Was sich im Juli ändert Das bringt das neue Insolvenzrecht

Frankfurt · Neues Recht ab 1. Juli: Verbraucher können schneller schuldenfrei werden.

Was sich im Juli ändert: Das bringt das neue Insolvenzrecht
Foto: Jens Schierenbeck, gms

91 000 Verbraucher haben im vergangenen Jahr den Gang zum Insolvenzrichter antreten müssen. Sechs Jahre dauert das Verfahren. Ab Sommer sollen Betroffene schneller eine Chance für einen Neuanfang bekommen.

Schneller schuldenfrei Ab 1. Juli haben überschuldete Haushalte bereits nach drei Jahren die Möglichkeit für einen Neustart. Bei den meisten dürfte es aber wohl wie bisher sechs Jahre dauern, bis ihnen die restlichen Schulden erlassen werden. "Die Verkürzung des Verfahrens auf drei Jahre ist nicht realistisch", sagt Birgit Höltgen von der Verbraucherzentrale NRW. Denn nur wer innerhalb von drei Jahren mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen, die Insolvenzverwalter- und Gerichtskosten stemmt, kann von der Restschuld befreit werden. "Unsere Erfahrung ist, dass kaum ein Schuldner die 35 Prozent schafft", sagt Michael Bretz von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform. In Europa können Verbraucher im Schnitt nach drei Jahren einen Neustart wagen.

Immerhin können die Schulden künftig nach fünf Jahren erlassen werden, wenn der Betroffene in diesem Zeitraum wenigstens den Insolvenzverwalter und die Gerichtskosten bezahlen kann. Nach Angaben von Verbraucherschützern sind dies mindestens 1500 bis 2000 Euro.

Insolvenzplan Eine weitere Neuerung ist das Insolvenzplanverfahren, das es für Unternehmen schon länger gibt. Höhe und Zeitraum der Entschuldung werden individuell festgelegt, die restlichen Schulden können schneller erlassen werden. Voraussetzung: Die Quote muss etwas höher liegen als im Regelverfahren und der Schuldner muss die Verfahrenskosten bezahlen. "Das Planverfahren kann sinnvoll sein, wenn zum Beispiel Verwandte Geld zur Verfügung stellen", sagt Höltgen.

Schutz von Mietern Mieter von Wohnungsgenossenschaften sind künftig besser geschützt. Bereits seit 2013 müssen sie nicht mehr fürchten, dass die gezahlten Einlagen gepfändet werden und sie deswegen aus der Wohnung fliegen. In der Vergangenheit waren nur Mietkautionen tabu. Jedoch gilt der Schutz nur für Genossenschaftseinlagen bis maximal 2000 Euro.

Rechte der Gläubiger "Gläubiger müssen sich keine Sorgen machen, dass mit der Reform dem Schuldenmachen Tür und Tür geöffnet wird", sagt Creditreform-Experte Bretz. Möglicherweise bekommen sie sogar etwas mehr zurück als in der Vergangenheit. Bisher hatten Banken in den ersten zwei Jahren des Insolvenzverfahrens Zugriff auf Teile des Lohnes, wenn der Verbraucher einen Kredit abgeschlossen hatte. "Diese Lohnabtretung entfällt, dadurch gibt es mehr Masse", sagt Christoph Niering, Chef des Verbandes der Insolvenzverwalter. Als erstes werden aber weiterhin die Landesjustizkassen bedient.

(dpa)
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