Kommentar zum BGH-Entscheid Raucher in Deutschland können einem nur noch leid tun

Meinung | Düsseldorf · Raucher können dazu verpflichtet werden, nur zu bestimmten Zeiten auf ihrem Balkon zur Zigarette zu greifen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am Freitag entschieden. Dazu ein Kommentar von Horst Thoren.

Raucher in Deutschland können einem nur noch leid tun. Erst werden sie aus allen öffentlichen Gebäuden verbannt, dann aus der Stammkneipe verjagt. Jetzt ist nicht einmal mehr der eigene Balkon als Qualm-Reservat zugelassen… Der Glimmstängel grenzt aus!

Das aktuelle Urteil des Bundgerichtshofs (womit sich die hohe Rechtsprechung nicht alles befassen muss!) verpflichtet Mieter zu rauchfreien Zeiten — auch vor der eigenen Balkontür. Das erprobte Argument: "Rücksicht auf andere.…" Denn der Duft von Freiheit und Abenteuer könnte auch in die Nachbarwohnung ziehen.

Was waren das noch Zeiten, als im Fernsehen unverhohlen für Zigaretten geworben wurde, der "Internationale Frühschoppen" einer Räucherbude glich und der Cowboy, herb-männlich qualmend, in den Abendhimmel ritt! Aus und vorbei. Wer heute noch rauchen will, geht meilenweit, nicht mehr nur zum Automaten, sondern in eine eigens ausgewiesene, abschreckend schmuddelige Räucherecke (vor Gaststätten, neben dem Krankenhauseingang, im Firmenhof), wo er dann beim Vollzug seiner Suchtbefriedigung von mitleidlosen Nichtrauchern wie ein Zootier begafft wird.

Ja, Raucher müssen leidensfähig sein in Deutschland!. Als "Umwelt-Verpester" gebrandmarkt, lässt man sie ein bisschen "am Pranger" stehen — in Regen und Wind. Zudem belegt der Staat ihr Laster auch noch mit immenser Tabaksteuer. Wer jetzt noch raucht, muss schon sehr süchtig sein.

Aber natürlich darf, wer sich allzu laut über all dies Beschwernisse beklagt, nicht vergessen, dass Nichtraucher das Recht haben, vom Qualm verschont zu werden, und wie lange sie für dieses Recht und seine konsequente Durchsetzung haben kämpfen müssen. Der Bundesgerichtshof hat den Rauchern etwas gehustet. Es bestätigt die zeitgemäße Auffassung, dass da, wo Vernunft im Umgang miteinander nicht aus Einsicht und Toleranz garantiert ist, klare Grenzen gezogen werden müssen.

Ist doch klar: Wer Zigaretten nicht (mehr?) mag, möchte und sollte nicht unter "fremdem" Qualm leiden! Wie so oft ist auch hier eine Interessenabwägung richtig — und grundsätzlich muss das Rauchen weiterhin möglich sein. Gerade im eigenen häuslichen Umfeld sollte es kein generelles Genussverbot geben.

Im einschlägigen Fall hätte aber vielleicht eine Verständigung zwischen den Balkon-Nachbarn zu einvernehmlichen Handeln führen können. Motto: "Wer wird denn gleich in die Luft gehen?" So aber hat das Landgericht Potsdam die undankbare Aufgabe, eine demgemäße Hausordnung zu erlassen. Ob damit der Hausfrieden wieder einkehrt? Auf Friedenspfeifen müssen die Richter wohl verzichten.

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