellte, dass nicht nur neue Funktionen ausblieben, sondern mein hart erarbeiteter Lebenstag wieder verschwunden war. Der Zähler steht seitdem wieder unerbittlich auf null. Tja, wie gewonnen…

Keine Ersatzdrogen mehr

Lange ärgern konnte ich mich darüber jedoch nicht. Denn ich hatte plötzlich ganz andere Probleme: die berüchtigte Gewichtszunahme des Nichtrauchers. Eineinhalb Kilo mehr auf den Rippen?! Das war nicht Sinn und Zweck der Aktion. Ich wollte doch gesünder leben, und verzichten. Allerdings muss auch ich zugeben: Neben Möhren und Äpfeln hatte auch ich es mit Süßkram versucht. Eben mit allem, um der Sucht nach Zigaretten im Alltag zu entgehen.

Etwas Neues musste her, aber kein neues Laster. Etwas, das auf keinen Fall dick macht, bekömmlich ist, vielleicht sogar gesund..? Nach langer erfolgloser Google-Recherche kam ich zu dem Schluss: Die einfachsten Mittel sind eben doch die besten. Und so seltsam es klingen mag, ab dann gab es Wasser, wenn die Nikotinsucht sich meldete.

Zwei bis drei Liter Flüssigkeit sollte der Mensch täglich zu sich nehmen, sagt zumindest die Online-Ausgabe der Apotheken Umschau — die müssen es wissen. "Nichts leichter als das", dachte ich mir, denn an meinem Arbeitsplatz steht jeden Tag ein voller Kasten mit Mineralwasser. Zwei Flaschen trinke ich nun täglich. Und es erfüllt seinen Zweck. Man nimmt spontan etwas zu sich, lenkt sich damit von der Zigarette ab und gesund ist es auch.

Außerdem arbeite ich dank der ganzen Wasser-Trinkerei jeden Tag automatisch an meiner Fitness. Allein die eiligen Märsche zur Toilette bringen Muskulatur und Kreislauf so richtig in Schwung. Dazu kommt natürlich noch das ständige Schleppen von Leergut und vollen Wasserkästen.

Fazit nach sechs Wochen

Verbesserte Fitness, Ersparnisse, die immer noch unauffindbar sind, zwei bis drei Liter Wasser am Tag und eine Nichtraucher-App, die macht, was sie will — eine durchwachsene aber motivierende Zwischenbilanz meiner noch jungen Nichtraucher-Karriere.

Zugegeben: Besonders auf der Silvester-Party war es nicht leicht, als frischgebackener Nichtraucher einen schönen Abend zu haben. Doch der Kampf mit der Sucht, der Anblick rauchender Menschen, der Qualm, der mittlerweile irgendwie eklig riecht, all das war nach fünf Wochen schon zur Gewohnheit geworden. "Es wird besser. Ohne Kippe geht's auch" — mit dieser Erkenntnis begann mein Jahr 2015.

(mro)
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