Mit Insektengift belastet Verseuchte Eier bereits in elf Bundesländern aufgetaucht

Berlin · In Deutschland sind wohl mehr mit dem Insektizid Fipronil verseuchte Eier verkauft worden als bislang bekannt. Inzwischen wird in elf Bundesländern vor belasteten Eiern gewarnt. Auch Eier aus deutscher Produktion sind betroffen.

 Hartgekochtes Frühstücksei (Symbolbild).

Hartgekochtes Frühstücksei (Symbolbild).

Foto: dpa, mg cul kri sab

Der Skandal um mit Insektizid belastete Eier weitet sich aus: Das vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit betriebene Portal www.lebensmittelwarnung.de listete am Donnerstag die Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bayern, Hamburg, Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Bremen auf.

Auch Eier aus einem deutschen Betrieb in Niedersachsen wurden positiv auf Fipronil getestet. Der Lebensmittelhändler Rewe und seine Discounttochter Penny nehmen Eier aus den Niederlanden nach eigenen Angaben vorsorglich aus dem Verkauf. Das Agrarministerium in NRW teilte auf Anfrage unserer Redaktion mit, worauf Verbraucher jetzt achten müssen.

Aus Sicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV) muss vor allem die Information der Kunden verbessert werden: "Neben einer zentralen Risikobewertung durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) brauchen wir zukünftig konkrete Verhaltensempfehlungen im Sinne einer Krisenkommunikation - und zwar bundesweit einheitlich", sagte die Lebenmittelexpertin des Verbands, Jutta Jaksche, in Berlin. Das BfR hatte mitgeteilt, dass die belasteten Eier Kindern gefährlich werden könnten.

Jaksche forderte für das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) einen klaren Auftrag der Bundesländer: Die Behörde sollte auf der Website auf der Grundlage einer BfR-Bewertung "klare Handlungsempfehlungen geben und nicht nur die Warnungen der Bundesländer zusammentragen".

Niedersachsens Landwirtschaftsminister Christian Meyer verlangte eine Null-Toleranz-Politik. "Bei diesem toxischen Stoff gilt die Nulltoleranz. Er hat in Lebensmitteln nichts zu suchen", erklärte der Grünen-Politiker am Mittwochabend. Die Argumentation, für Kinder gehe bei einem Durchschnittskonsum in Deutschland keine Gesundheitsgefahr aus, verharmlose das Problem. Wenn ein Kind mehr Eier esse als durchschnittlich angenommen, sei die tägliche Aufnahmedosis dieses Giftes bereits überschritten.

Meyer betonte zudem, dass auch von verarbeitenden Eiern eine Gefahr ausgehe. Mangels Kennzeichnungspflicht bei verarbeiteten Eiern sei die Herkunft der Eier nicht zu erkennen. Verbraucher könnten so belastete Chargen nicht identifizieren. "Auch hier gilt die Nulltoleranz." Wer auch immer "bewusst oder fahrlässig" Mittel zur Schädlingsbekämpfung bei der Lebensmittelherstellung von Eiern und Fleisch verwendet habe, müsse "unnachgiebig zur Rechenschaft gezogen werden", forderte der Minister.

Doch nicht nur in den Niederlanden ist die illegale Mixtur des Milbenbekämpfungsmittels Dega-16, die das Fipronil enthält, zum Einsatz gekommen. Bei einem Betrieb in der niedersächsischen Grafschaft Bentheim mit 40.000 Freilandlegehennen wurden nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums Eier mit Fipronil gefunden. Damit sind auch erstmals Eier mit einer deutschen Printnummer betroffen: Das Ministerium warnt vor Eiern mit der Nummer 1-DE-0357731. Vier weitere Betriebe, die Dega-16 erhalten hatten, wurden gesperrt.

Als Auslöser des Skandals gilt das Desinfektionsmittel Dega-16, mit dem Blutläuse bei Geflügel bekämpft werden sollen. Darin wurde Fipronil beigemischt, was in der Geflügelzucht nicht verwendet werden darf. Ein belgischer Händler steht im Verdacht, dies getan zu haben.

Der Verband der niederländischen Geflügelzüchter indes hat den Verkaufsstopp von niederländischen Eiern in deutschen Supermärkten kritisiert. "Alle niederländischen Eier, die nun in den Handel kommen, sind garantiert frei von Fipronil", sagte der Vorsitzende des Verbandes, Eric Hubers, am Donnerstag im niederländischen Radio.

Hubers nannte die Maßnahmen von Rewe und Penny sowie die Warnungen auch der Behörden im eigenen Land überzogen. "Das ist Panikmache, denn man weiß, dass es keine Risiken gibt."

Insgesamt 180 Betriebe wurden in den Niederlanden gesperrt, bis die Testergebnisse vorliegen. Die Züchter erwarten wegen der Affäre große Einkommensverluste. 60 bis 70 Prozent der niederländischen Eier werden exportiert, vorwiegend nach Deutschland.

(oko/dpa)
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