Gericht stärkt Sparkassen-Kunden den Rücken Urteil: Bank darf Sparverträge nicht einfach kündigen

Ulm · Gute Nachricht für Verbraucher: Im Streit um die Kündigung hoch verzinster Sparverträge bei der Sparkasse Ulm hat das Landgericht den Sparern den Rücken gestärkt.

 Rückendeckung für Sparer: Verträge dürfen nicht einfach von Banken aufgelöst werden.

Rückendeckung für Sparer: Verträge dürfen nicht einfach von Banken aufgelöst werden.

Foto: dpa, Andrea Warnecke

Einem Urteil des Landgerichts Ulm vom Montag zufolge kann die Bank ihre sogenannten Scala-Verträge nicht einfach beenden. Ein ordentliches Kündigungsrecht bestehe nach den gesetzlichen Vorschriften nicht, teilte das Gericht mit. Hintergrund der Auseinandersetzung ist die anhaltende Niedrigzinsphase. Die Bank hatte versucht, Sparer mit Alternativen aus hochverzinsten Verträgen zu locken - ansonsten drohte die Kündigung. Dagegen geklagt hatte unter anderem ein Anwalt, der mehrere Sparer vertritt.

Das Gericht ließ auch Veränderungen des Zinsniveaus nicht als Begründung für eine Aufhebung oder Änderung der Verträge gelten. Ein Sprecher der Bank kündigte an, sie würden das Urteil prüfen und dann über Rechtsmittel entscheiden.

Fragen und Antworten:

Stein des Anstoßes sind rund 22 000 sogenannte Scala-Verträge. Diese hatte die Sparkasse Ulm zwischen 1993 und 2005 mit ihren Kunden abgeschlossen. In Zeiten niedriger Zinsen sind sie für das Geldhaus allerdings eine Last. Mit Alternativen wollte die Bank Kunden daher zuletzt aus den gut verzinsten Verträgen locken - ansonsten drohte die Kündigung.

Wie haben die Kunden reagiert?

Etwa 14 000 Kunden gingen auf Alternativangebote ein - wohl auch aus Angst, am Ende sonst noch schlechter dazustehen. Etwa 4000 Sparverträge sind für die Bank ohnehin unproblematisch, weil sie entweder bald auslaufen oder nur mit niedrigen Beträgen bespart werden. Weitere 4000 Kunden setzten sich aber zur Wehr. Ein Anwalt und die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg zogen in zwei getrennten Verfahren für die Sparer vor Gericht. Auch einzelne Kunden klagten.

Worum geht es konkret?

Im aktuellen Fall geht es um den Rechtsstreit mit einem Anwalt, der mehrere Scala-Sparer vertritt. Er wollte vor allem klären, ob die Bank die Verträge tatsächlich beenden kann. Eine außerordentliche Kündigung ist nach der Entscheidung des Gerichts vom Montag allerdings nicht möglich. Zudem ging es darum, ob die Sparkasse Kunden eine Erhöhung der monatlichen Sparraten zu Recht verweigerte. Auch hier stärkten die Richter den Kunden den Rücken.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Sparkasse Ulm kann sich noch gegen das Urteil wehren, da es noch nicht rechtskräftig ist. Ein Sprecher der Bank kündigte an, die Urteilsbegründung genau zu prüfen und dann über mögliche Rechtsmittel zu entscheiden.

Was bedeutet es, wenn die Bank gar nicht kündigen darf?

Dann können zumindest die übrigen Scala-Sparer aufatmen, die noch auf ihre alten Verträge beharren. Spannend ist auch, inwieweit die Sparkasse den Tausenden Kunden, die bereits in andere Verträge gewechselt sind, entgegenkommt. Nach Einschätzung von Verbraucherschützern haben sie zwar das Recht, den alten Vertrag zurückzubekommen. Da die Bank jedoch trotz Androhung nie selbst Verträge gekündigt habe, könne das letztlich aber schwierig werden.

Hat das Urteil Signalwirkung?

Noch hat der Fall dem Ulmer Gerichts zufolge vor allem regionale Bedeutung. Aber: "Möglicherweise beeinflusst das Urteil Vergleichsgespräche in ähnlich gelagerten Fällen bundesweit, wenn es die denn gibt", sagte ein Gerichtssprecher. Wenn die Sparkasse Ulm tatsächlich dagegen vorgehe, komme der Fall zum Oberlandesgericht. Sollte diese Instanz Rechtsmittel zulassen, könnte es bis zum Bundesgerichtshof gehen - was ein Urteil mit bundesweiter Bedeutung nach sich ziehen würde.

Auch Verbraucherschützer sehen durchaus eine Signalwirkung, die von der Ulmer Entscheidung ausgeht: "Die Finanzinstitute müssen Verträge einhalten, auch wenn sie kostspielig für sie sind", sagte Finanzexperte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Zwar könne man nicht alle Verträge miteinander vergleichen, da die konkreten Inhalte zum Teil unterschiedlich seien. Andere Banken dürften seiner Einschätzung nach bei ähnlichen Kündigungen künftig aber vorsichtig sein.

(dpa)
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