Nach Entscheidung in Grevenbroich Jeder Standesbeamte muss die Ehefähigkeit prüfen

Düsseldorf · In Grevenbroich wurde eine 29-Jährige, die unter der Borderline-Krankheit leidet und unter Betreuung steht, von einem Standesbeamten für nicht ehefähig erklärt. Der Fall sorgt für Aufsehen. Wir haben einen Anwalt für Familienrecht gefragt, was es mit der "Ehefähigkeit " auf sich hat.

 Alles ist vorbereitet, die Ringe sind graviert: Am 30. Dezember wollten sich Heidi Förster und Jörg Kellers in Grevenbroich das Ja-Wort geben. Der Traum ist vorerst geplatzt.

Alles ist vorbereitet, die Ringe sind graviert: Am 30. Dezember wollten sich Heidi Förster und Jörg Kellers in Grevenbroich das Ja-Wort geben. Der Traum ist vorerst geplatzt.

Foto: l. berns

Zu prüfen, ob eine Person als ehefähig gilt, ist als Aufgabe des Standesamtes gesetzlich verankert. Demnach ist ein Standesbeamter vor einer Eheschließung sogar verpflichtet zu prüfen, ob ein Mensch "das Wesen der Ehe begreifen" kann. Es gilt zu klären: Versteht der Betroffene die weitreichenden Folgen einer Heirat?

"Zwar ist es so, dass ein Mensch, der nicht geschäftsfähig ist, auch als nicht ehefähig gilt", sagt Heinz Rulands, Rechtsanwalt für Familienrecht aus Mönchengladbach. "Aber zugleich ist es so, dass ein Standesbeamter auch bei einem geschäftsfähigen Menschen prüfen muss, was die Person eigentlich alleine kann und was nicht."

Heidi Förster steht als Borderline-Patienten unter Betreuung. Die betreuende Person muss zustimmen, wenn Förster ein Auto kaufen oder einen Handyvertrag abschließen will. Somit gilt Förster bereits als eingeschränkt geschäftsfähig. "Das in Verbindung damit, dass sie eben eine Betreuerin hat, führt dazu, dass der Standesbeamte gesetzlich dazu verpflichtet ist, zu prüfen, ob sie wirklich ehefähig ist." Wie der Standesbeamte allerdings von der Verfassung Försters erfahren hat, ist unklar. "Entweder hatte er zufällige Kenntnisse über die Lage der Person, weil er sie in irgendeiner Form privat kennt, oder sie ist während des Gesprächs doch auffällig geworden." Eine Gesundheitsakte oder ähnliches muss man nicht mit zum Standesamt bringen.

Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft müssen lediglich per Personalausweis ihre Identität nachweisen. Bei ausländischen Mitbürgern wird nach einem Ausweis und nach einem Ehefähigkeitszeugnis aus dem Heimatland gefragt.

"Eben weil es im Gesetz steht, sollte jeder Standesbeamte vor einer Eheschließung die Beteiligten auf ihre Ehefähigkeit hin überprüfen", sagt Rulands. Wichtig sei das auch, weil die Ehefähigkeit eben mit der Geschäftsfähigkeit in Zusammenhang steht. "Allerdings wird das bei weitem nicht in jedem Fall gemacht."

Viele denken bei dem Wort Eheschließung oder Trauung als erstes an den "schönsten Tag im Leben". Tatsächlich kommt das "Ja"-Wort aber mit vielen juristischen Konsequenzen einher. "Themen wie Unterhalt, Zugewinn, Steuern oder auch Versorgungsausgleich erfordern, dass jemand voll entscheidungsfähig ist, weil seine Entscheidungen den öffentlichen und privaten Raum betreffen", sagt Rulands. Heutzutage käme auch oft die Frage nach der Staatsangehörigkeit dazu. "Eigentlich müssten Standesbeamte gerade in diesem Kontext genauer hinsehen, denn oftmals versteht ein Ehepartner die Vertragslage gar nicht richtig." Aus Erfahrung weiß der Anwalt, dass die meisten die Tragweite einer Ehe wirklich erst verstehen, wenn eine Scheidung ansteht und die Modalitäten geklärt werden müssen.

Das kommt auf die jeweilige Situation an. "Wenn es eben um die Frage der Geschäftstüchtigkeit geht, ist ein ärztliches Gutachten das Mittel der Wahl. So wie der Standesbeamte es ja auch angefordert hat", so der Anwalt für Familienrecht.

(ham)
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