Irreführende Namen bei Lebensmitteln Politik sagt Etikettenschwindel den Kampf an

Berlin · Bundesernährungsminister Christian Schmidt (CSU) will mehr Transparenz bei Lebensmitteln schaffen. Verbraucher fühlten sich zu Recht getäuscht, wenn in einer "Geflügelsalami" mehr Schwein als Geflügel stecke.

 Nicht immer landet im Korb, was die Kunden auch haben wollen.

Nicht immer landet im Korb, was die Kunden auch haben wollen.

Foto: dpa, bse;cse wst

Vor der Bundestagsdebatte zur Reform der Deutschen Lebensmittelbuchkommission erklärte Schmidt, die Verbraucher müssten vor Irreführung und Täuschung geschützt werden. Sie fühlten sich zu Recht getäuscht, wenn in einer "Geflügelsalami" mehr Schwein als Geflügel stecke. Und in einer Packung Leipziger Allerlei müsse so viel Spargel stecken, wie auf der Packung abgebildet.

Die Lebensmittelbuchkommission legt sogenannte Verkehrsbezeichnungen für Nahrungsmittel fest, beispielsweise was unter "Früchtetee" oder "Kalbsleberwurst" zu verstehen ist. Erwartungen von Verbrauchern, was sie unter bestimmten Bezeichnungen verstehen und was sie aufgrund einer Produktaufmachung erwarten, werden aber kaum berücksichtigt. So darf etwa die Kalbsleberwurst auch zum Großteil aus Schweinefleisch bestehen und muss gar keine Kalbsleber enthalten, und Alaska-Seelachs ist gar kein Lachs.

Insgesamt werden mehr als 2000 Lebensmittel und ihre Beschaffenheit beschrieben. In der Kommission sitzen Wissenschaftler, Vertreter der Lebensmittelüberwachung, Verbraucherschützer sowie Interessenvertreter der Lebensmittelindustrie. Letztere blockieren Kritikern zufolge immer wieder verbraucherfreundliche Regelungen. Änderungen eines Leitsatzes müssen bislang mehr als drei Viertel aller Mitglieder zustimmen, Enthaltungen zählen als abgegebene Stimmen. Eine Gruppe - etwa die Wirtschaftsvertreter - kann so jede Änderung blockieren.

Wegen der zunehmenden Kritik hatte das Bundesministerium 2013 ein Beratungsunternehmen damit beauftragt, die seit mehr als 50 Jahren bestehende Lebensmittelbuchkommission zu durchleuchten. Die Berater empfahlen zwar, an der Kommission festzuhalten. Entscheidungen müssten aber viel schneller fallen, die Leitsätze verständlicher werden. Sie rieten zu Verfahrensvereinfachung, mehr Transparenz über den Meinungsbildungsprozess in der Kommission und die Auswahl ihrer Mitglieder.

Schmidt kündigte dann im vergangenen März an, er wolle das Lebensmittelbuch nicht neu schreiben, "aber einzelne Kapitel mit deutlicher Feder kräftig überarbeiten". Der Minister müsse "eine echte Reform mit ambitionierten und konkreten Verbesserungen" vorlegen, sagte die Leiterin des Teams Lebensmittel beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Sophie Herr, der Nachrichtenagentur AFP. Die Interessen der Verbraucher müssten gestärkt und "Abläufe effizienter gestaltet" werden.

(lukra/AFP)
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