Reisen im Mekongdelta Am Fluss der neun Drachen

4500 Kilometer und fünf Länder hat der Mekong hinter sich, wenn er sich in Vietnams Süden schließlich in ein Delta zerteilt. Dort kann man mit dem Boot auf traditionellen Wassermärkten schippern.

Die vielfältigen Gesichter Vietnams
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Foto: Shutterstock/John Bill

Frau Thanh steht barfuß auf dem Heck ihres Sampans. Ihre Zehen umklammern das verwitterte Holz des kleinen Bootes, das auf dem Wasser schaukelt. Mit dem zwei Meter langen Ruder balanciert sie gekonnt wie ein venezianischer Gondoliere. Insgesamt 50 derartige Schiffe, voll beladen mit knallroten Drachenfrüchten und leuchtend gelben Pomelos, drängeln sich neben jenem der 40-jährigen Bäuerin auf dem schwimmenden Markt von Phong Dien. Doch Madame Thanh hat Glück: Sie verkauft ihre gesamte Bootsladung innerhalb kürzester Zeit. "Ein gutes Geschäft", sagt sie lächelnd, während sie sich den Weg aus dem schaukelnden Getümmel bahnt.

Das Mekongdelta ist - nach denjenigen von Amazonas und Ganges - das drittgrößte Flussdelta der Welt. Jeden Morgen versammeln sich mehrere Tausend Boote auf seinen verästelten Wasserarmen. Wie ein Labyrinth durchziehen sie die elf Provinzen am äußersten Südzipfel Vietnams, erreichen auf über tausend Kilometern Länge jedes noch so kleine Dorf und sind damit Hauptverkehrsadern.

Mit dem Boot nach Saigon
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Mit seinem fruchtbaren Schwemmboden ist das Mekongdelta eine der Reiskammern Vietnams und ein ertragreicher Garten für Obst und Gemüse. Die Marktfrauen von Phong Dien und die anderer Märkte profitieren von dieser Fülle - ein Erbe der französischen Kolonialmacht. Bevor die Franzosen das Mekongdelta im späten 19. Jahrhundert mit künstlichen Kanälen erschlossen, hatten die Vietnamesen manche Regionen bereits für ein gutes Jahrhundert besiedelt. Doch der Großteil des Landes lag brach. In dieser Zeit tobten ständig Kriege zwischen Vietnamesen und Kambodschanern. Denn noch im 18. Jahrhundert gehörte das Delta zum Königreich der Khmer.

Eine konsequente Entwicklung der sumpfigen, fieberverseuchten Region war somit kaum möglich. Bis die französische Kolonialmacht die Vietnamesen zu Zwangsarbeit verpflichtete und sie riesige Wasserkanäle von Hand ausheben ließ. Viele Arbeiter verloren dabei ihr Leben. Die, die es schafften, durften sich so viel Land nehmen, wie sie zum Anbau von Reis kultivieren konnten - für die Eigenversorgung und den Export nach Frankreich. Das sprach sich schnell herum, und die Bevölkerung im Delta wuchs. Heute leben rund 16 Millionen Menschen auf den 39 000 Quadratkilometern, einer Fläche etwa so groß wie die Niederlande.

Die saftig grünen Reisfelder übersäen das gesamte Delta und bringen bis zu drei Ernten im Jahr. Zahlreiche Obstplantagen vermitteln den Eindruck eines Gartens Eden. Unter den bunten Holzhäusern an den Mekong-Armen sind oft kleine Bambuskäfige angebracht. Darin züchten die Delta-Bewohner einen Fisch, der inzwischen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt und beliebt ist: Pangasius. An der Hauptstraße von Cau Thom Rom wird jedes Fischernetz noch von Hand geknüpft. Hier reihen sich die weißen Netze wie ein langer Vorhang entlang der Läden. In Bang Tang flechten die Frauen vor ihren bescheidenen Häusern Krabbenfallen. Rund eine Woche benötigen sie für eines der korbähnlichen Instrumente aus dünnen Bambusstäben. Vor dem Nachbarhaus flechten Nhan und Loan Dachplatten aus Palmenblättern. "Bis zu 60 Stück schaffen wir an manchen Tagen", erzählt die 35-jährige Nhan stolz. Rund 70 Euro pro Monat gibt es dafür - ein durchschnittliches Einkommen für vietnamesische Verhältnisse, für viele der im Delta lebenden Khmer jedoch ein Vermögen.

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Die Khmer zählen zu der ärmsten Bevölkerungsgruppe Vietnams. Gut zwei Millionen von ihnen leben im Mekongdelta, viele davon in der abgelegenen Provinz Tra Vinh. Die Regierung bemüht sich, die lokale Wirtschaft anzukurbeln. Nach dem derzeitigen Zehnjahresplan sollen Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor und in der Industrie entstehen, und die Landwirtschaft soll langsam eingedämmt werden. Die 140 prunkvollen Khmer-Tempel täuschen schnell über die Armut hinweg.

Das wohl bekannteste Khmer-Heiligtum des Deltas ist die Ang Pagode mit dem angrenzenden Ba Om See. Mit ihren Deckenfresken aus dem Leben Buddhas ist sie der prächtigste Sakralbau des Mekongdeltas. Versteckt hinter alten Sao-Bäumen, führen die Mönche hier ein entspanntes Leben, selbst in der Trockenzeit. Dafür sorgt der rechteckige Ba Om See, ursprünglich ein Wasserreservoir. Dieser ist für die Khmer bis heute ein spiritueller Ort, während die Vietnamesen eher zum Picknicken und Entspannen vorbeikommen.

Die Redaktion wurde von Studiosus Reisen zu der Reise eingeladen.

(RP)
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