Fluss-Tour Am Fluss der goldenen Pagoden

Myanmar öffnet sich für Besucher. Mit dem Boutique-Schiff "Orcaella" steuern die Passagiere Regionen an, die bis vor einigen Jahren nicht bereist werden durften.

"Dies ist Burma, und es wird wie kein anderes Land sein, das du kennst...", hat vor mehr als 100 Jahren Rudyard Kipling, der Poet des britischen Kolonialreichs, einem Freund versprochen, als der nach Rangun kam. Rangun wurde zu Yangon, das ehemalige Burma heißt längst Myanmar und ist dabei, sich nach Jahrzehnten des politischen, wirtschaftlichen und touristischen Stillstands der Welt zu öffnen.

Angelehnt an das Zitat können Besucher eine "Reise wie keine andere" erleben, wenn sie mit einem kleinen Flussdampfer in eine weitgehend unbeschriebene Region vorstoßen. So gleitet die "Orcaella", das neue und intimere Schwesterschiff der bekannten "Road to Mandalay", den Chindwin-Fluss bis weit in den Norden Myanmars empor. Ein komfortabeles Abenteuer für Reise-Gourmets.

Elf Tage geht es entlang eines Flussgebiets, das noch vor wenigen Jahren gar nicht bereist werden durfte und immer noch in kaum einem Reiseführer erwähnt wird. Das Leben auf dem großen Strom, der mit 1200 Kilometern etwa so lang wie der Rhein ist, und die Menschen an seinen Ufern lassen über weite Strecken den unverfälschten Zauber des alten Asiens erahnen. Die aktuellen Umbrüche Myanmars sind hier noch nicht zu spüren.

Es regnet stark, als die Orcaella am dritten Tag ihrer Reise flussaufwärts am Chindwin-Ufer vor dem Dörfchen Moketaw vor Anker geht. Umsteigen aufs Beiboot "Panorama", mühsames Anlegen am schlammigen Ufer gehört dazu. Die Scouts - ein Logistik-Team, das an jedem Ort vorab die Bedingungen des Landgangs checkt - haben Sandsäcke legen lassen. In einem Kloster dürfen die Passagiere dem Initiationsritus von Kindermönchen beiwohnen. Das Dorf hat sich dafür versammelt. Die Eltern und Verwandten führen ihre fünf- bis siebenjährigen Jungen, in festliche Gewänder gehüllt, vor den Abt. Der schert den Jungen die Köpfe und nimmt sie mit einer kleinen Rede in die Gemeinschaft der Mönche auf, für ein paar Wochen, für ein Jahr, vielleicht für immer...

Noch beim Abendessen - marinierter Heilbutt mit asiatischen Kräutern und Gewürzen im Bananenblatt serviert - wird über die Zeremonie diskutiert. Waren die Besucher, zusammen mit den Begleitern vom Schiff immerhin gut 60 Personen, Eindringlinge? Haben sie zu viel fotografiert? Nein, sagen die einheimischen Führer, ganz im Gegenteil: Das Dorf habe sich geehrt gefühlt.

Zwei Tage später: Sieben blaue Lastwagen schlängeln sich an der Uferstraße hintereinander entlang, jeder mit vier bis fünf Stühlen auf der Ladefläche ausgerüstet. Ein Elefantencamp steht auf dem Programm, eine Art Altersheim für ehemalige Arbeitstiere, gut 30 Kilometer landeinwärts im Dschungel gelegen. Die Trucks rumpeln und rutschen über sandige und aufgeweichte Pisten. Den Reisenden aus den USA, Australien und Deutschland gefällt der "Ritt" durch die Wildnis mindestens so gut wie vor Ort das Füttern und kurze Besteigen der Dickhäuter.

Rückkehr an Bord: nass geschwitzt, Schlammspritzer an der Kleidung, aber glücklich. Mit feuchten Tüchern, kalten Getränken und der Möglichkeit, sich die Schuhe säubern zu lassen, werden die Ausflügler an der Rezeption empfangen. Zum Yoga kommen an diesem Nachmittag nur zwei Interessenten, zum Sprachkursus "Burmesische Gruß- und Dankesfloskeln" ist die Lounge dagegen gut besucht. Andere Gäste ziehen sich mit einem Bildband über die Völker Myanmars in die Bibliothek zurück. Lässige Eleganz und ein dezentes asiatisches Ambiente prägen den Stil des Schiffes. Und am Abend, nach Riesengarnelen in Schwarzer-Pfeffer-Sauce oder ofengebackenem Seebarsch, rühren die vielen kleinen Ballons, die vom Oberdeck mit leuchtenden Kerzen und guten Wünschen über den Fluss geschickt werden, nicht wenige Fahrgäste.

Die Tage ohne Landgang sind angenehm träge Stunden der Entspannung. Die Passagiere besuchen zwischen den Exkursionen den Kapitän im Ruderhaus, leihen sich Ferngläser aus und bestaunen die Flöße und Lastkähne, die stromabwärts tuckern. Oder sie winken den Kindern und Frauen am Ufer zu, die dort sich und ihre Wäsche waschen. Und heben immer wieder die Kamera, wenn hinter jeder Biegung des Flusses neue goldene Pagoden die Hügel krönen.

(RP)
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