Mietrecht Kündigung wegen Flüchtlingen? So ist die Rechtslage

Düsseldorf · In Nieheim müssen zwei Mieter in den nächsten Monaten ihre Wohnung räumen, um für Flüchtlinge Platz zu machen. Grund für die Kündigung war Eigenbedarf. Ob dieser Vorgang rechtens war, und ob Mieter generell nun um ihre Wohnungen fürchten müssen, erklärt der Geschäftsführer des Mietervereins Düsseldorf im Gespräch mit unserer Redaktion.

So viele Flüchtlinge sind in NRW-Einrichtungen untergebracht
Infos

So viele Flüchtlinge sind in NRW-Einrichtungen untergebracht

Infos
Foto: dpa, bom fdt Ken jol

6400 Einwohner und 72 Flüchtlinge leben derzeit in Nieheim. Doch diese Zahl soll sich schon bald täglich um 20 Personen erhöhen. Es ist die geschätzte Menge an Flüchtlingen, die in dem Ort zukünftig pro Tag eintreffen könnte. Weil der Bürgermeister verkündet hat, dass die städtische Turnhalle wegen Schul- und Vereinssport nicht zur Unterbringung bereit steht, müssen nun andere Möglichkeiten gefunden werden.

Dazu gehört auch die Option, größere Wohnungen von alleinstehenden Personen zu kündigen, um sie zur Flüchtlingsunterbringung bereitzustellen. Zwei Einwohner von städtischen Wohnungen in Nieheim haben genau das erlebt. Ihre Wohnungen sollen jeweils für rund zehn Flüchtlinge bereitgestellt werden. In der Folge müssen sie bis spätestens Mai 2016 eine neue Bleibe gefunden haben. Als Grund für die Kündigung wurde Eigenbedarf angegeben. Aber ist das überhaupt richtig und rechtens?

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
Infos

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten

Infos
Foto: dpa, rwe lof

"Nein, auf gar keinen Fall", erklärt Michaelo Damerow, Geschäftsführer vom Mieterverein Düsseldorf. "Dieser Grund ist nur für bestimmte Zwecke nutzbar, etwa wenn es sich um Familienangehörige handelt, und auch dann nur, wenn ein echter Bedarf besteht."

Weil es zu fast jedem Gesetz auch ein Hintertürchen gibt, muss aber auch hier auf Ausnahmen geachtet werden: "Weitere Gründe können die wirtschaftliche Verwertung sein, also der Verkauf der Wohnung, oder sogenannte ähnliche Gründe", erklärt der Experte. Das bedeutet, dass ein Vermieter etwa eine Kündigung aussprechen kann, wenn er die Wohnung für den Hausmeister benötigt.

Grundsätzlich ist die Streitfrage beim Thema Wohnungskündigung immer, ob ein berechtigtes Interesse besteht. "Das heißt also, es muss geklärt werden, welches Interesse überwiegt: Das des Mieters, der dort weiterhin wohnen will, oder das des Vermieters, der sie für einen bestimmten Nutzen gebrauchen will."

Vorbereiten kann man sich auf eine solche Wohnungskündigung als Mieter kaum, doch es gibt Wege, sich zur Wehr zu setzen. Stimmt die Kündigung formell? Werden die Fristen eingehalten? Stimmt es, dass die Kündigung aus Eigenbedarf gekündigt wird? Und, wenn ja, wird hier mit unzumutbarer Härte gehandelt, weil der Mieter zu arm, alt oder krank ist, um auszuziehen?

Das sind die ersten Fragen, auf die Betroffene eine Antwort finden sollten. "Stimmt es dann nicht, dass Eigenbedarf der Grund ist, gibt es Möglichkeiten juristisch vorzugehen. Aber wir empfehlen immer, die Kündigung nicht sofort zurückzuweisen", sagt Damerow. Denn der Vermieter habe ab dem Moment der Zurückweisung das Recht, eine Räumungsklage einzureichen. "Wer also bis einen Tag vor Ablauf der Kündigungsfrist wartet, zögert dieses Verfahren hinaus."

Klagt der Vermieter dann tatsächlich auf Räumung, kann sich das hinziehen, "bei den Dienstwegen im deutschen Rechtssystem durchschnittlich zwischen sechs und neun Monate", so Damerow. Fällt der Richter dann ein Urteil zu Gunsten des Vermieters, kann der Mieter wiederum in Berufung. So wird der Auszug weiterhin zumindest um mehrere Monate verzögert.

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
Infos

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte

Infos
Foto: dpa, rwe lof

"Aber man muss sich ja eigentlich mit dem Grundproblem in dieser Situation beschäftigen", sagt der Geschäftsführer des Mietervereins. "Wenn man Menschen kündigt, um Flüchtlinge in ihrer Wohnung wohnen zu lassen, ist das ja letztlich keine Lösung, sondern nur eine Verschiebung des Problems. In beiden Fällen bleiben es Menschen, die ohne Wohnung dastehen, oder zumindest, die eine suchen."

(ham)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort