Banken verlangen zu viel Zinsen Bundesregierung will Verbraucher vor teuren Dispokrediten schützen

Düsseldorf · Obwohl das Zinsniveau historisch niedrig ist, müssen Bankkunden für einen Dispokredit weiter Zinsen von acht bis fast 14 Prozent bezahlen. Die Koalition will ab Herbst ein Gesetz beraten. Experten warnen vor noch höheren Kosten.

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Foto: RP Grafik

Wer auf seinem Girokonto ins Minus rutscht, muss bei seiner Bank kräftige Zinsen dafür zahlen. Bis zu 14 Prozent nehmen deutschen Kreditinstitute für die vereinbarte Überziehung des Girokontos. Die Unterschiede sind dabei allerdings erheblich. Die Spanne reicht von 7,9 Prozent bis 13,8 Prozent. Im Schnitt kostet der Dispokredit in Deutschland nach Berechnungen des Branchendienstes biallo.de derzeit rund 10,95 Prozent — mehr als noch vor einem halben Jahr (im Schnitt 10,83 Prozent).

"Dispozins-Niveau ist eindeutig zu hoch"

Betroffen sind fast 30 Prozent der Kunden, die mindestens einmal im Jahr ihr Konto überziehen, schätzen verschiedene Institute. "Das Dispozins-Niveau ist eindeutig zu hoch angesichts der Refinanzierungsmöglichkeiten der Banken und des niedrigen Zinsniveaus für Einlagen", sagt Markus Feck, Jurist bei der Verbraucherzentrale NRW.

Das findet auch die Bundesregierung und will Verbraucher mit einem Gesetz künftig besser schützen vor zu hohen Kosten. Im Koalitionsvertrag haben Union und SPD dazu vereinbart, die Inanspruchnahme solle nicht zu einer übermäßigen Belastung des Bankkunden führen. "Daher sollen Banken verpflichtet werden, beim Übertritt in den Dispositionskredit einen Warnhinweis zu geben; bei dauerhafter und erheblicher Inanspruchnahme sollen sie dem Kunden eine Beratung über mögliche kostengünstigere Alternativen zum Dispositionskredit anbieten müssen", heißt es in der Vereinbarung. Dass es noch in diesem Jahr zu einem neuen Gesetz kommt, ist aber unwahrscheinlich. Man wolle das Thema noch 2014 auf den Weg bringen, hieß es aus Fraktionskreisen von CDU und SPD. Aus dem Justizministerium heißt es, ein Entwurf könne auch noch bis 2015 dauern.

"Die Banken sehen keine Veranlassung"

In einer Studie hält die Verbraucherzentrale NRW einen Zinssatz von sieben bis acht Prozentpunkten über dem aktuellen Euribor (das ist der Zinssatz, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen) für angemessen. Zum Stichtag 1. Januar lag er aber rund 10,6 Prozentpunkte über diesem Leitzins. "Die Banken sehen keine Veranlassung, den Zinssatz zu ändern. Warum sollten sie auch diese Einnahmequelle versiegen lassen? Solange sich kein Wettbewerb etabliert oder gesetzgeberisch eingegriffen wird, verbleibt es beim hohen Niveau", sagt Verbraucherschützer Feck.

Bankenverbände wehren sich gegen den Vorwurf, aus der akuten Finanznot klammer Kunden besonders Profit schlagen zu wollen, während zahlungskräftige Kundschaft mit besonders günstigen Angeboten für Ratenkredite überhäuft werde. Dispositionskredite seien eben die Kredite, die auch für die Banken mit den höchsten Kosten verbunden seien. "Der hohe Fixkostenanteil einer Bank fließt in die Zinsen mit ein, er ist im Gegensatz zum Ratenkredit unbesichert und flexibel", sagt Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. "Es gibt Banken, die sind teurer. Und es gibt Banken, die sind billiger. Der Kunde kann aus einer Vielzahl wählen."

"Banken sind verzweifelt auf der Suche"

Dass die Dispozinsen im Vergleich zu Zinsen für Ratenkrediten oder Sparzinsen auf hohem Niveau geblieben sind, ist für Beobachter nicht überraschend. "Banken sind verzweifelt auf der Suche nach Ertragsmöglichkeiten und greifen zu, wo sie die wenigsten Widerstände erwarten", sagt Professor Rainer Elschen, Inhaber des Lehrstuhls für Finanzwirtschaft und Banken an der Uni Duisburg-Essen. "Etwa 80 Prozent der Dispozinsen bestehen aus einem Risikozuschlag.

Dort schlagen sich höhere Risikovorsorgekosten der Banken besonders stark nieder. Erhöhte Sicherheit gibt es nicht umsonst." Er warnt davor, die Vergabe von Dispokrediten gesetzlich schärfer zu regulieren. "Regulierungen wirken wie eine Steuererhöhung, weil sie die Banken Geld kosten. Sie müssen dafür zusätzliches Personal einstellen, was vor allem kleinere Banken trifft. Die Mehrkosten werden natürlich auf den Kunden überwälzt."

(RP)
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