Konzern nimmt Produkt vom Markt Proben: In Deichmann-Schuhen steckt Echtfell

Düsseldorf · Der Skandal um falsch etikettierte Produkte in der Textilwirtschaft weitet sich aus: Nun steht auch Europas größter Schuhhändler Deichmann am Pranger einer Tierschutzorganisation. Vermeintliche Kunstfell-Bommel an Schuhen sind aus Echtpelz. Das Unternehmen nahm das Modell aus dem Programm.

 In diesen Deichmann-Schuhen steckt Echtfell.

In diesen Deichmann-Schuhen steckt Echtfell.

Foto: Animals' Liberty

Die Aufnahmen aus China sind derart grausam, dass der Betrachter wegschauen muss: Katzen, Hunde und Kaninchen werden aufs Grausamste gehalten, gequält und getötet. Das Wichtigste soll unversehrt bleiben: ihr Fell. Denn das wird gewinnbringend nach Europa gebracht. Dabei gibt es seit 2009 ein EU-Import-Verbot für Echtfell.

Neueste Fälle, die die Textilbranche erschüttern: Schuh-Riese Deichmann und das Label Forever 18. Wie von der Tierschutzorganisation Animals' Liberty in Auftrag gegebene Untersuchungen ergeben haben, wurde in den vermeintlichen Kunstpelz-Bommeln von Deichmann-Schuhen und Forever-18-Mützen Echtfell gefunden.

Noch unklar, welches Tier

Die Mützen des des Girlie-Labels kosten nur drei Euro. Und 6,95 Euro sind die Graceland-Schuhe wert, die von Deichmann vertrieben werden. Wie Julia Akra von Animals' Liberty auf Anfrage erklärte, konnte mittels der Proben lediglich definiert werden, dass es sich um Echtfell handelt.

Um welches Tierfell es sich bei Deichmann und Forever 18 handelt, kann nicht geklärt werden. "Hintergrund dafür ist, dass der Deichmannschuh nicht genügend DNA-Material hergab, um mit der Methode vom letzten Mal die Tierart zu bestimmen. Das Fell ist teilweise durch chemische Prozesse zu stark bearbeitet."

"Schuh ist für Verkauf gesperrt"

Die Sprecherin erklärte, sie habe am Freitagmorgen mit Deichmann Kontakt aufgenommen. "Das Unternehmen muss das jetzt erst einmal prüfen." Auf Facebook stellte Deichmann am Freitagmorgen klar: "Die Verwendung von Echtpelz entspricht nicht unserer Unternehmenspolitik. Leider sind wir von Animals‘ Liberty erst heute Morgen auf unsere Nachfrage hin über ihre Laborergebnisse informiert worden."

Das Unternehmen werde das entsprechende Modell umgehend untersuchen lassen und prüfen, ob die Vorwürfe stimmen und falls ja, wieso es entgegen unseren Vorgaben zur Verwendung von Tierhaar gekommen ist. "Der Schuh ist für den Verkauf bereits gesperrt."

Bereits Anfang Januar standen bei "Tom Tailor" und der Drogeriemarktkette "Müller" Mützenbommel im Sortiment, die aus Fell ungeklärter Herkunft gefertigt waren. Die Bommel wurden damals falsch etikettiert und waren nicht aus "100 Prozent Polyacryl" gefertigt wie angegeben. Die Unternehmen entschuldigten sich über Facebook.

Mützen von "Müller" und "Tom Tailor" nicht aus Katzenfell

Proben ergaben, dass die Bommel aus echten Tierhaaren bestehen. Zunächst gab es den Verdacht, dass es sich um Katzenfelle handelte, was verboten wäre. Eine Analyse ergab, dass Fell bei "Tom Tailor" vom Marderhunden zu einem wärmenden und modischen Bommel verarbeitet wurde. Die Produkte von "Müller" enthielten Kaninchenfell. In den Werbekatalogen stand auch, dass Echtfell verarbeitet wurde, nur war dies eben in der Mütze selbst nicht angegeben, schreibt "Müller".

Seit dem 1. Januar 2009 gibt es ein EU-weites Import-Verbot für Haustier-Felle. Und dennoch gelangen noch immer Felle auf den deutschen Markt, die zwar als Kunstpelz getarnt sind, aber aus Katzen- oder Hundefell bestehen.

Felle erhalten Fantasienamen

Die Gründe dürften auf der Hand liegen: Kostengründe und Nachlässigkeiten in der Produktionskette. Offenbar ist die Verarbeitung von Tierfellen, für die Tiere in China und anderen Ländern grausam gezüchtet, gehalten und getötet werden, und deren Import nach Europa günstiger als ein künstlich hergestellter Webpelz.

Das Problem: Echtpelzprodukte sind häufig gar nicht oder nur schlecht oder auch für den Verbraucher nicht nachvollziehbar mit Fantasienamen gekennzeichnet. Katzenfelle werden beispielsweise "Maopee", "Genotte", "Bergkatze"oder "Gayangi" genannt. Hundefell hingegen als "Asiatischer Wolf", "Dogue de Chine" oder "Loup d`Asie".

(nbe)
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