Foodwatch über Lebensmittelskandale "Politik schützt Schmuddelbetriebe besser als Verbraucher"

Berlin · Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch hat in einem neuen Report die Lebensmittelüberwachung in Deutschland kritisiert: Obwohl bei Kontrollen jeder vierte Lebensmittelbetrieb und fast jede fünfte Fleischprobe beanstandet wird, erfährt der Verbraucher quasi nichts davon .

Egal, ob Pferdefleisch in Fertigprodukten oder Hygienemängel in Restaurants: Die amtliche Lebensmittelüberwachung in Deutschland kann weder Skandale verhindern noch ihre Aufgabe erfüllen, die Einhaltung des Lebensmittelrechts durchzusetzen. Zu diesem Ergebnis kommt der Report "Von Maden und Mäusen", den Foodwatch heute in Berlin vorgestellt hat. Zudem sei es dem Bürger quasi unmöglich Informationen über die Mängel bei Lebensmitteln und Herstellern zu bekommen. "Die Politik schützt die Schmuddelbetriebe besser als die Verbraucher", sagte Matthias Wolfschmidt von Foodwatch.

Wie er das meint, erklärt sich mit einem Blick auf die Zahlen: In Deutschland ist die Lebensmittelüberwachung Aufgabe der Bundesländer und Kommunen. Kontrolliert werden Betriebe, die Lebensmittel, Bedarfsgegenstände oder kosmetische Mittel herstellen, verarbeiten oder verkaufen. Jedes Jahr werden rund 880.000 Kontrollbesuche in rund 530.000 Betrieben unternommen. Die Beanstandungsquote, vor allem wegen hygienischer Mängel, lag dabei in den vergangenen Jahren recht konstant bei 26 Prozent (2011: 27 Prozent; 2010: 26 Prozent; 2009: 24 Prozent).

Das Gleiche gilt für Lebensmittel. Etwa 400.000 Lebensmittelproben werden jährlich entnommen und im Labor untersucht. Allein 2012 wurden davon 12 Prozent beanstandet, bei Fleischprodukten waren es sogar rund 17 Prozent. Auch diese Zahlen sind seit 2009 relativ stabil (2011: 13 Prozent, 2010: 13,5 Prozent; 2009: 13,5 Prozent) . Eine Verbesserung ist also nicht zu verzeichnen. Ebenso wenig, wie eine Informierung der Verbraucher.

Während die Ergebnisse amtlicher Kontrollen von Lebensmitteln und Lebensmittelherstellern beispielsweise in New York, Toronto oder Dänemark längst an die Öffentlichkeit gegeben werden, sind sie in Deutschland nur sehr schwer zu finden. Zwar veröffentlicht das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) jährlich die Daten der Lebensmittelkontrolleure in einem Jahresbericht (zuletzt für 2012 vorgelegt), doch werden dabei die Namen der beanstandeten Betriebe oder Hersteller nicht genannt. Entsprechend wenig kann gegen Hygienesünder und Deklarationsbetrüger erreicht werden.

"Allen Skandalen zum Trotz lässt der Staat seine Bürger seit Jahren im Stich. Verbraucher müssen endlich erfahren, wer die Gammelfleisch-Händler, Pferdefleisch-Panscher oder Schmuddel-Wirte sind — ansonsten fehlt den Betrieben der Anreiz, sich an die Gesetze zu halten und der nächste Lebensmittelskandal ist nur eine Frage der Zeit", so Wolfschmidt.

(ham)
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